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In der Armutsfalle

Zweite Sparkasse. Spesenfreies Konto für 8.000 Menschen in Notlage.Rund eine Million Menschen in Österreich sind armutsgefährdet

, 150.000 verfügen über keine eigene Bankverbindung. Mit einem »Social Banking«-Programm will die Erste Bank den Weg in die »finanzielle Normalität« ebnen.

Österreich ist das zwölftreichste Land der Welt. Dennoch leben hier eine Million Menschen am Rande der Armut – ihr monatliches Einkommen liegt unter 950 Euro. Jeder fünfte Haushalt kann sich nicht ausreichend am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Alltag beteiligen. Technische Gebrechen oder anstehende Reparaturen werden zum Problem: 21 % der Haushalte mit niedrigem Einkommen haben keine Haushaltsversicherung. »29 % der Haushalte können sich unerwartete Ausgaben, wie etwa eine neue Waschmaschine, nicht leisten«, sagt Wirtschaftswissenschafterin Agnes Streissler, die im Auftrag der Erste Bank die Studie »›Unvermögen‹ in Österreich« erstellte.

Auch ein Arbeitsplatz schützt nicht vor Armut: Rund 450.000 Menschen sind nach Angaben des ÖGB trotz Erwerbstätigkeit armutsgefährdet. Ein Bruttoverdienst von 5,77 Euro pro Stunde ist keine Seltenheit und ergibt bei einer 40-Stunden-Woche einen Verdienst von weniger als 1.000 Euro brutto. Betroffen sind mehrheitlich Frauen, Alleinerziehende, bildungsferne Schichten sowie MigrantInnen.

>> Wissensdefizit <<

Einkommensschwache und arme Menschen sind zudem häufig in einem Teufelskreis gefangen. Rund 150.000 Personen haben kein eigenes Bankkonto, etwa die Hälfte davon aufgrund einer Notlage. Diese Menschen sind doppelt »gebrandmarkt«, wie es Günter Benischek, Leiter der Stabstelle »Social Banking« in der Erste Bank, beschreibt. Zum einen sind Bareinzahlungen deutlich teurer als Überweisungen. Pro Jahr fallen so rund 315 Euro Transaktionskosten an. Aber auch Miete und Gehalt werden in der Regel bargeldlos überwiesen – wer beim Jobantritt oder Mietvertragsabschluss kein Bankkonto angeben kann, trägt ein soziales Stigma.

Eine Reihe von Maßnahmen soll Auswege aus dieser prekären Situation ermöglichen. Bereits seit 2006 bietet die Zweite Sparkasse, eine Einrichtung der Erste Stiftung, in Kooperation mit der Caritas und Schuldnerberatungsstellen ein spesenfreies Konto mit Bankomatkarte, aber ohne Überziehungsmöglichkeit an. Fast 8.000 solcher Konten werden derzeit geführt, etwa 800 Kunden konnten nach drei Jahren in eine »normale« Bankverbindung übergeleitet werden.

Seit 2010 vergibt die Erste Bank in Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium Mikrokredite für Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen, die den Sprung in die Selbstständigkeit wagen wollen. Seit 2012 ist »dermikrokredit« in Sparkassen in ganz Österreich erhältlich. Insgesamt wurden 5.000 Anträge gestellt und bereits 140 Kredite vergeben. Besonders für Frauen bedeutet das Projekt eine neue Chance: 44 % der GründerInnen sind weiblich. Pro Unternehmensgründung entstehen zwei bis drei neue Arbeitsplätze. Den Staat will man damit keineswegs entlassen: »Unsere Aktivitäten können eine vernünftige Sozialpolitik nicht ersetzen«, erklärt Peter Bosek, Firmen- und Privatkundenvorstand der Erste Bank Österreich, »aber wir können sie ergänzen«.

Neben dem Zugang zu Basisfinanzdienstleistungen mangelt es aber auch an der Allgemeinbildung hinsichtlich Finanzthemen. In einer internen Kundenumfrage hielten sich 67 % der Befragten zwar für finanziell kompetent, nur 27 % konnten letztlich aber ein entsprechendes Rechenbeispiel ­lösen. Für Kinder und Jugendliche führt die Erste Bank deshalb altersgerechte Schulworkshops rund um den Umgang mit Geld durch. Weitere Projekte wie ein betreutes Konto, mit dem Menschen ihr Finanzleben wieder in den Griff bekommen, stecken schon in den Startlöchern. ­»Wir wollen Geschäfte auf Augenhöhe machen«, meint Bosek. Wohltätigkeit sei für Social Banking nicht die wesentliche Intention. »Kunden, die auf eigenen finanziellen Beinen stehen, eröffnen für sich selbst mehr Chancen.«

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