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»Verschenken können wir nichts«

\"ChristophEin Interview mit Christoph Raninger.

Durch Basel III weht für Kreditkunden künftig ein rauerer Wind. Christoph Raninger, Vorstandsdirektor »Corporate Business & Financial Markets« in der Bawag P.S.K., will mit einer Mittelstands­offensive und einem neuen Finanzmanagement-Tool gegensteuern.

(+) plus: Die jüngsten Konjunkturprognosen sehen für heuer ein Wachstum von mehr als drei Prozent. Haben Sie den Aufschwung so früh und so stark erwartet?
Christoph Raninger: Die österreichische Wirtschaft hat auch in Krisenzeiten gute Widerstandsfähigkeit gezeigt, vor allem durch die starke Exportorientierung, etwa nach Deutschland. Die Inlandsnachfrage hat zwar gelitten, ist aber gepaart mit einer relativ geringen Arbeitslosigkeit nicht so stark eingebrochen wie in anderen Volkswirtschaften. Für die Aufschwungphase sind das gute Voraussetzungen. Mit einem prognostizierten Wachstum von 3,2 Prozent liegen wir deutlich über dem EU-Schnitt, das ist eine sehr positive Entwicklung im Vergleich zum Euro-Raum. Diese Rahmenbedingungen stimmen auch die Unternehmen zuversichtlich.

(+) plus: Trotz der positiven Stimmung ist die Investitionsbereitschaft bisher noch etwas verhalten. Trauen die Unternehmen der Entwicklung nicht?
Raninger: Vorsicht war in Zeiten des Abschwungs sicher die richtige Strategie. Der große Vorteil österreichischer Unternehmen ist die starke Cashflow-Entwicklung. Die notwendigen Investitionen konnten großteils aus der Innenfinanzierung gedeckt werden. Nach dieser Konsolidierungsphase sehen wir durchaus wieder steigenden Kreditbedarf. In den ersten vier Monaten dieses Jahres gab es noch Rückgänge im Gesamtkreditgeschäft, aber im Mai verzeichnete die Nationalbank im Vergleich zum Vorjahr bereits ein Neukreditwachstum von 2,2 Prozent. Die Bawag P.S.K. wächst noch stärker als der Markt – im Mai sogar um zehn Prozent im Jahresvergleich. 

(+) plus: Der in diesem Zusammenhang am häufigsten genannte Begriff ist »Kreditklemme«. Können Sie das Wort überhaupt noch hören?
Raninger: Das ist inzwischen ein Modewort. Als Kreditgeber sehe ich jedoch keine Kreditklemme, eher eine temporär rückläufige Nachfrage auf Unternehmerseite in schwierigen Zeiten. 

(+) plus: Die Kritik von Unternehmern, dass nun für Kredite mehr Sicherheiten verlangt werden, ist aber auch nicht von der Hand zu weisen.
Raninger: Die Rahmenbedingungen sind bekannt: Die Finanzbranche wird stärkeren Regulierungen unterworfen – Stichwort Basel III. Die Kredite müssen mit mehr Eigenkapital unterlegt werden und werden deshalb auch teurer. Wie kann man damit am besten umgehen? Indem wir den Unternehmen Wege aufzeigen, wie sie ihre Bonität verbessern und ihre Sicherheiten am effizientesten nutzen können. Damit lassen sich die Kreditkosten reduzieren. Wir bieten unseren Kunden standardmäßig zumindest einmal jährlich ein umfassendes Finanzanalysegespräch, um das Optimierungspotenzial zu identifizieren und das Kreditgeschäft attraktiv zu machen.

(+) plus: Um die Eigenkapitalbasis der österreichischen Unternehmen ist es nicht sehr gut bestellt. Welche Rolle spielt dieses Kriterium bei der Kreditvergabe?
Raninger: Sie haben Recht, im Mittelstandsbereich liegen wir etwas unter dem europäischen Durchschnitt von etwa 40 Prozent. Natürlich ist das Eigenkapital eine wichtige Messgröße in der Bonitätsprüfung eines Unternehmens, aber nicht die einzige.

(+) plus: Die Bawag P.S.K. verzeichnete entgegen dem Markttrend ein Plus im Neukreditgeschäft. Was machen Sie anders, Sie werden ja die Kredite auch nicht verschenken?
Raninger: Verschenken können wir nichts. Aber wir haben zum Vorteil unserer Kunden die Strukturen verbessert und die internen Kommunikationswege verkürzt. Zunächst haben wir in der Division »Corporate Business & Financial Markets« die Firmenkunden- mit der Finanzmarktseite zusammengeführt. Damit hat sich die Bawag P.S.K. von einem Produktverkäufer zu einem Lösungsanbieter weiterentwickelt. Wir haben aber auch das Betreuungsmodell reformiert: Wie ein Generalunternehmer, der die verschiedenen Gewerke Elektriker, Dachdecker usw. koordiniert, agieren unsere »Business Solution Partner« nun quasi als »Generalunternehmer« der Finanzbranche. Sie können aus der gesamten Produktpalette – von strukturierten Finanzierungen über Leasing, Zahlungsverkehr, Anleiheemissionen, Absicherungsinstrumente und vieles mehr – die optimalen Lösungen generieren. Mit diesem Konzept setzen wir uns drei Leistungskriterien zum Ziel: Qualität, Verlässlichkeit und Schnelligkeit. Für Betriebsmittelkredite gibt es innerhalb von zehn Tagen eine Zusage; wenn die Bonität passt, erfolgt die Auszahlung innerhalb weiterer fünf Tage. Von der Anbahnung bis zur Auszahlung zwei Wochen – das ist in Österreich rekordverdächtig.

(+) plus: Das Prinzip »one face to the customer« erfordert hohe Kompetenz der Berater – sie müssen in vielen Bereichen fachlich sattelfest sein. Ist das überhaupt möglich oder werden in Detailfragen dann Experten der jeweiligen Abteilung zugezogen?
Raninger: Wir setzen Ausbildungsschwerpunkte und geben unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Gelegenheit, sich entsprechend dieser gestiegenen Anforderungen weiterzubilden und zu entwickeln. Bei Spezialthemen zieht der Business Solution Partner den jeweiligen Produktexperten hinzu. Im Kundenkontakt gibt es aber nur einen Ansprechpartner, der die passende Lösung koordiniert. 

(+) plus: Sie setzen künftig ein neues Finanzmanagement-Tool ein, das u.a. die Liquiditätssteuerung in den Betrieben erleichtern soll. Wie funktioniert das genau?
Raninger: Das »Bawag P.S.K. Finance Cockpit« kann man sich im Prinzip wie ein hochentwickeltes Navigationssystem vorstellen. Sie begeben sich in den Driver Seat und haben mit dem Tool die Möglichkeit, sämtliche Zahlungsströme des Unternehmens, auch der Außenniederlassungen, auf Webbasis zu verbinden. Damit kann die Liquidität zentral gesteuert und disponiert werden. Gleichzeitig zeigt das Tool auch Zins- und Währungsrisiken auf – die transparente Darstellung der Marktrisiken bietet speziell in volatilen Zeiten auf den Finanzmärkten großen Mehrwert. »Finance Cockpit« ist in allen Unternehmensgrößen einsetzbar und eignet sich wunderbar für den Mittelstand, aber auch für multinationale Großkonzerne.

(+) plus: Mit Leitzinserhöhungen durch die EZB ist weiter zu rechnen. Wie können sich Unternehmen gegen steigende Finanzierungskosten absichern?
Raninger: Ich erwarte heuer noch einen Zinsschritt nach oben. Um den Unternehmen Planungssicherheit zu geben, bieten wir die Betriebsmittelkredite auch zu Fixzinskonditionen an. Bei bestehenden, variablen Finanzierungen können sogenannte »Caps« (als Zinsobergrenzen) Sicherheit schaffen – ich empfehle das auch. Vor der Krise waren die Zinsen wesentlich höher, es ist daher eine gute Möglichkeit, sich die attraktiven Zinsniveaus längerfristig zu sichern.

(+) plus: Ihr Bankerkollege Andreas Treichl hat sich mit seinen Äußerungen zu Basel III vor einigen Wochen tief ins Fettnäpfchen gesetzt. Hat er Ihrer Meinung nach Recht?
Raninger: Ich möchte nicht die Art und Weise seiner Aussagen kommentieren, dem Inhalt kann ich durchaus etwas abgewinnen. Basel III führt zu einer Pönalisierung des Kernbankengeschäftes und der Kreditabgabe. Anleihen von souveränen Staaten erfordern  als Unterlegung wesentlich weniger Kapital als die Kreditvergabe an ein Unternehmen mit sehr guter Bonität. Das ist für eine Kundenbank nicht das richtige Steuerungsinstrument, darüber sollte man nachdenken.

(+) plus: Gerade bei Betriebsmittelkrediten für KMU handelt es sich um vergleichsweise kleine Summen. Wird hier bei den Vergaberichtlinien übers Ziel geschossen?
Raninger: In der Kreditanalyse versuchen wir, die Chancen und Risiken eines Unternehmens zu erkennen und in einem partnerschaftlichen Gespräch mit dem Kunden zu besprechen. Da geht’s nicht darum, Auflagen zu oktroyieren. Wir unterstützen den Kunden dabei, seine Finanzgebahrung zu optimieren. Natürlich muss die Bank auch schauen, dass sie das Geld auch wieder zurückbekommt. Eine Fundamentalanalyse ist deshalb notwendig. Als Privatperson wird man sein hart verdientes Geld auch nicht in spekulative Anlageinstrumente investieren. Diese Analysegespräche sind in beiderseitigem Interesse.

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