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Ein Schwergewicht auf Reisen

Ein logistischer Kraftakt war der Transport des weltweit größten Ultra Hochvakuum Hauptspektrometers von MAN DWE im bayrischen Deggendorf in das rund 400 Kilometer entfernte Forschungszentrum Karlsruhe. Da die bundesdeutschen Autobahnen wenig überraschend nicht für den Transport eines 200 Tonnen schweren und 24 Meter langen Behälter mit einem Durchmesser von zehn Metern konzipierte sind, wählte das mit der Durchführung betraute Bremer Industrial und Machinery Team von DHL Global Forwarding den Seeweg. Die erste Alternative, die Donau-Nordroute flussaufwärts über Regensburg und durch den Main-Donaukanal, erwies sich aufgrund der zum Teil geringen Durchfahrtshöhen als ebenso ungeeignet wie Landweg. Auch eine angedachte Lieferung in Einzelteilen und eine Endmontage am Bestimmungsort scheiterten, zu hoch waren die Anforderungen an das Spezialgerät, welche nur im Herstellerwerk zu gewährleisten waren. Was übrig blieb war eine 8.800 Kilometer lange Seereise um halb Europa.

Bayern - Rumänien - Gibraltar - Holland - Baden-Württemberg
Am Beginn der Odyssee stand der Verladekai von MAN DWE an der Donau. Dort startete der Koloss mit einem speziellen Schubleichter - einem antriebslosen, schwimmenden Großbehälter - flussabwärts bis zum rumänischen Schwarzmeerhafen Constanza. Für die notwendigen Schleusendurchfahrten musste eine Ballastierung mit Kies und Wasser vorgenommen werden. Dabei wurde vor den Schleusungen Flusswasser in die dafür vorgesehenen Ballasttanks des Schiffes gepumpt, um den tiefgang noch zu erhöhen. Der im Schiff befindliche Kies-Ballast wurde durch das aufgenommene Wasser noch verstärkt.
In Constanza wurde das Gerät auf ein Schwergutschiff umgeladen. Durch den Bosporus und die ägäis führte die Reise ins Mittelmeer und bei Gibraltar in den Atlantik mit Kurs auf Antwerpen. Nach zweiwöchiger Seereise erfolgte im holländischen Moerdeijk, nahe Antwerpen, die Umladung auf ein Spezialponton, das das Spektrometer rheinaufwärts bis Leopoldshafen bei Karlsruhe beförderte. Für die letzte Etappe, dem fünf Kilometer langen Landtransport, übernahm das Unternehmen Riga Mainz die Verantwortung. Mit einem Großkran wurde das Ungetüm auf ein Spezialfahrzeug verladen, die Fahrt nach Karlsruhe war Feinarbeit. Zentimetergenau wurde der Spektrometer zwischen Häsuern, Lichtmasten und Ampelanlagen hindurch manövriert, Straßenbahn-Oberleitungen, Schilder und Masten mussten vorübergehend demontiert werden. Als ein weiterer Knackpunkt erwies sich eine Autobrücke, die weiträumig umfahren werden musste. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von zwei bis drei km/h eine zeitraubende Angelegenheit.
Drei Tage dauerte der Transport von Deggendorf nach Karlsruhe. Jetzt kann der Ultra Hochvakuum Hauptspektrometer in Betrieb genommen werden und neue Erkenntnisse über das Universum liefern. Schließlich soll sich der ganze Aufwand am Ende des Tages auch lohnen.

Glossar:
Ultra Hochvakuum Hauptspektrometer: Das Schwergewicht ist eine Waage für Leichtgewichte, die Neutrinos. Das subatomare Teilchen, kleiner als ein Atomkern, soll zukünftig von Physikern des Forschungszentrums Karlsruhe im Forschungsprojekt Katrin (Karlsruhe Tritium Neutrino) genau bestimmt werden. Das Spektrometer umschließt einen Raum von 1.250 Kubikmeter, in dem ein Ultrahochvakuum erzeugt wird, bis nur noch 100 Billiardstel des normalen Luftdrucks herrscht. Für dieses Projekt erhielt MAN DWE im Jahr 2004 den Auftrag für Konstruktion und Bau. Die Kosten des Spektrometers inklusive Transport liegen bei rund sechs Millionen Euro, die Bauzeit betrug zwei Jahre

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