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»Glauben an uns«

Benno Weißmann ist nicht nur langjähriger Mitarbeiter des Business-Software-Herstellers SAP, sondern seit kurzem auch neuer Country Manager in österreich. Weißmann weiß, was die Kunden wollen: zuvor war er als IT-Leiter der Erzdiözese Wien tätig.

Report: Was hat sich der neue SAP-Chef für 2008 vorgenommen?
Benno Weißmann: Ich setzte zunächst auf Kontinuität im Geschäft. Revolutionäre Dinge werden jetzt nicht passieren - ich war ja auch ein wesentlicher Träger der bisherigen Vertriebs- und Marktkonzepte. Was sich verändern wird, ist eine Vorwärtsbewegung bezüglich Spirit, Selbstvertrauen und Marktsicht. Ich möchte SAP österreich von einem guten Mittelständler im Konzern zu einem der Top-Länder steigern. Wir sind hier zwar in einem gesättigten Markt im ERP-Bereich tätig, haben aber genügend Ideen und das Zeug für weiteres Wachstum. Also: Kontinuität im Generalplan, aber stärkeres Wachstum als der Gesamtmarkt.
Mir tut der Abgang meines Vorgängers Wolfgang Schuckert persönlich sehr leid, da wir uns über die Jahre sehr verbunden gefühlt und unseren Weg stets gemeinsam beschritten haben. Er hat mich vor rund zehn Jahren aufgenommen, und wir hatten trotz unterschiedlicher Führungsstile viele gemeinsame Sichtweisen.

Sie sprechen hier von ambitionierten Zielvorgaben. Der Marktführer wird es nicht leicht haben, stärker als der Mitbewerb zu wachsen.
Es gibt klare Zielvorgaben, die aber in Absprache mit uns getroffen wurden. Im Konzern wird keinem Land Wachstum zugemutet, das nicht möglich ist. Der gemeinsame Strategieplan bis 2010 ist sicherlich eine Herausforderung, aber vergleichbar mit der Marktsituation in Deutschland und der Schweiz. Die Gründer und der Vorstand sind hier sehr innovativ tätig. Während wir uns früher hauptsächlich mit Rechnungswesen, Personalwesen und Logistik beschäftigten, hat SAP heute eine Vielzahl an Branchenlösungen etwa für die Industrie oder den Retail-Bereich. Mit neuen Kunden in diesen Gebieten lassen sich doch noch Marktanteile generieren.
Der zweite Faktor heißt Technologie: Mit der serviceorientierten Architektur der Plattform Netweaver ist SAP in einem weiteren neuen Bereich tätig. Drittens: die Verbreiterung im Marktportfolio auf alle Unternehmensgrößen der Kunden. Die klassische Aussage, dass SAP nur große und teure Lösungen umsetzt, kleineren Unternehmen aber wenig bieten kann, gilt jetzt nicht mehr. Mit unserem Portfolio kann nun jede Betriebsgröße erreicht und serviciert werden. Die webbasierte Hosting-Lösung SAP Business by Design wird heuer ein großes Thema, indem sie Unternehmen die flexiblere und schnellere Einrichtung und Adaptierung ihrer Businesssoftware ermöglicht.
Weiters wollen wir im verstärkten Maße Produkte anderer Hersteller verkaufen, etwa Produkte von HP aus Bereichen wie Compliance, Rechenzentrums- und Betriebsführung, Job Scheduling, Dokumentation und Trainingssysteme. Zusätzlich gibt es eine Reihe an weltweiten Partnerschaften, in denen Unternehmen auf SAP-Basis neue Produkte entwickeln.
Mit all diesen Maßnahmen können wir auch in einem so gesättigten ERP-Markt wie österreich noch stärker als alle anderen wachsen.

Wie sieht dieses Ziel in Zahlen aus?
Laut IDC wächst der Markt um rund fünf bis sechs Prozent. Wir wollen unser Geschäft auf jeden Fall zweistellig steigern. Aus zwei Gründen: Wir glauben an uns und verfügen über einen Vorsprung mit neuen, innovativen Produkten.

Welchen geschätzten Marktanteil hat SAP in österreich?
Es gibt hier unterschiedliche Sichtweisen, die einen Vergleich schwierig machen. Die einen vergleichen das Peer-to-Peer-Geschäft, in dem SAP einen Anteil von über 50 Prozent gegenüber Anbietern wie Oracle Applications oder Navision hat. Wenn man aber alle Lösungen, auch Kleinstlösungen von Nischenplayern, herannimmt, kommen wir auf völlig andere Zahlen, auf einen Anteil von vielleicht 25 Prozent. Es macht auch einen Riesenunterschied, ob Sie reine ERP-Lösungen oder spezialisierte Branchenlösungen betrachten. Solche Betrachtungen und überlegungen überlasse ich gerne den Analysten. Sicher ist nur, dass SAP in allen diesen Bereichen Marktführer ist.

Wer sind die stärksten Mitbewerber im Mittelstand in österreich?
Abgesehen von Microsoft, das genügend Geld für Marketing und den Vertrieb von Geschäftslösungen hat und weitgehend über eine Microsoft-basierende Landschaft bei den Kunden verfügt, sind viele Nischenplayer am Markt tätig. In absoluten Zahlen gesehen ist dennoch der Faktor Eigenentwicklung unser größter Mitbewerber. Große Rechenzentren mit 500 oder 1.000 Programmieren entwickeln dann auch mit Werkzeugen unserer Konkurrenz: Oracle, WebSphere oder .Net.

Ist hier ein Bestreben, mit SAP Netweaver verstärkt einzudringen?
Wir wollen natürlich große Kunden und auch Neukunden überzeugen, mit Netweaver zu entwickeln. Wenn auch die angesprochenen Plattformen, die alle serviceorientierte Architekturen unterstützen, ohnehin miteinander arbeiten können. Kein Unternehmen ist heute gezwungen, bei einem Plattformwechsel alle Systeme zu erneuern. Das wäre auch nicht leistbar - weder von den Kosten noch vom Personalaufwand her. Ich denke aber, dass es nun zu einer zunehmend heterogenen Plattformlandschaft in den Unternehmen kommen wird. Die Applikationen können ja dank der überall vorhandenen Standards koexistieren.

Klingt nach einer heilen Welt.
Wir haben in österreich nicht die starken Antipathie und Polarisation unter den Marktteilnehmern, die man in anderen Ländern beobachtet. Aufgrund des kleinen Marktes sind viele Mitbewerber gleichzeitig auch Partner von SAP. Mit diesem Zustand können wir in österreich relativ gut umgehen. Es würde niemandem etwas bringen, brutale Methoden in der Mitbewerbsstrategie anzuwenden. Dabei würden alle verlieren, schlussendlich auch die Kunden. Diese würden bei großen Polarisierungen aufgrund von Unsicherheiten dann gar keine Entscheidungen mehr treffen.

Wann machen Standardlösungen Sinn?
Unsere standardisierten Industrielösungen beinhalten viele Businessprozesse aufgrund der Verwendung von Best-Practices. Das bedeutet gleichzeitig nicht, dass ein Kunde mit einer Standardlösung automatisch all seine Sorgen loswird. Der Einsatz von Standardlösungen ist vielmehr eine philosophische Frage: Will man von einem Softwarelieferanten oder will man von den eigenen IT-Leuten abhängig sein? Unternehmen können natürlich mit den besten Leuten und klaren Zielen optimale Eigenlösungen schaffen. Ich weiß das sehr genau, schließlich habe ich selbst einmal als Softwareentwickler begonnen. Wesentlich ist aber der Unterschied, dass Eigenentwicklungen niemals so schnell wie Standardprodukte ausgerollt werden können. In unserer Zeit sind Technologien schnell wieder überholt, auch das wirtschaftliche Umfeld kann sich schnell ändern. Unternehmen benötigen Lösungen, mit denen sie also ohne Verzögerungen starten können, und deren Handhabung auch nicht den Blick auf das eigentliche Kerngeschäft verstellen. Dass Standardlösungen in Unternehmen vorgeschickt werden, um Prozesse zu vereinheitlichen, ist ein weiterer Vorteil, den Führungsebenen oft sehen. Die richtige Vorgangsweise ist in jedem Fall, sich zuerst jene Prozesse zu überlegen, die verändert werden müssen, dann die passende Standardlösung mit den entsprechenden Best-Practices auszuwählen und umzusetzen. Das ist - das muss ich fairerweise sagen - nicht der Weg, den die Kunden üblicherweise wählen. Die Erwartungshaltung ist oft, dass mit dem Kauf eines Standardprodukts alles bereits erledigt sei. Projekte mit solchen Erwartungen gehen aber meist schief.

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