»Es ist einfacher, als Geld von der Straße aufzuheben«
- Written by Martin Szelgrad
- font size decrease font size increase font size
Geschäftsführer Clemens Wodniansky-Wildenfeld spricht über die Bereitschaft eines Anbieterwechsels in Österreich, die Entwicklung der Erdgas- und Strompreise und die Positionierung von Montana als Energielieferant am heimischen Markt.
Report: Welche Zielgruppen bedient Montana? Sie bieten auch Stromprodukte an. Wie läuft dieses Geschäft?
Clemens Wodniansky-Wildenfeld: Wir sind im November 2012 in den österreichischen Erdgasmarkt eingestiegen und bieten seit Oktober 2015 auch Stromprodukte an. Bis dato erfreuen wir uns an rund 40.000 Erdgaskunden und 25.000 Kunden im Strombereich. Mit der Erweiterung unseres Angebots im Gasbereich auf das Marktgebiet Vorarlberg und Tirol vor eineinhalb Jahren sind wir jetzt flächendeckend in Österreich präsent. Unsere Zielgruppen sind in erster Linie Haushaltskunden und kleinere Unternehmen. Die Haushalte machen rund 95 % der Kunden aus.
Report: Wie definieren sich Gewerbekunden bei Montana?
Wodniansky-Wildenfeld: Beim Kleingewerbe orientieren wir uns an Standardlastprofilen von maximal 400.000 kWh im Gasbereich und 100.000 kWh bei Strom. Wir sprechen seit knapp zwei Jahren aber auch größere Unternehmen an, bis zu einer Grenze von 1 Mio. bis 1,5 Mio. kWh Jahresverbrauch.
Report: Die Erweiterung nach oben betrifft derzeit noch einzelne, wenige Kunden?
Wodniansky-Wildenfeld: Wir können hier auf jeden Fall noch wachsen. In diesem Segment ist unser Mitbewerb sehr präsent – schärfer noch als bei Haushaltskunden. Aber auch das Segment der Haushalte ist alles andere als eine »g’mahde Wiesn«, wie man auf gut Wienerisch sagt. Energielieferanten müssen sich dort nicht nur preislich sondern auch inhaltlich sehr anstrengen und gute Dienstleistungen bieten.
Report: Mit welchen Dienstleistungen wollen Sie sich bei Konsumenten abheben?
Wodniansky-Wildenfeld: Wir heften uns auf die Fahnen, lange Preisgarantien und eine integrierte Rechnung anzubieten. Im Unterschied zu vielen anderen Alternativanbietern, die nur die Energielieferung ausweisen, haben wir auf derselben Rechnung auch den Netzanteil stehen. Diesen Mehraufwand – inklusive der Vorleistung der Begleichung der Rechnung an den Netzbetreiber – nehmen wir in Kauf, da viele Wechselwillige effektiv überfordert sind, nach einem Anbieterwechsel plötzlich zwei Rechnungen zu bekommen. Gerade wenn ich an ältere Menschen denke, verstehen bei einem Wechsel viele anfangs nicht, sowohl eine Energierechnung als auch eine Netzrechnung zu erhalten. Eine Stromrechnung per se ist ja schon schwierig zu verstehen. Der Strom kommt für die Menschen nun einmal aus der Steckdose. Was dahinter in den Netzen passiert, ist den wenigsten bekannt.
Report: Wie gestaltet sich dabei die Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern?
Wodniansky-Wildenfeld: Die Netzbetreiber sind hier absolut kooperativ. Fairerweise muss ich hier betonten, dass die Trennung zwischen Energielieferant und Netzbetreiber funktioniert. Das war zu Beginn der Liberalisierung definitiv noch ein Thema, ist es aber heute nicht mehr.
Report: Wie sieht es mit der Wechselbereitschaft der Haushalte und Unternehmen aus?
Wodniansky-Wildenfeld: Die Bereitschaft ist im Gewerbesegment natürlich größer, da durch den höheren Verbrauch auch wesentlich mehr in absoluten Beträgen eingespart werden kann. Mich freut aber, dass die Wechselbereitschaft auch bei den Haushaltskunden kontinuierlich ansteigt. Das ist sicherlich dem erhöhten Wettbewerb mit einer mittlerweile doch recht großen Zahl an Mitbewerbern geschuldet. Jeder Alternativanbieter, der neu auf den Markt kommt, spricht hoffentlich jemanden erfolgreich für einen ersten Wechsel an. 75 % der Haushaltskunden haben noch nie gewechselt – das ist ein Riesenpotenzial, das auch nicht von Montana alleine gestemmt werden könnte.
Ich würde aber grundsätzlich jedem Kunden raten, sich für einen Tarif zu entscheiden, der nicht nur im ersten Jahr übertrieben bonifiziert ist, sondern nachhaltig Einsparungen verspricht. Dass nun auch der VKI in seinen Ausschreibungen ausschließlich auf Tarife setzt, die dauerhaft Vergünstigungen bringen, begrüße ich sehr. Montana wurde auf diese Weise 2015 zum Bestpreisbieter erkoren.
Letztlich sind die Rabattexzesse am Markt absurd, sie liefern ein völlig falsches Signal. Man hat sich damit Kunden erzogen, die jedes Jahr wechseln. Ich vergönne diesen »Hoppern« durchaus die Einsparungen, aber verdienen können die Anbieter damit nichts. Auch wir sind gezwungen, neben unseren regulären Produkten einen im ersten Jahr stark rabattierten Tarif anzubieten. Andernfalls würde Montana bei bestimmten Preisvergleichen überhaupt nicht angeführt werden.
Report: Wie sieht die Einsparungsmöglichkeit eines Gewerbekunden aus? Haben Sie ein plakatives Beispiel?
Wodniansky-Wildenfeld: Für ein Restaurant mit rund 80.000 bis 90.000 kWh Strom- und Gasverbrauch sind Einsparungen von jeweils gut 2.000 Euro möglich. Es kommt auch darauf an, wo gewechselt wird. Bei einem Kunden in Oberösterreich ist diese Kostensenkung auf jeden Fall realistisch. Ich würde nicht einmal sagen, dass dieses Geld einfach auf der Straße liegt – schließlich muss man sich hier nicht einmal bücken. Ein Wechsel lässt sich in wenigen Minuten bequem am Computer bewerkstelligen. Das ist um einiges einfacher als der Wechsel der Hausbank.
Report: Wie wird sich der Gaspreis weiter entwickeln? Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Faktoren hier?
Wodniansky-Wildenfeld: Der Erdgaspreis wird in der Regel durch die Wirtschaftslage bestimmt – je besser die Konjunktur, desto höher der Verbrauch und damit der Marktpreis. Er hängt aber auch vom Alternativprodukt Strom ab. Steigt der Strompreis, steigt auch die Wirtschaftlichkeit von Gaskraftwerken. Das fördert die Nachfrage und lässt den Erdgaspreis steigen.
Dass der Preis zuletzt kurzfristig gestiegen ist, ist meiner Meinung nach vor allem dem Winter geschuldet. Durch den höheren Heizbedarf kommt es zu einer Wellenfunktion, die im Sommer wieder abfällt. Wenn Sie mich im Jänner gefragt hätten, hätte ich aufgrund der konjunkturellen Lage auf einen weiter steigenden Preis getippt. Beide Indizes für Strom und für Gas fallen aber. Das ist mitunter einer derzeitigen Unsicherheit am Markt geschuldet, ausgelöst durch den zweimaligen starken Fall des Dow-Jones-Index Anfang Februar. Es gibt die Sorge vor einem möglichen Crash. Deshalb lässt sich nur schwer prognostizieren, ob die Preisentwicklung weiter hinauf oder hinunter gehen wird. Ich würde die goldene Mitte wählen und glaube, dass wir preislich eher eine Horizontalbewegung sehen werden. Für die Belieferung 2019 hat sich der Preis für Erdgas bei 18 Euro pro MWh einpendelt, bei Strom bei 33 bis 34 Euro.
Sehr interessant werden die Auswirkungen der Trennung der gemeinsamen Strompreiszone Deutschlands und Österreichs im Oktober. Noch rettet man sich über den gemeinsamen Markt, aber die Liquidität im österreichischen Bereich geht derzeit gegen Null. Wenn man die sogenannten Settlement-Preise an der Strombörse betrachtet, sind diese ungefähr um zwei bis drei Euro höher als in Deutschland. Ich hoffe aber doch, dass sich im Herbst alle Akteure wieder auf einen quasi gemeinsamen Markt besinnen werden – und die festgelegte Leistungsgrenze von 4,9 GW keine nennenswerten Auswirkungen hat. Strom wird sicherlich in Österreich wegen der Markttrennung ein wenig teurer werden, aber ein Delta von zwei, drei Euro wäre absurd – damit hätte aus meiner Sicht die österreichische Wirtschaft, allen voran die Industrie, ein Problem.
Dieses Thema beschäftigt auch uns sehr, da wir unsere Preise – bei Tarifen von bis zu drei Jahren Preisgarantie – entsprechend planen müssen. Wenn Sie da nicht einmal über den Oktober 2018 hinaus sicher kalkulieren können, wird es schwer.
Report: Was sind Ihre Ziele, Ihre Vorhaben für heuer – abgesehen von der Preiskalkulation?
Wodniansky-Wildenfeld: Wir wollen auf jeden Fall weiter bei Gewerbekunden wachsen. Ein Riesenthema, das uns ebenfalls derzeit beschäftigt, ist die Datenschutz-Grundverordnung. Es gibt dazu viele Fragen, welche Daten unserer Kunden etwa wir in welchem Ausmaß weiterhin speichern dürfen. Die Verordnung stellt unsere Systeme auf den Kopf. Die nun notwendigen Änderungen von Datenbanken bis hin zu Auftragsformularen und rechtlichen Absicherungen sind richtig kostspielig. Aber davon sind ja alle Unternehmen betroffen – es kommt keiner aus.