Das weiße Gold
- Written by Mag. Angela Heissenberger
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Die Gegend um Zacualpan in Mexiko war schon unter den Azteken für ihre Silbervorkommen bekannt. Die spanischen Eroberer beeindruckte jedoch weniger das hohe Niveau der aztekischen Silberschmiedekunst. Das wertvolle Metall selbst – bis ins 19. Jahrhundert eines der wichtigsten Zahlungsmittel in Europa – weckte ihre Gier. Die Spanier bauten das Areal rasch zu einer ihrer größten Minen aus. Die Aufzeichnungen reichen bis ins Jahr 1527 zurück, wegen der hohen Ergiebigkeit verlieh die spanische Krone 1531 den Titel »Königliche Minen«.
Auf Überbleibsel der 600-jährigen Produktionsgeschichte stoßen auch die Arbeiter von Impact Silver Corp. täglich. Das kanadische Explorationsunternehmen ist seit 2006 in dem zwei Autostunden südwestlich von Mexiko City gelegenen Gebiet tätig. Mehr als 2.000 Stollen, Schächte und Gruben sind in Zacualpan erhalten, dazu etliche verfallene Verarbeitungsanlagen. Da die Grabungen im Mittelalter noch »auf gut Glück« erfolgten, ist man bei Impact Silver zuversichtlich, mit moderner Technologie noch einige Schätze in den 423 km² umfassenden »Royal Mines« zu heben. »Wir produzieren in der gesamten Region am kostengünstigsten«, sagt Vizepräsident Craig A. Geier. Neben einem erfahrenen Team von Geologen stützt sich das Management auf gut ausgebildete mexikanische Bergleute.
Zacualpan ist nicht das einzige Projekt, von dem sich das aufstrebende Unternehmen viel verspricht. Im unmittelbar angrenzenden Mamatla District entdeckten die Geologen auf 200 km² ebenfalls zahlreiche Silberadern. Drei weitere Minen – Chivo, San Ramon und Noche Buena – sind aktuell in Betrieb und beliefern die Aufbereitungsanlage Guadalupe mit hochgradigem Silbererz. In San Ramon, wo seit 2004 abgebaut wird, beträgt der Gehalt bis zu 5 kg Silber je Tonne. Guadalupe verfügt über eine Kapazität von 500 Tonnen pro Tag. Im Vorjahr verzeichnete Impact Silver eine Rekordproduktion von 1,1 Millionen Unzen Silber. Die topografischen Voraussetzungen sind optimal, wie Geier erläutert: »Es ist leichter, in einen Berg zu bohren als in flachem Gelände senkrecht nach unten.« Die bei der Silbergewinnung anfallenden Blei- und Kupferkonzentrate liefert Impact Silver an mexikanische Schmelzhütten, da für die Weiterverarbeitung hohe Umweltauflagen bestehen. Nur Zink wird selbst an die Automobilindustrie verkauft und beschert dem Unternehmen ein erkleckliches Zusatzeinkommen.
>> Rallye prolongiert <<
Die Minengesellschaften profitieren auch vom steigenden Silberpreis. Experten sagen dem »kleinen« Bruder unter den Edelmetallen eine große Zukunft voraus, denn anders als Gold hat Silber seinen Zenit noch lange nicht erreicht. »Mittlerweile befinden wir uns im zwölften Jahr der Gold-Hausse, die nominalen Hochs von 1980 haben wir bereits hinter uns gelassen«, bestätigt Richard H. Mayr, Geschäftsführer von Argentuminvest. »Silber ist mit derzeit 50 US-Dollar pro Unze erst am Weg dorthin und könnte heuer noch dreistellig werden.« Als im Vorjahr der Silber- wie auch der Goldpreis vorübergehend absackten, sahen etliche Analysten schon das Ende des spektakulären Höhenflugs gekommen. Inzwischen kletterte Gold jedoch wieder auf mehr als 1.700 US-Dollar je Feinunze. Mayr hält ein neues Allzeithoch über 1.900 Dollar durchaus für wahrscheinlich.
Wer nicht schon längst eiserne Reserven in physischem Edelmetall hält, könnte jetzt noch rasch die Bestände aufstocken. Neben Gold und Silber bieten sich für Feinspitze auch Platin und Palladium an. Nachdem einige nervöse Anleger das Handtuch warfen, bietet sich nun ein – vielleicht letzter – günstiger Einstiegszeitpunkt. Edelmetallexperten rechnen üblicherweise in Dekaden. Der Goldpreis bewegt sich in ungefähr 20-jährigen Zyklen, ein schönes Weilchen könnte die Rallye also noch andauern. Für Ronald Stöferle, Group Research für International Equities der Erste Bank, ist diese »Daumenregel« zwar »ein bisschen ein Mythos«: »Von der Euphoriephase, die mit einem parabolischen Anstieg das Ende ankündigt, sind wir aber noch ein wenig entfernt.«
Wenn dann einmal der Taxifahrer und die Friseurin zu Goldbarren raten, sollte man sich langsam Gedanken machen. Wegen seines geringeren Werts wird Silber häufig als »Gold des kleinen Mannes« bezeichnet. Um vergleichsweise kleine Summe lässt sich auch von Durchschnittsverdienern nach und nach ein kleiner Schatz zusammensparen – Zinsen gibt es auf der Bank ohnehin keine mehr. Jetzt zeigen alle Signale noch grünes Licht, zumal sich die Rahmenbedingungen zugunsten der Edelmetalle nur verbessert haben: Weltwirtschaftskrise, Währungscrash und Nullzinspolitik als Antwort auf steigende Inflationsraten treiben den Wert von Gold stetig an. Seit jeher galt das gelbe Metall als Schutz vor Geldentwertung in Krisenzeiten – nun, da mit astronomischen Summen finanzierte Rettungsschirme über ganze Länder aufgespannt werden, erscheint Gold abermals als einzig sicherer Anker in der stürmischen Finanzwelt. »Alle drei großen Währungsblöcke Yen, US-Dollar und Euro stehen mit dem Rücken zur Wand. Hier noch den Einäugigen unter den Blinden zu finden, fällt schon schwer«, analysiert Investor Relation-Manager Richard Mayr diesen ungleichen »Währungskrieg«. Der neu geschaffene Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), über den ab 1. Juli abermals 500 Milliarden Euro in die Euro-Länder eingeschleust werden, könnte die Krise – und damit die Kursrallye der Edelmetalle – abermals prolongieren.
>> Billige Aktien <<
Große Investmentgurus, allen voran George Soros und Warren Buffett, kehrten allerdings Gold inzwischen den Rücken. Investorenlegende Jim Rogers, der 1999 die Rohstoffrallye vorhersagte, steckt sein Geld nach eigenen Angabe lieber »in die Landwirtschaft«. Und Hedgefonds-Manager John Paulson verkaufte im Herbst Anteile am SPDR Gold Shares, dem weltweit größten börsennotierten Gold-Indexfonds, im Wert von rund 600 Millionen Dollar. Das entspricht in etwa 330.000 Unzen. Paulson, der eigentlich als Gold-Optimist gilt, bleibt dennoch mit 17,3 Millionen Anteilen vorerst der größte Investor des Fonds.
Die Spekulanten fliehen, die Anleger zittern. Mutige Investoren greifen dagegen zu Minenaktien, die derzeit als stark unterbewertet gelten und sich als günstige Einstiegsmöglichkeit anbieten. Neben den großen Silberproduzenten machen hier vor allem die sogenannten »Juniors« von sich reden. Impact Silver etwa wirtschaftet seit Beginn seiner Produktionsaufnahme im Jahr 2006 profitabel und wurde im Vorjahr bereits zum dritten Mal als wachstumsstärkstes kanadisches Unternehmen ausgezeichnet. Beachtlich ist auch die Bilanz von Sunset Cove Mining Inc., einem ebenfalls kanadischen Explorer, der in Peru tätig ist. Rund 550 Kilometer nordwestlich von Lima forciert das 2009 gegründete Unternehmen derzeit sein Carolay Project. Nach vielversprechenden Probebohrungen, die hohe Silberkonzentrationen sowie Zink- und Bleivorkommen ergaben, stehen heuer noch bis Juni auf einer Länge von 2,2 Kilometern weitere Bohrungen entlang einer vermuteten Silberader an. »Insgesamt könnte das System aus Silberadern über vier Kilometer lang sein. Wir haben deshalb noch mehr Land zugekauft«, erklärt CEO Lorne Woods.
Obwohl im Vorjahr in einigen südamerikanischen Ländern Minen kurzerhand verstaatlicht wurden – der frisch gewählte peruanische Präsident entzog beispielsweise Bear Creek aus Kanada die Minenrechte –, sieht Woods kein erhöhtes Risiko. Sunset Cove bemühe sich um Nachhaltigkeit und sorge im Einvernehmen mit den lokalen Behörden für die nötige Infrastruktur. Von der Errichtung von Schulen und Krankenhäusern, der Anbindung an das Stromnetz sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen profitiere schließlich auch die ansässige Bevölkerung. Konflikten würde man auf diesem Weg vorbeugen, wenngleich es auch in Peru Gegenden gäbe, »die man besser meiden sollte«, so Woods. In Azulcunca, im Süden Perus gelegen, betreibt Sunset Cove bereits eine ertragreiche Kupfermine, die auch in geringeren Mengen Gold zutage fördert.
>> Investment für Mutige <<
Trotz des erwarteten Hebeleffekts bei Minenaktien rät Edelmetall-Experte Mayr von überstürzten Depotumschichtungen ab: »Erst wenn man ein solides physisches Fundament, also Gold und Silber in Barren oder Münzen, hat, kann man mit dem Spekulieren anfangen.« Anleger brauchen jedenfalls starke Nerven. Exzentrische Kursausschläge nach unten sind nichts für konservative Gemüter. »Vor allem die Volatilität bei Silber ist unglaublich, damit muss man leben können«, sagt Erste-Bank-Analyst Stöferle. Zwischen 2005 und 2011 verdreifachte sich der Silberpreis, aber allein im Vorjahr schwankte der Preis je Unze zwischen 20 und 100 US-Dollar. Grund dafür ist u.a. die schwankende Nachfrage aus der Wirtschaft. Während Gold sich vorwiegend für die Schmuckfertigung eignet, bietet Silber auch vielfältige industrielle Einsatzmöglichkeiten, etwa für Solarzellen. Silber weist die höchste elektrische Leitfähigkeit aller chemischen Elemente und die höchste thermische Leitfähigkeit aller Metalle auf. Die antimikrobielle Wirkung wird zudem für medizinisch-technische Produkte genutzt. China hat 2011 vier Mal so viel Silber importiert wie im Jahr davor. Steigt die Nachfrage weiter so stark an, droht sogar eine Verknappung des Rohstoffes.
Auch Minenaktien hält Stöferle, obgleich »momentan spottbillig«, eher für hart gesottene Anleger für geeignet. Allerdings könnten gerade Aktien durch eine Abkoppelung vom Goldpreis am Ende des Trends noch massiv steigen. Breite Streuung vermindert das Risiko, Explorer sind jedoch grundsätzlich riskanter: »Von 100 Unternehmen gehen vielleicht zwei bis vier tatsächlich in Produktion«, sagt Stöferle. Ein Kompromiss wären Unternehmen, die bereits einige Minen erfolgreich betreiben und weitere interessante Projekte in der Pipeline haben. Ein »sicherer Hafen« sind diese Investments jedoch nicht.