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Vom Himmel in den Aufzug

»Sicherheit ist bei den Produkten von Schindler genauso wichtig wie bei Solar Impulse«, sagt Martin Pfister. »Sicherheit ist bei den Produkten von Schindler genauso wichtig wie bei Solar Impulse«, sagt Martin Pfister. Foto: Schindler

Martin Pfister ist Elektroingenieur bei Schindler. Er arbeitet derzeit in der Kontrollzentrale von Solar Impulse in Monaco, und ist mitverantwortlich für das Gelingen der Mission, die die Solartechnologie an die Grenzen des technisch Machbaren bringt. Im Interview mit Report(+)PLUS spricht er über die Nervosität vor dem Start, kleinere und größere Zwischenfälle und welchen Nutzen Aufzugskunden vom Engagement Schindlers beim Projekt Solar Impulse haben.

 

(+) plus: Solar Impulse 2 befindet sich gerade auf seiner siebten Etappe. Wie ist das Gefühl, nachdem man bereits einen Großteil des Weges erfolgreich geschafft hat?

Martin Pfister:
Unser Optimismus hat sich bis jetzt bestätigt, sowohl was die Technik als auch die Abläufe betrifft. Der mehrtätige Flug über den Pazifik war eine neue Herausforderung.

(+) plus: Ist man heute noch immer so nervös vor jedem Start, wie damals am Vorabend des 9. März, als der Take-off erfolgte?

Pfister: Nervös ist vielleicht das falsche Wort, aber man ist sicherlich besonders angespannt und fokussiert. Bei mir persönlich baut sich die Spannung meistens ein, zwei Stunden vor dem Start richtig auf, wenn das Cockpit eingeschalten und der Pilot bereits an Bord ist. Jedes Problem zu diesem Zeitpunkt, und sei es auch nur ein kleines, kann zum Abbruch des Flugs führen. Nach dem erfolgreichen Take-off bleibt man natürlich weiter auf Draht, aber der Modus ändert sich dann etwas. Kein Wunder bei so einem historischen Ereignis.

(+) plus:  Sie entwickeln für Schindler Sicherheitssysteme. Woran arbeitet Schindler konkret, damit Aufzüge und Fahrtreppen absolut sicher sind?

Pfister: Sicherheit ist bei den Produkten von Schindler genauso vielschichtig wie bei Solar Impulse. Schindler entwickelt Komponenten, die auch beim Ausfall einzelner System größte Sicherheit garantieren. Dabei spielt vor allem die Elektronik eine wichtige Rolle – eine der vielen Parallelen zu Solar Impulse. Außerdem müssen alle Entwicklungen da wie dort bestehenden Normen und Prozessen folgen. Sicherheit für den Benutzer eines Liftes hat für uns eben höchste Priorität.

(+) plus: Wie muss man sich die Arbeit in der Kontrollzentrale vorstellen?

Pfister: Momentan arbeiten hier fast 30 Personen: Meteorologen, Ingenieure und ein eigenes Team, das für die Flugsimulationen zuständig ist. So sind wir auf alle möglichen Szenarien vorbereitet.

(+) plus: Auf der fünften Etappe gab es einen Ausfall einer Solarzelle – der Flug konnte trotzdem fortgesetzt werden. Die Leistung der Solar Impulse 2 war davon in keiner Weise betroffen. Wie haben Sie die Situation im Mission Control Centre erlebt?

Pfister: Der Defekt ereignete sich nicht während des Fluges, sondern die Zelle wurde bereits davor mechanisch beschädigt. Aus Sicherheitsgründen, bzw. aus Respekt vor einer Hitzeentwicklung wurden darauf acht Zellen überbrückt. Bei insgesamt 17.248 Solarzellen ist das unproblematisch. Natürlich gibt es im System gewisse Reserven in der Auslegung, z.B. bei der Batteriekapazität. Man muss allerdings aufpassen mit diesem Wort, denn während bei Industrieprodukten die Bedingungen häufig sehr klar sind, ändert sich die Umgebung bei Solar Impulse manchmal rasch und ungeplant. So gesehen sind wir trotzdem immer nahe der »Grenze«.

(+) plus: Wie viele Schindler-Mitarbeiter haben am Projekt Solar Impulse 2
mitgearbeitet?

Pfister: In Summe waren es vier Personen. Zwei Ingenieure waren Teil des Konstruktionsteams und konnten dort Erfahrungen im Leichtbau sowie der Gewichtsoptimierung sammeln. Ein ideales Umfeld, um das bei Schindler angeeignete Wissen einzubringen. Ich durfte einen ehemaligen Kollegen im elektrischen Team ablösen und bin seit Ende 2012 bei dem Projekt dabei.

(+) plus: Man nennt Solar Impulse auch »das fliegende Labor«. An welchen Bereichen haben Schindler Techniker mitgewirkt?

Pfister: Ein Großteil der Leis­tung erfolgte im Team. Unser Hauptaugenmerk lag auf dem Solargenerator, dem Autopiloten, der Telemetrie, dem Motor, dem Batteriemanagementsystem, der Flügelstruktur sowie den mechanischen Kontrollelementen. Der Fokus lag auf der genauen und schnellen Datenauswertung, welche auch im Aufzugsbereich eine wesentliche Rolle spielt.

(+) plus: Welche Erkenntnisse nehmen Sie aus Solar Impulse mit?

Pfister: Wir haben gute Kontakte zu weiteren Partnerunternehmen von Solar Impulse knüpfen können, denen Nachhaltigkeit ebenfalls ein großes Anliegen ist. Daraus sind bereits einige konkrete Ideen entstanden, die wir für neue Technologien einsetzen werden. Und schließlich können alle beteilig­ten Ingenieure ihre Erfahrungen in die tägliche Arbeit bei Schindler einfließen lassen.

(+) plus: Schindler bietet ja bereits einen solarbetriebenen Aufzug an – das Model 3300 Solar. Inwieweit profitieren Kunden von dem Projekt
Solar Impulse, wenn sie sich nun für ein solches Modell entscheiden?

Pfister: Vor allem entscheiden sie sich für eine zukunftsweisende, nachhaltige Technologie, die Vorteile bei Unabhängigkeit und Zuverlässigkeit bringt. In der Umsetzung gibt es bei einem Flugzeug und einem Aufzug natürlich Unterschiede, beispielsweise beim Gewicht. Wir können aber nur profitieren, weil Solar Impulse aufzeigt, was technisch machbar ist und wir die Erkenntnisse auf unsere Produkte umlegen.


Das Projekt
Derzeit läuft die erste Weltumrundung mit dem rein solarbetriebenen Flugzeug »Solar Impulse 2«. Initiiert von den Visionären Bertrand Piccard und Andrè Borschberg, will Solar Impulse beweisen, dass eine nachhaltige Energiewende nicht nur notwendig, sondern auch möglich ist.

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