Fesselndes Contracting
- Written by Redaktion_Report
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Zum Vergleich: Die gesamten Wärmelieferungserlöse aus dem Verkauf von öl, Gas und Fernwärme schlagen mit jährlich immerhin rund 635 Millionen Schilling zu Buche. Aber die Methode, ihren Kunden in Industrie, Gewerbe, im Wohnbausektor sowie bei kommunalen Energiedienstleistungen durch Auslagerung von Versorgung und Zusatzservices Geld zu sparen, wird für die Nochlandesenergiemonolisten von der Wienstrom bis zur Tiwag zunehmend attraktiv.
(Fast) alle tun es. Vom Neusiedlersee bis zum Arlberg haben mittlerweile so gut wie alle Landes-EVU ihre Angebote entwickelt. "Der Umsatzanteil des Contracting ist noch nicht gewaltig. Aber diese ganzen Servicegeschichten sind eine der wichtigsten Zukunftsstrategien im Energiebereich.
Wer da nicht hineingeht, schaut in ein paar Jahren ganz schön aus der Wäsche.", so Gerald Troindl, bei der BEST zuständig für Contracting. Voll auf Contracting setzt auch die Tiwag, bestätigt deren zuständiger Mitarbeiter Hannes Spielmann: "Wir entwickeln seit ungefähr einem Jahr Contractingmodelle. Seit einem halben Jahr bearbeiten wir den Markt intensiv.
Bei einem Umsatz von rund fünf bis zehn Millionen Schilling ist Contracting natürlich noch keine Cashcow. Aber der Weg stimmt. "Die Energie AG Oberösterreich wiederum hat mit der Oberösterreichischen Ferngas (OöFG) und den Stadtbetrieben Linz (SBL) eine gemeinsame Contractingtochter gegründet, die EnServ. Sie besteht seit Anfang 1999 und hat im ersten Betriebsjahr knapp 20 Millionen Schilling umgesetzt. Für die Betreuung von Grosskunden über drei Gigawattstunden Jahresverbrauch hat die Energie AG Oberösterreich ein Joint Venture mit der Salzburg AG für Energie, die BestElectric, die auch Contracting anbietet." Und auch im Süden des Bundesgebiets gehts: Für die steirische Landes-Energieholding EStAG contracten ihre Tochter Steirische Ferngas und ihre Planungsgesellschaft Plan.T, durchaus über die Landesgrenzen hinweg.
Josef Nestelberger von der Steirischen Ferngas: "Wir haben uns bei den Kommunalversorgungsunternehmen mehrerer Städte in Tschechien und der Slowakei eingekauft und sanieren deren Wärmeversorgungsnetze. Die sind happy damit, weil ihre Leitungen sind einigermassen marod, und Geld zum Herrichten haben sie natürlich keines."
Muffel im Ländle. Eifrig im Geschäft ist auch die EnergieAllianz, bestehend aus der niederösterreichischen EVN, der Wienstrom und dem Linzer Regionalversorger ESG. Grössere Projekte wickelt eher die gemeinsame Vertriebstochter e&s ab, für kleinere Angelegenheiten sind die Gesellschaften selber zuständig.
Wobei das "Kleinvieh" gelegentlich durchaus respektable Dimensionen hat: Die Energiecomfort, die für die Wiener Stadtwerke als Contractor auftritt, setzt jährlich rund 250 Millionen Schilling um und ist damit einer der Branchenführer in österreich. Auch die Kelag ist voll im Geschäft. Sie beschränke sich derzeit noch im Wesentlichen auf den Heizungsanlagenbereich, erzählt der zuständige Experte Günter Zweiner. "Wir sind aber dabei, Angebote zu entwickeln, die komplette Gebäudesanierungen enthalten."
Auch über Facilitymanagement bis zur Gebäudereinigung werde nachgedacht, "aber das machen wir nur mit geeigneten Partnern - eigene Kapazitäten aufzubauen rentiert sich nicht". Einziger Contractingmuffel unter den Landes-EVU ist (noch) die Vorarlberger Kraftwerke AG (VKW). Der Markt sei "marginal", so der zuständige Experte Helmut Schneider. Die VKW sehe Contracting daher nicht als zusätzliche Vertriebsschiene und denke nicht an den Aufbau diesbezüglicher Kapazitäten.
Biblische Zeiten. Angeboten werden prinzipiell zwei Formen: Anlagencontracting sowie Einsparcontracting Bei Ersterem errichtet der Contractor für seinen Kunden eine neue Energieversorgungsanlage. Der Kunde zahlt diese via Energiekosten über einen bestimmten Zeitraum zurück.
Beim Einsparcontracting werden bestehende bereits im Eigentum des Kunden befindliche Anlagen modernisiert und so die Energiekosten gesenkt. Der Kunde bezahlt über die Laufzeit weiter den bisherigen Energiepreis und zahlt damit die modernisierte Anlage ab. Eine Spezialform des Einsparcontracting ist das Performancecontracting, mittels dessen Massnahmen zur thermischen Gebäudesanierung finanziert werden. Der Knackpunkt für die Energieversorger liegt bei den geradezu biblischen Vertragslaufzeiten.
Geht es bei Strom- und Gaslieferungen um rund zwei bis drei Jahre, läuft beim Contracting unter fünf bis sieben Jahren üblicherweise nichts. Bei Grossprojekten sind auch 15 Jahre und mehr drin. So lange ist der Kunde an den Contractor und das dahinter stehenden Energieversorgungsunternehmen gefesselt. Friedrich Eibenberger von der ESG bringt es auf den Punkt: "Contracting ist eine reine Zusatzleistung. Das kriegt nur, wer bei uns auch die Energie kauft."
Contracting kriegt nur, wer Energie kauft. Das hat in Zeiten der Liberalisierung durchaus strategische Bedeutung. Ronald Scheucher, Energieexperte bei Simon Kucher & Partner, erläutert: "Die meisten österreichischen Energieversorger haben keine internationale Perspektive. Also müssen sie schauen, wie sie in ihrem regionalen Bereich überleben."
Contracting sei eine attraktive Möglichkeit, Kunden längerfristig zu halten. Das widerspreche dem freien Markt nicht: "Freie Märkte lassen vieles zu. Wenn ich es schaffe, den Kunden langfristig an mich zu binden, habe ich einfach gut gearbeitet." Auch Georg Reitter, Contractingexperte der EVN, sieht das pragmatisch: "Wenn ein Contractor investiert, muss er sein Geld irgendwie wieder hereinbekommen.
Das geht normalerweise nur über längere Bindungen." Angst vor ausländischen Anbietern sei gerade im Contractingbereich übrigens verfehlt: "Contracting ist eine Frage der Dienstleistung. Wenn wer Probleme mit seiner Anlage hat und der Contractor ist Hunderte Kilometer entfernt, ist das nicht notwendigerweise ein Vorteil."
Dass die EVU mittels Contractingverträgen möglichen Preisnachlässen im Zuge der Liberalisierung vorbeugen möchten, will übrigens niemand bestätigen. Von der BEST über Energie-Allianz bis zu EStAG, Kelag, Tiwag und Salzburg AG wird einhellig auf einschlägige Preisbindungen verwiesen.
Kurt Weinacht, Geschäftsführer der EnServ, der Contractingtochter von EnergieAG Oberösterreich, OöFG und SBL: "Unser Arbeitspreis ist zu 80 Prozent am Marktpreis des verwendeten Brennstoffs indiziert. Auch für den Fall allzu grosser Schwankungen gibt es Vorkehrungen. Da setzen wir uns mit dem Kunden zusammen und überlegen, was wir tun können - zum Beispiel auf einen anderen Brennstoff umsteigen."