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Der Nationalstaat ist tot...

Auch wenn politische Entscheidungen in der Europäischen Union verstärkt auf supranationaler Ebene getroffen werden, ist der Nationalstaat nach wie vor eine zentrale Einheit, an dessen Stellenwert sich auch in naher Zukunft nichts ändern wird. Auch in Zeiten der Globalisierung bleibt der Nationalstaat die bedeutendste gesellschaftliche Einheit. Zu diesem Ergebnis kommt ein Projekt des österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, das die häufig aufgestellten Behauptungen vom Sterben des Staats widerlegt. \"Nationale Identität und Staatsbürgerschaft“ nennt Max Haller vom Soziologischen Institut der Universität Graz sein Projekt. Zum Teil beruht seine Arbeit auf einer umfassenden Auswertung der Daten aus dem \"International Social Survey Program“. Diese zeigt, dass der Nationalstolz in vielen Ländern nach wie vor eine große Rolle spielt. Immer vorne mit dabei ist österreich. In zehn verschiedenen Kategorien - darunter Geschichte, internationaler Stellenwert oder sportliche Erfolge - wurden die patriotischen Gefühle der Bevölkerung abgefragt. Hinter Irland und den Vereinigten Staaten belegt österreich Platz drei. Geht es um den allgemeinen, von speziellen Ereignissen und Errungenschaften losgelösten Nationalstolz, liegt österreich weltweit an erster Stelle. Noch vor den als hurrapatriotisch verschrienen Amerikanern.
Die Studie zeigt, dass sich die Menschen nach wie vor am stärksten mit dem eigenen Staat identifizieren. Nicht mit der Gemeinde, der Region oder dem Staat übergeordnete Einheiten wie der EU. Während sich in der Europäischen Union die Hälfte der Befragten dem eigenen Nationalstaat sehr eng verbunden fühlt, fühlen nur knapp 30 Prozent diese Verbundenheit zu \"Europa“. Damit lässt sich auch die geringe Mobilitätsbereitschaft in Europa erklären. Nur vier Prozent sind bereit, in eine andere Region innerhalb der EU zu ziehen, und für lediglich ein Prozent kommt ein Umzug in ein Land außerhalb von Europa in Frage.

ähnliche Wertvorstellungen
Interessant auch, dass das Zugehörigkeitsgefühl innerhalb der nationalen Grenzen deutlich ausgeprägter ist als innerhalb von grenzübergreifenden Regionen mit ähnlichen Kulturen. Die nahe liegende Vermutung, dass die katholischen Bayern den österreichern ähnlicher sind als den protestantischen Norddeutschen, die zudem von anderer ethnischer-sprachlicher Herkunft sind, ist laut Haller nicht zutreffend. \"Unser Untersuchungen haben gezeigt, dass es genau umgekehrt ist. Dies zeigt, dass die Einheit des Nationalstaates von größerer Bedeutung ist als die darunter liegende Einheit der Region.“Die Studie zeigt, dass die Ansichten der Menschen sehr stark von den staatlichen Strukturen und den innerhalb des nationalen Gefüges dominierenden Wertehaltungen beeinflusst wird. \"Dies wird vor allem dann sichtbar, wenn die Bürger die soziale Gleichheit bzw. Ungleichheit beurteilen soll“, erklärt Haller. In Ländern wie Brasilien mit einer deutlichen und weithin sichtbaren Ungleichheiten, werden diese sehr kritisch bewertet. In den USA, wo der einzelne für sein Schicksal verantwortlich gemacht wird und der Glaube vom individuellen Aufstieg vorherrschend ist, zeigt sich diese kritische Haltung stark abgeschwächt. Den calvinistischen Regeln folgend gilt in den USA immer noch der Grundsatz, dass jeder alles erreichen kann, sofern er nur will und hart genug dafür arbeitet. Schafft er es nicht, trägt er selbst die Schuld, nicht der Staat oder ein Ungleichheit förderndes System. In den USA lebt der Traum \"vom Tellerwäscher zum Millionär“.

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