Zukunftsstrategie Integriertes Management
- Written by Mag. Angela Heissenberger
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Mehr als 600 Gäste waren am 15. März der Einladung der Quality Austria in den Salzburg Congress gefolgt. Das Qualitätsevent stand heuer unter dem Titel »Integration von Managementsystemen«. Zahlreiche Experten diskutierten über die Bedeutung von Wettbewerbs- und Standortfaktoren und die Umsetzung nachhaltiger Führungsqualität. »Qualitätsmanagement als fixen Bestandteil der Unternehmensstrategie zu sehen, zahlt sich aus«, erklärte Konrad Scheiber, CEO der Quality Austria Trainings-, Zertifizierungs- und Begutachtungs GmbH, in seinem Eröffnungsstatement. Die Einbußen durch Qualitätsmängel bei Produkten und Dienstleistungen betragen in Österreich jährlich bis zu 20 Milliarden Euro. Die Gründe für diese Umsatzverluste seien meist hausgemacht, wies Konrad Scheiber auf die verschiedenen Dimensionen und Ansätze von Integration hin. Je komplexer die Organisation, desto höher werden auch die Anforderungen an die intelligente Verflechtung der verschiedenen Managementsysteme, etwa bei Qualität, Umwelt oder Sicherheit. »Um die Komplexität zu verringern, Prozesse nachhaltig zu verbessern und die Ressourcen effektiver einzusetzen, ist eine Integration der vorhandenen Managementsysteme unerlässlich«, so Scheiber. »Produktqualität und Dienstleistungsqualität sind unmittelbar mit dem Unternehmenserfolg verknüpft.«
>> Hausgemachte Fehler <<
Nach Angaben des Kreditschutzverbandes (KSV) 1870 waren 44 % der Insolvenzen im Jahr 2010 auf schwerwiegende interne Fehler zurückzuführen. Nur 20 % der Pleiten hatten externe, zum Beispiel krisenbedingte, Gründe. Seit 1991 hat sich der Anteil innerbetrieblich verursachter Insolvenzen mehr als verdoppelt, während Insolvenzen aus Kapitalmangel sogar von 21 auf 13 % sanken. Laut KSV 1870 zeichnen sich folgende »sieben Todsünden« in der Unternehmensführung ab: mangelnde strategische Planung, Organisationsmängel, keine zeitgemäße Buchführung, operative Planungsfehler, Ignorieren der Zahlungsmoral, Vertriebsdefizite und Konflikte mit Eigentümern. Die strategischen Pläne, so vorhanden, orientierten sich beispielsweise zu stark an den operativen Kosten statt an realistischen Markteinschätzungen. Organisationsmängel äußerten sich in unklaren Zuständigkeiten und nicht ausgeschöpften Potenzialen hinsichtlich Produktivität und Kostensenkung. Integrierte Managementsysteme (IMS) bieten die Chance, Qualitätsmängel in der Unternehmensstruktur, der strategischen Ausrichtung und der Produktion bzw. Dienstleistung zu erkennen und zu beheben.
Wie erfolgreiche Integration aussehen kann, zeigt das Beispiel Worthington Cylinders. Der mehrfach ausgezeichnete Gasflaschenproduzent gilt über die eigene Branche hinaus seit Jahren als Vorbild für wertschätzende Mitarbeiterführung und erfüllt höchste Ansprüche hinsichtlich Prozess- und Produktqualität. David J. Kelly, ehemaliger CEO von Worthington Cylinders und nunmehr Präsident der Austrian Foundation for Quality Management, strich in seinem humorvollen Vortrag seine Unternehmensphilosophie hervor: »Erfolgreiches Qualitätsmanagement steht und fällt mit guter Führung und klaren Führungsansätzen.« Fordernde und fördernde Mitarbeiterpolitik sowie ständiger Austausch mit den relevanten Dialoggruppen seien wesentliche Erfolgsfaktoren. Das erklärte Ziel ist, Abläufe so zu gestalten, dass es unmöglich wird, ein unerfreuliches Erlebnis zu haben. »Aber irgendwann kommt der Homer-Simpson-Tag und etwas geht schief«, zog Kelly einen launigen Vergleich mit der tollpatschigen Zeichentrickfigur. »Menschen sind eben nicht immer ganz bei der Sache und dann passiert ein Arbeitsunfall oder ein Datenübertragungsfehler. Wir müssen das System so sicher machen, dass ein Homer Simpson nichts anstellen kann.«
Dass die Umsetzung nicht immer so einfach zu bewerkstellligen ist, wurde anschließend in den Berichten der qualityaustria-Auditoren Bettina Oestreich-Grau und Johannes Russegger deutlich. Innerhalb eines Unternehmens entsteht durch diverse Wettbewerbsfaktoren wie Qualität, Innovation, Effizienz, Umwelt, Arbeitssicherheit, CSR und Riskmanagement eine Fülle von Anforderungen, die auch in Wechselwirkungen stehen. »Diese unterschiedlichen Systeme müssen auf eine sinnvolle Art miteinander verbunden werden, um das Potenzial vollständig ausschöpfen zu können − etwa Synergieeffekte durch Zeiteinsparungen, Abbau von Verwaltungsaufwand oder ganzheitliches Denken«, sagte Russegger. In der betrieblichen Praxis habe sich in der Integration inzwischen das prozessorientierte Modell am besten bewährt. Es gelte, »nicht einmalige Zufallstreffer zu landen, sondern über Jahre kontinuierliche Erfolge zu erzielen«, so Russegger. »Wie und von wem will ein Unternehmen wahrgenommen werden?«, erinnerte Bettina Oestreich-Grau an Grundsatzfragen, die in einem dynamischen Umfeld zunehmend an Bedeutung gewinnen. Konsumenten werden immer aufgeklärter und kritischer, eine negative Außenwirkung kann deshalb fatale Folgen haben. »Audits sind deshalb immer ein Spiegelbild des Reifegrads der Integration«, erläuterte Oestreich-Grau.
>> Unsicherheitsfaktor Mensch <<
Einblicke in ihren täglichen Arbeitsprozess gewährten die Podiumsteilnehmer des Expertentalks am Nachmittag. Diese Best-Practice-Beispiele zeigten anschaulich den Weg vom Modell in die Praxis, wobei der Erfolg letztlich von der konsequenten Umsetzung abhängt. Gerhard Wagner, Direktor der OMV Raffinerie Schwechat, wartete mit einer beeindruckenden Unfallstatistik auf: Seit mehr als 1.000 Tagen gab es in der Belegschaft keine Unfälle mit Ausfallstagen. Die Basis dafür ist ein integriertes Managementsystem, das stetig weiterentwickelt wird. Sicheres Arbeiten hat im Unternehmen absolute Priorität. »Das Credo lautet: Jeder Unfall ist vermeidbar«, so Wagner. »Wir verfolgen alle dieses Ziel sowie die Reduktion von Beinaheunfällen, unsicheren Handlungen und Zuständen mit nachhaltigem Engagement.« Mit dem Slogan »Gemeinsam sicher in die Zukunft« gelingt es, den Mitarbeitern die Sinnhaftigkeit von Sicherheitsvorkehrungen wie beispielsweise Schutzbrillen regelmäßig in Erinnerung zu rufen. »Es fehlt nicht an der Technik oder an den Regeln, die haben wir weiterentwickelt – aber der Mensch ist noch immer der gleiche wie in der Steinzeit«, brachte Wagner das Dilemma auf den Punkt.
Mitarbeiterzufriedenheit definiert sich bei technosert electronics, einem Dienstleister für Elektronikindustriebedarf, wesentlich über eine umfassende Gesundheitsvorsorge für die Belegschaft. Das ganzheitliche Gesundheitsprogramm unter dem Titel »Ich fühl mich wirklich wohl«, integriert in ein Managementsystem, sorgt auch für ein angenehmes Arbeitsklima und mehr Teamwork. Eine eigens angestellte Chiropraktikerin hilft bei körperlichen Beschwerden. Positiver Nebeneffekt: Fühlen sich die Mitarbeiter wohl, kommt das auch bei den Kunden gut an. »Man muss Kunden und Auftraggebern zuhören, um einen maßgeschneiderten Beitrag für ihren Erfolg geben zu können«, erklärte Geschäftsführer Johannes Gschwandtner sein Unternehmensprinzip.
Die Zufriedenheit der Kunden ist für den Catering-Spezialisten e-express ebenfalls essentiell. Rund 700 Mitarbeiter wickeln täglich umfangreiche Abläufe ab, die für die Reisenden aber kaum zu bemerken sind. »Damit das Zusammenspiel von Mitarbeitern so reibungslos funktionieren kann, braucht es eine Unternehmenskultur, in der Führungskräfte ihre Aufgaben ernst nehmen, Mitarbeiter auf das Unternehmen stolz sind und sich integriert fühlen«, zeigte sich Geschäftsführer Josef Donhauser überzeugt. Der durch die ISO-Zertifizierung eingeleitete Veränderungsprozess setzte bei e-express grundlegende Diskussionen in Gang, erzählte Donhauser von ersten Hürden: »Wir mussten für uns klären: Wer ist eigentlich unser Kunde – ist das der Fahrgast, die ÖBB oder das Infrastrukturministerium?« Leistungen sind nunmehr objektiv messbar, Ressourcenplanung wurde unerlässlich. »Das Qualitätsmanagement liefert uns Kennzahlen, die uns die Buchhaltung oder die Kostenrechnung nicht zur Verfügung stellen können“, so Donhauser.
Auch bei den Tagesmüttern Steiermark wird auf Qualitätssicherung größten Wert gelegt. Die rund 400 Mitarbeiterinnen des Netzwerks können auf praxisorientierte Ausbildung, verpflichtende Weiterbildungsangebote, Hausbesuche und regelmäßige Supervision zählen. »In der Arbeit mit Kindern ist qualitätsorientierte Arbeit und laufende Evaluierung ein wichtiges Kriterium«, unterstrich Geschäftsführerin Michaela Linhart den Stellenwert professionellen Qualitätsmanagements. Wie leicht es mitunter durch unterschiedliche Sichtweisen zu Interessenskonflikten kommen kann, erläuterte Linhart anhand eines Beispiels: »Sind Holzstöße, Bäche und Hunde willkommene Erlebniswelten oder potenzielle Gefahrenquellen?«
Unternehmen sind heute mit einem zunehmend unbeständigen Umfeld konfrontiert. Das erfordert einerseits Flexibilität und rasches Aufgreifen von Chancen, andererseits Beständigkeit in den Werten und Robustheit. »Innere Vereinfachung“ lautet deshalb die Prämisse der Zukunft. »Komplex denken und einfach nach innen kommunizieren“ wird die große Herausforderung für Führungskräfte.
>> Best Practice:
> OMV Raffinerie Schwechat: Die Sicherheitsperformance wird innerhalb der OMV permanent verbessert. Ziel ist es, keine Unfälle bei Lieferanten, Partnern und MitarbeiterInnen zu haben. Die OMV Raffinerie Schwechat ist in den Bereichen Sicherheit, Qualität, Umwelt und Energie zertifiziert. Das Energiemanagementsystem wurde 2011 erstmals in Österreich nach der ISO-Norm 50001 vergeben.
> technosert electronics: Beim jährlichen Überwachungsaudit zur Erfüllung der Normen ISO 9001 und 14001 überzeugten die technosert-MitarbeiterInnen durch ihr außerordentliches Fachwissen. Nach dem großen Erfolg des firmeninternen Ausbildungsprojektes „Qualitech“, für das der Dienstleister für Industrieelektronikbedarf mehrfach ausgezeichnet wurde, engagiert sich das oberösterreichische Unternehmen nun in der Förderung von Mädchen. Im Rahmen des Pilotprojektes „Technik-Talentinnen“ sollen Hauptschülerinnen für technische Berufe begeistert werden.
> e-express: Rund 700 MitarbeiterInnen sind für e-express im Bahncatering, beim Truckservice oder beim Hotelcatering im Einsatz und sorgen für das leibliche Wohl der Kunden. Der ÖBB-Caterer wurde von der International Rail Catering Group, dem internationalen Verband der Bahn-Catering-Unternehmen, zum „Most Innovative Caterer 2011“ gewählt. Ebenfalls im Vorjahr absolvierte das Unternehmen erfolgreich die ISO 9001-Zertizierung.
> Tagesmütter Steiermark: Das 1987 gegründete Unternehmen – ein Netzwerk von 370 Tagesmüttern und zwei Tagesvätern – betreibt zwölf Regionalstellen und ist seit 2007 nach ISO 9001 zertifiziert. Jährlich finden vier Ausbildungslehrgänge mit etwa 80 AbsolventInnen statt. Der gemeinnützige Betrieb entwickelt laufend innovative Betreuungsangebote, die sich an den Lebensmodellen der Eltern und Kinder orientieren.
>> Dimensionen der Qualität:
> Jede Organisation bedient passend zur eigenen Zielsetzung Ansprüche der fünf Interessenspartner. Diese Ansprüche gilt es in ihren Wechselbeziehungen zu verstehen und bestmöglich umzusetzen:
1.Mitarbeiter stellen Ansprüche an den Arbeitsinhalt, die Motivation, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.
2.Kunden stellen Ansprüche an das Leistungsvermögen und damit an die Qualität.
3.Eigentümer und Investoren stellen Ansprüche an den Ertrag, die Wertsteigerung und an ein vernünftiges Risikomanagement.
4.Lieferanten und Partner stellen Ansprüche in Hinblick auf Verlässlichkeit.
5.Anrainer und die Öffentlichkeit haben Ansprüche hinsichtlich der gesellschaftlichen Verantwortung und an den Umweltschutz. Der Gesetzgeber und die Behörden stellen Ansprüche an die Einhaltung von Gesetzen und Auflagen.