Digitales Gewusel
- Written by Redaktion
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Mit digitalen Personenströmen wird das Gehverhalten von Menschenmengen simuliert, um Notfallszenarien zu testen und bauliche Maßnahmen zu optimieren.
Das Verhalten von großen Menschenmengen vorherzusagen, ist schwierig, für den reibungslosen Ablauf von Massenveranstaltungen aber unerlässlich. Die Komplexität liegt darin, die Bewegung einzelner Personen zu simulieren. Dieser Aufgabe haben sich die Forscher von Siemens Corporate Technology verschrieben. Sie arbeiten an einem Simulator, der die Bewegungen von Menschenmengen schneller berechnet, als sie in der Realität stattfinden.
Die Herausforderung liegt in der Individualität. Menschen gehen unterschiedlich schnell oder halten weniger Abstand zu Begleitern als zu Unbekannten. Meistens streben sie in verschiedene Richtungen. Betrachtet man jede einzelne Person und ihre Interaktion mit allen anderen, sprengt man schnell die Rechenkapazität der Computer. Um dieses Problem zu umgehen, unterteilen die Siemens-Forscher den Raum in Zellen, deren Größe dem Platzbedarf eines Menschen entspricht. Das Verhalten der leeren und besetzten Zellen untereinander beschreiben sie durch eine Art Kraftfeld oder Potenzial. Gegenstände wie Säulen wirken zum Beispiel abstoßend und auch Menschen stoßen Fremde stärker ab als die eigene Gruppe. Mit diesem Kniff soll sich das Verhalten von tausenden Personen sehr schnell berechnen lassen.
Außerdem bezieht das Modell die Topografie mit ein, indem es etwa Treppen je nach Gehrichtung mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten belegt. Derzeit koppeln die Forscher den Simulator mit Daten wie Personenzahl und Gehrichtung, die sie aus Kamerabildern auslesen, um Kurzzeitprognosen für die nächsten Minuten zu erstellen. Damit könnte etwa die Leitstelle in einem übervollen Bahnhof entscheiden, ob ein einfahrender Zug auf einen weniger bevölkerten Bahnsteig umgeleitet werden sollte.