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Börsenblick 2017

Börsenblick 2017 Foto: Thinkstock

2016 war kein einfaches Jahr – für Anleger und Prognostiker. Wer die Nerven behielt, konnte dennoch schöne Renditen einfahren. Brexit, Trump, Italien-Krise, Ceta-Kontroverse und Terroranschläge kamen mehr oder weniger überraschend. Unsicherheiten wie  diese werden aber weiterhin die Stimmung an den Finanzmärkten bestimmen. Der ATX gefällt sich in diesem Umfeld als Outperformer und schloss im Vorjahr mit einem Anstieg von rund 11 % inklusive Dividenden besser ab als die meisten europäischen Börsen, die zum Teil zweistellige Umsatzeinbußen verzeichneten. 2017 könnten die Kernländer Zentral- und Osteuropas ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum schaffen – die  Auswirkungen des Brexit und der US-Politik sind in den CEE-Ländern gering. Dennoch steht  Europa am Beginn eines Schicksalsjahres: In Deutschland, Frankreich und den Niederlanden wird heuer gewählt, das Verhältnis der EU zur Türkei und zu Russland ist belasteter denn je. Es bleibt also turbulent.

1. Bleiben Aktien die erste Wahl für Anleger?

2. Wird die positive Entwicklung an der Wiener Börse weiter anhalten?

3. Werden die geopolitischen Veränderungen die Finanzmärkte nachhaltig beeinflussen?

Plus: Mein persönlicher Anlagetipp


Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International AG

1.Im Jahr 2017 wird die Inflation deutlich ansteigen und in Österreich wieder zwischen 1,5 und 2,0 % pendeln. In der Eurozone sehe ich durchschnittlich 1,5 % Preiserhöhungen im Jahresschnitt. Da die Geldmarktzinsen unverändert bleiben und selbst die langfristigen Kapitalmarktrenditen nur unterdurchschnittlich ansteigen werden, weitet sich die negative Realverzinsung in 2017 noch mehr aus als in den Vorjahren. Folglich können nur Aktien in einem solchen Umfeld bei moderaten Konjunkturaussichten und verbesserten Gewinnerwartungen positive reale Erträge erwirtschaften. Wir sehen insbesondere die erste Jahreshälfte 2017 für Aktien vorteilhaft.

2.Die Wiener Börse hat sich 2016 im europäischen Vergleich sehr gut entwickelt. Die Unternehmensergebnisse waren besser als bei vielen anderen Kapitalmärkten und daher waren die Erträge inklusive Dividenden zweistellig. Unsere Erwartung für 2017 ist weiterhin positiv, da auch in diesem Jahr die Gewinne überdurchschnittlich zulegen sollten und die Bewertung im internationalen Vergleich deutlich günstiger ist. Die 3.000-Punkte-Marke könnte im Jahresverlauf erreicht werden.

3. Mit geopolitischen Störfeuern muss man 2017 durchaus rechnen. Die Krisenherde in Nahost, die Migrationsthematik, die Unberechenbarkeit der Politik des Donald Trump und eine Reihe von Wahlen in der EU könnten den Kapitalmärkten zeitweise den Stempel aufdrücken. Insgesamt wären aber nur protektionistische Maßnahmen zur Einschränkung des Welthandels eine nachhaltige Änderung des Kapitalmarktumfelds. Ansons­ten haben politische Einflüsse nur temporäre Effekte.

Mein Tipp:

In der Hoffnung, dass Donald Trump keine Attacke auf den Freihandel reitet, sehe ich die Aktienmärkte generell weiterhin mit Kurspotenzial. Dies gilt auch für deutsche Aktien, wo die Wahlen keine Trendwende bringen dürften. Folglich favorisiere ich Zertifikate auf den DAX-Index, um die Wertentwicklung 1:1 mitmachen zu können.


Friedrich Mostböck, Head of Group Research der Erste Group Bank AG

1. Das vergleichsweise stabile Gewinnwachstum spricht weiterhin für US-Aktien. Auch in Europa haben sich die Gewinnaussichten der Unternehmen verbessert. Infolge des anhaltenden Niedrig-Zinsumfeldes bleiben risikoreichere Anlageklassen wie Aktien längerfristig relativ alternativlos.

2.Die Wiener Börse wird stark von CEE dominiert – andere globale, externe Einflüsse (Brexit etc.) fallen da kaum ins Gewicht. Verbesserte Konjunkturaussichten sollten das Wirtschaftswachstum in CEE vergleichsweise robust halten, steigende Renditen lassen zyklische Aktien wieder attraktiver erscheinen. Bewertung, Gewinnwachstum und Dividendenrenditen sig-nalisieren moderates Aufholpotenzial der Wiener Börse.

3.Geopolitische Ereignisse bzw. anstehende Wahlen in den EU-Ländern Niederlande, Frankreich, Italien oder Deutschland können wenn, dann nur kurzfris-tig irritierende Effekte haben. Die wirtschaftliche Entwicklung von CEE und Österreich sollte davon aber abgekoppelt sein und eine vergleichsweise bessere
Basis bieten.

Mein Tipp:

Andritz: verbesserte Konjunkturaussichten für klassische Zykliker, gute globale wie geschäftsseitige Diversifizierung, intakter Gewinn- und Dividendentrend, erfahrenes Management.


Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin der Bank Austria Private Banking

1. Die anhaltende Expansion der Weltwirtschaft, stabile Bilanzen und solides Gewinnwachstum vieler Unternehmen sowie eine günstigere Bewertung gegenüber Anleihen sprechen weiterhin für Aktien. Dennoch dürfen Unsicherheitsquellen (wie z.B. Trump und Brexit) nicht außer Acht gelassen werden. In Summe bleiben wir aber bis auf Weiteres bei unserer Einschätzung, dass Aktien die bevorzugte Anlageklasse sind.

2. Wir verfolgen einen globalen Investmentansatz, um so einen möglichen Home Bias und ein damit verbundenes Klumpenrisiko zu vermeiden. Daher steht für uns der Leitindex der Wiener Börse nicht im Fokus. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass der ATX im Vergleich zum DAX noch Aufholpotenzial hat und Aktien (auch aus Österreich) ob der weiterhin niedrigen Zinsen auch in Zukunft nachgefragt werden sollten.

3. Die Börsen dürften auch heuer stark von politischen Ereignissen getrieben sein, wie Brexit-Verhandlungen oder Amtsantritt von Trump. Diese Themen haben jedenfalls Einfluss auf das Handelsgeschehen, dieser Trend sollte anhalten. Langfristig bestimmt aber nicht das politische Event selbst die Kurse, sondern dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft; also die Wall Street ralliert nicht wegen Trump als Person, sondern in Reaktion auf die Maßnahmen, die er setzen will.

Mein Tipp:

Seit dem Tiefpunkt an den Börsen nach der großen Finanzkrise im März 2009 sind nahezu acht Jahre vergangen. Wir schätzen, dass es gerade in der fortgeschrittenen Phase eines Bullenmarktes durch erhöhte Volatilität immer wieder zu Kursrücksetzern bei Aktien kommen könnte. Diese Schwankungen bieten die Möglichkeit, durch
antizyklisches Handeln einen Mehrwert zu generieren oder auch das Verlustrisiko etwas zu begrenzen. In den vergangenen zwei Jahren konnte durch das aktive Management der Aktiengewichtung ein wichtiger Beitrag zum erfolgreichen Ergebnis des VermögensManagement 5Invest geliefert werden.


Erich Stadlberger, Leiter Private Banking & Asset Management der Oberbank AG

1. Die Aktienmärkte haben sich zwar in den letzten Jahren bereits gut entwickelt, bieten jedoch immer noch Aufwärtspotenzial. Unsere Erwartungen sind im Bereich von 5 bis 10  % für das Jahr 2017 angesiedelt. Die Weltwirtschaft wächst um gut 3 %. Das reicht aus, um den global agierenden Konzernen ein Gewinnwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich zu ermöglichen. Für 2017 rechnen wir jedenfalls mit einer Trendwende beim Gewinnwachstum gegenüber 2016. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass die Gewinnprognosen zu optimistisch waren – aktuell knapp zweistellig –, deshalb machen wir Abstriche. Neben der soliden Konjunkturentwicklung gibt ein Rebound der Gewinne für den Finanz- und Rohstoffsektor Unterstützung. Aktien sind im historischen Vergleich nicht mehr billig bewertet. In Kombination mit einem weiter andauernden Niedrigzinsumfeld ist die relative Bewertung jedoch absolut im Rahmen.

2. Wir erwarten, dass sich die positive Entwicklung der letzten beiden Jahre fortsetzen wird, weil viele internationale Investoren die Wiener Börse als »Osteuropa-Story« einstufen (hohes Engagement von österreichischen Unternehmen in CEE). Die Lage in Osteuropa ist besser als wahrgenommen. Die wirtschaftliche Situation von Tschechien oder Polen ist solide und selbst Rumänien zeigt klare Fortschritte. Wird diese Verbesserung auch allgemein bewusst, sollte auch vermehrt Auslandskapital nach Österreich fließen. Ohne Auslandskapital kann und wird die Wiener Börse nicht wirklich vom Fleck kommen. Neben dem erwarteten besseren Sentiment bleibt die geschätzte Bewertung des ATX für 2017 mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp über 13 und einer Dividendenrendite von 3,2 % attraktiv.

3. Die Aktienmärkte reagierten zuletzt relativ gefasst auf politische und geopolitische Ereignisse. So lösten zwar die Brexit-Entscheidung oder die US-Präsidentschaftswahlen kurzfris-tig Marktschwankungen aus, diese wurden aber schnell verkraftet. Wir erwarten 2017 höhere Schwankungen an den Aktienmärkten. Geopolitische Risiken und innerstaatliche politische Risiken haben zugenommen und werden die Märk­te immer wieder, zumindest vorübergehend, zu stärkeren Ausschlägen bewegen. Anleger müssen wohl akzeptieren, dass diese Risiken das Portfolio beeinflussen werden. Mit einer effektiven Diversifikation kann man diese vermindern. Zudem raten wir in einer turbulenten Welt, Langfristperspektiven nicht zu vergessen. Megatrends wie Demografie, Gesundheit, Technologie, Urbanisierung setzen sich weiter fort und sind unabhängig von US-Wahlen, Brexit etc.

Mein Tipp:

Ohne höheren Risikoappetit wird 2017 einen realen Geldverlust bescheren. Die Chance, eine Zielrendite von 3 bis 4 % vor Steuern und Inflation im Rest der Dekade zu erreichen, kann nur durch hohe
Aktienanteile am Leben erhalten werden. Deshalb setze ich auf ein global orientiertes und breit diversifiziertes Portfolio.

Last modified onSonntag, 12 Februar 2017 15:51
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