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Den freien Markt transparent machen

Report: Herr Sektionschef, Sie sind der erste - interimistische - Leiter der Regulierungsbehörde für den Strommarkt. Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben?
Bruno Zluwa: Meine Aufgabe ist es, für die finanzielle und kapitalmäßige Ausstattung dieser Gesellschaft Vorsorge zu treffen und jene Maßnahmen zu treffen, die für die Auswahl und Installierung des definitiven Stromregulators erforderlich sind.

Wie ist die Behörde strukturiert?
Ihre organisatorische Struktur festzulegen ist Aufgabe des definitiven Geschäftsführers. Er muss das notwendige Personal rekrutieren und ihr die bestmögliche und schlagkräftigste Figuration geben. Aber das alles hat bereits ohne Einflussnahme des Ministeriums zu geschehen.

Wie viele Mitarbeiter wird die Behörde in etwa haben?
Auch das ist Aufgabe des definitiven Geschäftsführers. Vom Ministerium als Aufsichtsbehörde werden jedoch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmässigkeit jederzeit eingebracht werden. Als Startteam würde ich etwa 20 Mitarbeiter für notwendig erachten; längerfristig halte ich angesichts der Aufgabenvielfalt der neuen Behörde einen Mitarbeiterstab von etwa 70 bis 80 Personen erforderlich. Denken Sie nur an die überaus fachlich schwierigen, heiklen und zeitaufwändigen Arbeiten wie die Festsetzung der Netztarife, die Gewährleistung des Unbundling, die Aufsicht über die Clearing- und Settlementstellen oder die Führung der Elektrizitätsstatistik. überhaupt soll nach unseren Vorstellungen die neue Regulierungsbehörde eine allgemeine Service- und Anlaufstelle sein - für die Wirtschaft als auch für den privaten Stromkonsumenten. Der Regulator soll nicht nur das neue System funktionsfähig erhalten, sondern auch transparent machen und den Konsumenten vermitteln, zum Beispiel durch anschauliche und nachvollziehbare Strompreisvergleiche für Endverbraucher.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den beiden Regulierungsbehörden Elektrizitäts-Control-GmbH und Elektrizitäts-Control-Kommission?
Darin sehe ich kein Problem. Die Aufgabenbereiche sind im Gesetz genau festgelegt. Die GmbH hat die anstehenden Fragen so weit vorzubereiten - technisch, wirtschaftlich und juristisch -, dass die Kommission sich auf die grundlegenden Entscheidungen konzentrieren kann. Zu betonen ist: Die Elektrizitäts-Control-Kommission ist eine weisungsunabhängige, gerichtsähnliche Behörde. Ihre Entscheidungen werden möglichst breit publiziert, auch im Internet.

Wann gibt es den definitiven Geschäftsführer?
Die Ausschreibung ist bereits erfolgt; nach dem Bericht eines unabhängigen Personalberaters, den wir einschalten werden, wird Ende Jänner 2001 der Geschäftsführer oder die Geschäftsführerin der öffentlichkeit vorgestellt werden.

Ist der Zeitplan 1. Oktober 2001 für die vollständige Stromliberalisierung zu halten? Der definitive Geschäftsführer braucht ja eine gewisse Zeit, um sein Team zusammenzustellen und sich einzuarbeiten.
Wir sind im Plan; der freie Strommarkt wird zum 1. Oktober 2001 starten. Derzeit laufen intensive und überaus konstruktive Vorarbeiten im Zusammenwirken mit dem Verband der Elektrizitätsunternehmen österreichs (VEö), insbesondere zu den key-questions Bilanzgruppenorganisation, Datenschnittstellen und Standardlastprofilen. Nach Massgabe des Aufbaues der Control-GmbH kann diese die Regulierungsaufgaben zügig übernehmen. Flankierend wird auch ein weiterer Baustein im neuen Marktsystem bestehen: die Clearing- und Settlementstellen. Diese wurden Anfang Dezember 2000 ausgeschrieben; das Konzessionsverfahren wird in den nächsten Wochen abgeschlossen.

Sind in der entstehenden Stromliberalisierungsbehörde entsprechende Vorkehrungen für die Eingliederung des Gassektors getroffen?
Ja. Unsere Vorstellungen gehen dahin, letztlich eine einheitliche Behörde zu haben, in der es keine Doppelgleisigkeiten gibt. Es sollen nur dort jeweils eigene Dienststellen geschaffen werden, bei denen eine getrennte Behandlung von Strom und Gas aus sachlichen Gründen zweckmässig ist.

Der Trend in der Energiewirtschaft geht in Richtung Multi-Utility-Angebote. Zunehmend werden diese auch mit Telekommunikationsdiensten und sonstigen Zusatzleistungen verknüpft. Welche Behörde wird für die Behandlung derartiger Angebote zuständig sein?
Das hat mit der Tätigkeit der Stromregulierungsbehörde nichts zu tun. Diese hat einen funktionsfähigen Strommarkt sicherzustellen und transparent zu machen. Verknüpft ein Anbieter Leistungen in Bereichen der Energie mit Telekommunikation oder anderen Dienstleistungen, wird er bei den hiefür zuständigen Stellen die entsprechenden Genehmigungen einzuholen haben und unterliegt deren Regime.

Was halten Sie für die Stromliberalisierung dienlicher: ein System wie in österreich oder die Selbstverpflichtung der Wirtschaft wie beispielsweise in Deutschland?
Die Erfahrungen aus Deutschland zeigen, dass der Weg des regulierten Netzzugangs dem österreichischen Markt besser entspricht als der verhandelte Zugang. Das wird auch aus breiten Kreisen der Wirtschaft bestätigt. Das regulierte System ist leichter durchschaubar. Aus Deutschland hören wir, es sei vielfach gar nicht möglich, den konkreten Netztarif zu erfahren. Das Aushandeln der Anbieter untereinander ist äusserst kompliziert. Unser Regelwerk ist anspruchsvoll, aber - eine minimale Beschäftigung vorausgesetzt - für den interessierten Stromkonsumenten durchaus zu erfassen.

Wie hoch wird das von den Netzbetreibern zu entrichtende Entgelt für die Finanzierung der Tätigkeit der Elektrizitäts-Control-GmbH sein?
Das Gesetz spricht von "aufwandsorientiertem" Entgelt. Es wird Aufgabe des Geschäftsführers sein, die Behörde so schlank wie möglich zu gestalten. Der Beitrag der einzelnen Netzbetreiber wird nach ihrem Energieumsatz in ihrem Netz bemessen.

Ein wichtiger Punkt für die Umsetzung der Marktliberalisierung ist die Erstellung von Standardlastprofilen zur Tarifkundenabrechnung. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Auch hier sind die Arbeiten sehr weit fortgeschritten. Ein System der VDEW-Standardlastprofile ist für die erste Zeit der Vollliberalisierung vorgesehen.

Stichwort "Gasmarktliberalisierung": Gibt es schon Vorstellungen, wie die Regulierungsbehörde für den Gasbereich aussehen wird?
Das wäre noch zu früh. Zunächst müssen wir uns in Grundzügen das System des liberalisierten österreichischen Gasmarktes erarbeiten. Danach wird man sehen, wie der detaillierte Aufgabenbereich der Behörde auszusehen hat. Es wird - wie bereits gesagt - auf Synergien mit der Stromliberalisierungsbehörde zu achten sein. Für Gas soll es wirklich nur spezifische Ergänzungen geben.

Bis wann muss die Gasliberalisierungsbehörde eingerichtet sein?
Der Regulator muss spätestens mit dem In-Kraft-Treten der Vollliberalisierung am 1. Oktober 2002 funktionsfähig sein. In dieser Zeit ist die Behörde zu schaffen und sind allenfalls notwendige gesetzliche Ergänzungen zu treffen. Bis dahin nimmt das Wirtschaftsministerium diese Funktion wahr. Dabei geht es vor allem um Fragen des Netzzuganges und der Netznutzungsentgelte.

Als eines der wichtigsten Instrumente für das Funktionieren der Gasmarktöffnung gilt die Schaffung einer geeigneten Tarifstruktur. Bis wann wird diese feststehen?
Mit einer Bestimmung des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) wird der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit von Netznutzungsentgelten verschiedener Netzbetreiber ermächtigt, durch Verordnung zu bestimmen, welche Tarifstruktur den Preisansätzen für die Netznutzung zu Grunde zu legen ist. In Arbeitsgruppen der österreichischen Gaswirtschaft wird bereits seit geraumer Zeit eine einheitliche, vergleichbare Struktur der Netzbenutzungsgebühren entwickelt. Da dabei viele Unternehmen der Gaswirtschaft, deren Aktivitäten und Interessen durchaus unterschiedlich sind, einbezogen werden, gehe ich davon aus, dass das Ergebnis sicherlich die Kriterien der Nichtdiskriminierung, der Kostenbasiertheit sowie der Vergleichbarkeit erfüllen wird. Sollte diese von den Netzbetreibern erarbeitete Struktur, die selbstverständlich vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit eingehend geprüft wird, wider Erwarten nicht in diesem Sinne gestaltet sein, wird von der Möglichkeit, diese per Verordnung festzulegen, Gebrauch gemacht werden müssen.

Im Strombereich hat sich österreich für einen regulierten Netzzugang entschieden, im Gasbereich soll es einen verhandelten Netzzugang geben. Warum?
Die Systeme wurden innerhalb der parlamentarischen Beratungen unter Einbeziehung auch der Sozialpartner eingehend geprüft. Die Conclusio war, dass der verhandelte Netzzugang eher das dem marktwirtschaftlichen Gedanken konformere und für den österreichischen Gasmarkt geeignetere Modell ist.

In Deutschland funktioniert der verhandelte Netzzugang beim Strom nicht. Wieso sollte dieses Modell in österreich beim Gas funktionieren?
Das hängt mit der Struktur der österreichischen Gaswirtschaft zusammen. Es gibt nur eine geringe Anzahl von Netzbetreibern, sodass von der Funktionsfähigkeit des Systems ausgegangen werden kann.

Laut GWG können Erzeuger von biogenen Gasen (Bio- und Holzgas) den Netzzugang im Namen ihrer Kunden verlangen, wenn dadurch keine technischen Probleme entstehen. Was bedeutet das?
Es handelt sich um eine Parallele zur ökostrombestimmung im ElWOG. Das GWG verpflichtet Netzbetreiber, Erzeuger von biogenen Gasen an ihr Erdgasnetz anzuschliessen, sofern eine technische Verträglichkeit gegeben ist. Jene Qualitätsanforderungen, die für die Einspeisung und den Transport von biogenen Gasen gelten, müssen in den Allgemeinen Netzbedingungen festgelegt werden.

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