Die Zukunft des Geldverkehrs
- Written by Mag. Angela Heissenberger
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Internet-Riesen wie Apple, Google, Amazon oder Facebook drängen in die Finanzbranche. Die Bank von morgen könnte eine Online-Plattform sein, die alle finanziellen Aspekte des Lebens organisiert.
Rechnungen über Facebook bezahlen oder eine Reiseversicherung abschließen? Warum nicht, finden 41 % der Österreicherinnen und Österreicher. Laut einer Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney, für die 20.000 KonsumentInnen in Europa und den USA – darunter 500 in Österreich – befragt wurden, sind überraschend viele Menschen bereit, ihre Finanzdaten mit Dritten zu teilen.
Seit Anfang des Jahres eröffnet die »PSD2 Open Bank-Richtlinie« der Finanzbranche neue Geschäftsfelder. »Open Banking« lautet der Fachbegriff für die Öffnung von Finanzdaten für Drittanbieter. Das kann die Hausbank sein, der E-Mail-Provider oder eben Facebook, das für den Kunden die Wahl des günstigsten Stromtarifs übernimmt. Stimmen Service und Mehrwert, zeigen sich die Österreicher besonders freigiebig: Jeder dritte Befragte würde Gas-, Strom- und Mobilfunkrechnungen auf diesem Weg optimieren. 41 % würden sogar ihre Steuern oder Sozialleistungen automatisch verwalten lassen – vorausgesetzt, ihre Daten sind sicher. Tatsächlich hat jedoch nur ein Viertel der österreichischen Studienteilnehmer so viel Vertrauen in den Datenschutz. 18 % würden Open Banking dennoch aus Bequemlichkeit zustimmen.
Eine Frage des Vertrauens
Bild oben: Christian Pirkner, Blue Code International: »Den Zahlungsverkehr von politischen Beziehungen unabhängig machen«.
Genau hier könnten traditionelle Hausbanken der neuen Konkurrenz aus dem Internet die Stirn bieten, zumal 78 % der österreichischen Konsumenten ihrer Primärbank am meisten vertrauen und einem Wechsel überwiegend abgeneigt sind. Amazon, Google & Co, die sich als neue Finanzdienstleister auf dem Markt etablieren möchten, landeten in der Umfrage noch weit abgeschlagen. Das könnte sich jedoch mit der Ausweitung der Angebotspalette jedoch bald ändern. Bekanntlich gelang es Paypal in nur 20 Jahren, sich als verlässlicher Player bei den Kunden zu etablieren.
Die »Big Four« des Internets – Amazon, Apple, Google und Facebook – streben danach, möglichst viele Menschen an ihr Ökosystem zu binden. Finanzen sind ein wichtiger Teil der digitalen Welt. Google verfügt bereits seit 2011 über eine europäische Banklizenz. Auch Apple und Facebook haben eine ebensolche beantragt. Apple schwebt mit Apple Pay nichts Geringeres vor, als das »Fundament für eine ganze Finanzplattform« zu schaffen. An der Facebook-Bank »Facebank« wird vorerst in den USA eifrig geschraubt. Facebook sammelt bekanntlich riesige Datenmengen über das Verhalten und die Vorlieben seiner Nutzer. Die Möglichkeit, über individuell abgestimmte Angebote direkt bei Herstellern und Händlern zu bestellen und zu bezahlen, offenbart ein enormes Handelsvolumen.
Amazon nutzt bereits seinen Schatz an Kundendaten und bietet in Kooperation mit Visa eine Kreditkarte an. Über Amazon Cash können Kunden auch Bargeld auf ihr Amazon-Konto laden. Der Bezahlservice steht auch anderen Händlern zur Verfügung. Für die junge Käuferschicht soll gemeinsam mit US-Großbanken eine Art Girokonto folgen. »Längerfristig macht derjenige das Rennen, der es schafft, positive Kundenerfahrung, Datenanalysefähigkeit, Agilität und starke Marken miteinander zu verschmelzen«, sagt Daniela Chikova, Partnerin Financial Services bei A.T. Kearney.
Mobil bezahlen
Bild oben: Daniela Chikova, A.T. Kearney: »41 % der Österreicher würden ihre Daten mit einem Drittanbieter teilen.«
Für österreichische Kunden ist noch Warten angesagt. Apple Pay und Google Pay sind hierzulande noch nicht verfügbar. Doch für Bezahl-Apps gibt es auf dem heimischen Markt bereits einige Anbieter. Eine mobile Bankomatkarte haben sieben österreichische Banken im Angebot. Diese funktioniert über NFC-Technologie; beim Bezahlvorgang werden die Daten kontaktlos mit dem Lesegerät an der Kassa ausgetauscht. Für iPhones ist das allerdings nicht möglich, da Apple den Zugriff nur über das hauseigene Apple Pay zulässt.
Eine Alternative bietet »Blue Code« - das erste europaweit gültige Mobile-Payment-System, das bargeldloses Bezahlen via Android, iPhone und Apple Watch ermöglicht sowie Bonusprogramme und Kundenkarten mit einer Lösung abdeckt. »Wir verwenden ähnliche optische Bezahlverfahren auf Basis von Barcodes und QR-Codes in Verbindung mit einem Girokonto. Der Barcode am Handy-Display wird einfach an der Registrierkasse gescannt und der Betrag vom verknüpften Girokonto abgebucht«, erklärt Christian Pirkner, CEO der Blue Code International AG. Der Nachteil: Blue Code funktioniert nur bei Partnerunternehmen – in Österreich akzeptieren u.a. Billa, Hartlauer und Hervis die App. Die kürzlich abgeschlossene Integration der Technologie von Alipay, dem weltweit größten Bezahldienst von Alibaba aus China, wird das rasch ändern. 700 Millionen Kunden aus Asien werden auch in Europa wie gewohnt mit Alipay bezahlen wollen. Die Unabhängigkeit sieht Pirkner dennoch gewahrt, da »Alipay die europäische Infrastruktur von Bluecode nutzt – nicht umgekehrt«.
Bezahlservices sind jedoch erst der Anfang der Revolution am Finanzsektor. Die
Visionen und Möglichkeiten der Internet-Riesen gehen weit darüber hinaus. Die Banklizenz berechtigt Google, Online-Konten zu führen, eingezahlte Guthaben zu verzinsen und Kunden anzubieten, ihr Gehalt dort zu verwalten – ein Potenzial, das vermutlich schon in naher Zukunft ausgeschöpft wird. Für die Generation der Digital Natives wäre eine Facebook- oder Apple-Bank freilich eher die Bank ihres Vertrauens als eine der traditionellen Bankfilialen, zu der noch ihre Eltern und Großeltern am Weltspartag das Sparschweinderl brachten.