»Heimmärkte für internationale Wettbewerbsfähigkeit wichtig«
- Written by Martin Szelgrad
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Giles Dickson, Geschäftsführer von WindEurope, im Gespräch mit dem Energie Report über den Wirtschaftsfaktor Windkraft und den längst globalisierten Markt.
Report: Wie groß ist die Windkraftindustrie in Europa?
Giles Dickson: Mit jährlich 72 Milliarden Euro Umsatz ist der Windkraftmarkt in Europa größer als das Bruttosozialprodukt Lettlands und Litauens zusammengenommen – darunter kann man sich schon etwas vorstellen. 330.000 Menschen arbeiten in unserer Branche.
Report: Warum ist es wichtig, dass die europäische Windkraftindustrie auch außerhalb des Heimmarktes wettbewerbsfähig bleibt?
Dickson: Die europäische Wirtschaft verfügt generell über einen hohen Exportanteil, dies gilt besonders für Anlagen und Technik rund um Windkraft. Drei der fünf größten Windkrafthersteller kommen aus Europa. Wenn Sie alle Windkraftturbinen hernehmen, die weltweit installiert sind: 49 % davon wurden von der europäischen Industrie produziert. Das ist ein großartiger Marktanteil, auch wenn berücksichtigt, dass der große chinesische Markt vornehmlich von chinesischen Herstellern bedient wird.
Die Europäer sind im Wettbewerb derzeit also gut unterwegs. Dies war bisher möglich, weil wir auch entsprechende Absatzmärkte innerhalb Europas hatten. Dieses Umfeld macht Investitionen in Forschung und Entwicklung möglich und verbessert die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen. Wenn diese Stabilität wegfallen würde, hätten die europäischen Hersteller sofort mit Kostenstrukturen zu kämpfen, die nur schwer mit Mitbewerbern außerhalb Europas mithalten können. 30 GW Windkraft wurden alleine in China im vergangenen Jahr installiert. In Europa waren es 2015 lediglich 13 GW. China wird auch 2016 mindestens doppelt so viel Windkraft installieren wie Europa. Es ist heute keine Frage der Produktqualität mehr, die Hersteller voneinander unterscheidet. Es sind die Marktpreise und Kapazitäten.
Report: Wie gut sehen Sie die Windkraft im europäischen Stromgefüge integriert? Befindet man sich mit Einbindung der Erneuerbaren auf einem guten Weg?
Dickson: Ja, es geht in die richtige Richtung und wir werden immer besser. Viele Windkrafthersteller bieten zusätzlich bereits auch Speichertechnologie an. Enercon, der größte Hersteller für Anlagen am Festland im deutschsprachigen Raum, hat 10-MW-Speichereinheiten, die gemeinsam mit den Windkraftanlagen vermarktet werden – inklusive einem Energiemanagement zum Ausbalancieren von Lastspitzen im lokalen Netz.
Ebenfalls wurden in den letzten Jahren große Schritte in der Flexibilität und Geschwindigkeit beim Auf- und auch Abbau der Anlagen gemacht. Die Technologie heute bietet bereits auch höhere Erträge selbst bei niedrigen Windstärken. All diese Entwicklungen machen eine bessere Integration von Windkraft in unser Energiesystem möglich. Die natürlichen, wetterbedingten Schwankungen in der Erzeugung sind immer weniger das Thema. Das war früher noch ganz anders.
Report: Welches Fördersystem für Erneuerbare ist Ihrer Meinung nach optimal?
Dickson: Die EU strebt schon über eine längere Zeit eine Abkehr von Einspeisetarifen an und forciert Ausschreibungs- und Auktionsmodelle. Die meisten Länder in Europa gehen in diese Richtung, Österreich bildet da noch etwas eine Ausnahme. WindEurope selbst präferiert nicht bestimmte Systeme, ist aber für die Einhaltung von Mindeststandards. So sollte bei der Auktionsvariante zumindest die Qualifikation eines Bieters für Windkraftprojekte geprüft werden. Was wir aber generell fordern: Wenn ein Marktmodell beschlossen ist, sollte es auch offen und strikt umgesetzt werden. Denn das Schlimmste für Investoren sind Unsicherheiten oder gar Überraschungen in der Regulierung. Wir brauchen klare Ansagen und klare Regeln, die auch für einen längeren Zeitraum gelten müssen.