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"Büro kann auch spannend sein"

"Büro kann auch spannend sein" Foto: Bene

Dem einstigen Familienunternehmen kehrte Thomas Bene den Rücken, in der Möbelbranche blieb er trotzdem: Mit dem Designstudio Buerofreunde wechselte der 53-Jährige die Seiten – vom Hersteller zum Händler. Über Ausstieg und Neustart, unterschiedliche Unternehmenskulturen und das Büro der Zukunft spricht er im Report(+)PLUS-Interview.

(+) plus: Nach Ihrem Ausscheiden aus dem früheren Familienbetrieb sind Sie nun doch wieder in die Büromöbelbranche zurückkehrt. Hatten Sie nicht die Nase voll davon?

Thomas Bene: Nein, gar nicht. Büro kann auch spannend sein. Das Thema ist interessant und hat mir immer großen Spaß gemacht. Ich bin ein sehr haptischer und detailverliebter Mensch. Wir richten auch Hotels, Gastronomie, Schulen ein – alles, was im weitesten Sinn mit Möblierung zusammenhängt. Hier sitzen über 100 Jahre Erfahrung. Insgesamt sind wir sieben Leute, fast alle kommen aus dem Bene-Umfeld.

(+) plus: Bene heimste regelmäßig Designpreise ein. Warum kam es trotzdem zum wirtschaftlichen Absturz?

Bene: Zwei Dinge waren im Wesentlichen ausschlaggebend: die Performance und die Kultur. Beides hat nicht mehr funktioniert. Bene war ein börsennotiertes Unternehmen. Die Prozesse wurden wahnsinnig kompliziert, durch umständliche Datenmodellsysteme, die sich wie eine Krake durch das ganze Unternehmen zogen. Im Grunde war Bene ein mittelständischer Betrieb, jedoch mit unzähligen Niederlassungen in Ländern, die jeweils andere Rechtssysteme, Sprachen und Logistikprobleme hatten. Für zwei Millionen Euro Umsatz, die manche Standorte brachten, war dieser Aufwand nicht zu rechtfertigen.

Durch die Manager, die ins Unternehmen geholt wurden, kam es gleichzeitig zu einer Kulturveränderung. Die Philosophie, die die Marke Bene groß gemacht hat, war plötzlich nicht mehr wichtig. Ich musste mich zum Beispiel mit meinen Vorstandskollegen streiten, ob es Sinn macht, mit externen Designern zu arbeiten, obwohl genau der internationale Input ein wesentlicher Erfolgsfaktor war. Das Verständnis für Qualität und Ästhetik ging immer mehr verloren.

(+) plus: Fiel Ihnen der Ausstieg schwer?

Bene: Natürlich ist es emotional nicht einfach, ich bin 48 Jahre lang praktisch damit aufgewachsen. Es ging schon sehr an die Substanz. Ich war ständig krank und schlecht gelaunt. Vielleicht hätte ich schon früher aufhören sollen. Aber ich fühlte mich verpflichtet, das Unternehmen nicht im Stich zu lassen. Wir hatten ja auch schöne Zeiten und feierten tolle Erfolge. Ich habe mit einem Team gearbeitet, das viel bewegen konnte. Mein Bereich – Marketing, Produktentwicklung, Design – hat mir immer viel Spaß gemacht. Nur das Rundherum war nicht lustig. Als Vorstand eines börsennotierten Konzerns ist man leider sehr fremdbestimmt.

(+) plus: Was wollen Sie jetzt anders machen?

Bene: Wir sind eine kleine schnelle Truppe, sehr schlagkräftig und unkompliziert. Wir handeln nur und produzieren nicht selbst. Das in Österreich etablierte Geschäftsmodell, also selbst zu produzieren und zu verkaufen, wird ja nirgendwo in der Welt so betrieben. Der österreichische Markt ist für fünf Hersteller viel zu klein. Die sind alle tot. Bei Bene in Waidhofen/Ybbs sitzen 600 Leute, die müssen beschäftigt werden. Irgendwann rechnet sich das nicht mehr.

Die Buerofreunde sind ein reines Handelsunternehmen mit Planung, Beratung, Service und Montage. Wir bieten sozusagen ein Rundum-sorglos-Paket mit Produkten, die ein bisschen jünger, frischer sind. Unsere Partner sind Hersteller in Großbritannien, Spanien, der Türkei und den USA, die bisher nicht im deutschsprachigen Raum vertreten waren. Orangebox oder Koleksiyon kennt hier niemand. Die Qualität ist super, wir können aber vor allem sehr günstig anbieten. Die österreichischen Hersteller verlangen ja Fantasiepreise, die niemand mehr zahlen kann.

(+) plus:  Angeblich werden 70 % der Umsätze im Büromöbelhandel von Ergänzungen bestehender Einrichtungen abgedeckt. Ist das Geschäft überhaupt rentabel?

Bene: Der Markt ist natürlich geschrumpft in den letzten Jahren, das Volumen in Österreich beträgt aber immer noch 220 Millionen Euro. Es gibt immer Firmen, die gegründet oder neu eingerichtet werden. Die Buerofreunde beginnen ohne Altlasten. Wir konzentrieren uns auf kleine und mittelständische Unternehmen. An den großen Ausschreibungen wollen wir gar nicht teilnehmen. Wir prügeln uns sicher nicht um Aufträge, wo es um 1.000 Arbeitsplätze geht. Was die Buerofreunde gut können, ist, ein umfassendes Konzept zu entwickeln – Möbel, Teppiche, Dekoration, Licht, Akustik, Kunst. Das beginnt fast beim Ikea-Preisniveau. Rund 15 Angebote haben wir seit unserem Start erstellt und die Kunden haben jedes Mal sofort unterschrieben. Für viele war überraschend, dass eine komplette Büroeinrichtung mit frischem Design so günstig sein kann.

(+) plus: Wie groß soll das Studio werden?

Bene: Wir wollen schon Geld verdienen, das ist nicht bloße Liebhaberei. Aber mein Ziel ist nicht, hier 50 Mitarbeiter sitzen zu haben. Wenn zu den sieben Leuten noch ein paar dazukommen, dann genügt das.

(+) plus: Ein toller Bürosessel macht noch keine gute Arbeitsatmosphäre. Braucht es ein Gesamtkonzept?

Bene: Es geht im Prinzip immer um die beiden Parameter Konzentration und Kommunikation. Innovationen sind für jedes Unternehmen kriegsentscheidend. Und um innovativ und kreativ zu sein, braucht man das persönliche Gespräch. Neue Ideen lassen sich nur so finden. Das Büro muss eine Möglichkeit dafür schaffen. Ich bin der Meinung, Kreativität lässt sich einrichten. Trotzdem braucht es Platz für Konzentration, damit man Tätigkeiten erfüllen kann, für die man allein sein muss. Zwischen diesen beiden Polen wird sich das Büro der Zukunft bewegen. Die Mischung macht es aus.

(+) plus: Design dient Unternehmen gerne als Statement, um sich modern und offen zu präsentieren. Muss diese Philosophie auch gelebt werden, um erfolgreich zu sein?

Bene: Man glaubt nicht, wie wenige Unternehmer oder Manager so denken. Die meisten sagen: Stellen Sie mir einen Tisch mit vier Haxen hinein – und fertig. Man kann es schirch auch machen. Wir haben immer großen Wert auf Ästhetik gelegt. Manche Firmen machen sich sehr viele Gedanken, was für die Mitarbeiter wichtig ist und wie das Unternehmen nach außen hin erscheint. Microsoft, Nike oder Google sind natürlich Ausnahmen, die zelebrieren das richtig.

(+) plus: Durch die Vernetzung mit mobilen Geräten sind viele Menschen gar nicht mehr physisch im Büro anwesend. Werden individuelle Arbeitsplätze überflüssig?

Bene: Wenn diese Mitarbeiter ins Büro kommen, brauchen sie dennoch einen Arbeitsplatz, wo sie konzentriert Daten herunterladen können oder sich mit ihren Kollegen treffen, um sich abzustimmen. Nie im Büro zu sein – das funktioniert ohnehin nicht, darauf ist man schon draufgekommen. Jeder braucht eine Homebase.

Das ist natürlich in jeder Branche, in jedem Unternehmen unterschiedlich. In der neuen Zentrale der Erste Bank gibt es auch nicht für alle fixe Arbeitsplätze. Einen neuen Campus zu bauen, ist natürlich eine tolle Chance – das gibt es wahrscheinlich nur einmal in der Unternehmensgeschichte. Das Planungsteam hat sich auf der ganzen Welt umgeschaut, wie ein Büro funktionieren kann. Im Headquarter der Bank Austria sieht es wiederum ganz anders aus.

(+) plus: Wird es Büros, wie wir sie heute kennen, in Zukunft überhaupt noch geben?

Bene: Es gibt immer wieder Themen, die plötzlich aufpoppen und über die dann viel geschrieben wird, zum Beispiel Home Office oder das papierlose Büro. Es ist legitim, darüber nachzudenken.

Wie überall im Leben gibt es aber nicht nur das eine oder das andere. Ich bin überzeugt, es wird auch in Zukunft eine Vielfalt sein – einfache, pragmatische Büros und sexy-aufregende Büros. Der Trend der Zukunft ist, dass es keine Trends gibt.

Zur Person

Thomas Bene, 1963 in Bad Ischl geboren, absolvierte das Kolleg für Innenausbau an der HTL Mödling und studierte Marketing und Unternehmensführung an der Universität Linz. Nach ersten beruflichen Schritten in Zürich, Berlin und den USA trat er 1994 als Marketingleiter in den 1790 in Waidhofen/Ybbs gegründeten Familienbetrieb ein. 2006 folgte er seinem Vater Manfred in den Vorstand.

Die Bene Gruppe forcierte den internationalen Expansionskurs, beschäftigte mehr als 1.500 Mitarbeiter und war als einer der größten europäischen Büromöbelhersteller weltweit in 32 Ländern präsent. Trotz steigender Umsätze fuhr das Unternehmen massive Verluste ein. Im Juni 2011 trat Thomas Bene, das letzte verbliebene Mitglied der Gründerfamilie, als Vorstand zurück. Die Investoren Erhard Grossnigg und Martin Bartenstein übernahmen in der Folge die Bene AG. Seit 11. Dezember 2015 notiert das Unternehmen nicht mehr an der Wiener Börse.

Mit seinem langjährigen Kollegen Peter Handlgruber eröffnete Thomas Bene im Oktober 2015 in der Wiener Börsegasse, eingemietet im Keller eines befreundeten Bauunternehmers, ein eigenes Design- und Markenstudio – die Buerofreunde GmbH.

 

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