Rechtsrahmen für digitale Bauprojekte
- Written by Redaktion
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Die neue Kultur des Planens, Bauens und Errichtens erfordert klare rechtliche »Leitplanken« und ein neues vertragliches »Feinwerkzeug«. Was zu beachten ist, welche Hürden und Fallstricke lauern.
Durch die fortschreitende Digitalisierung von Informationsflüssen beginnen auch in der Baubranche virtualisierte Formen der Projektkooperation verstärkt Fuß zu fassen (insbesondere durch die Etablierung von »Building Information Modeling«). Bemerkenswert ist dabei vor allem der aufgrund der jüngsten technologischen Entwicklungen noch nicht abschätzbare – jedoch bereits erkennbare – weitere enorme Entwicklungsschritt in der (Bau-)Wirtschaft (z.B. der Einsatz der Blockchain-Technologie im Bereich der Baustellenlogistik und Gewährleistungsverfolgung; die Errichtung von Smart-Buildings mit IoT-Technologien etc). Ziel und Versprechen der Digitalisierung ist im Besonderen eine hohe Nachvollziehbarkeit und ein Mehr an Transparenz, Sicherheit und Effizienz.
Bild oben: »Der Geschäftsbetrieb muss frühzeitig und vorausschauend neu ausgerichtet werden.«. Berthold Hofbauer, Heid Schiefer Rechtsanwälte
Know-how und Sensibilisierung
Zwingende Voraussetzungen für eine wertschöpfende Realisierung dieses beginnenden – bauherren- und unternehmerseitigen (!) – Paradigmenwechsels der Arbeitsmethoden sind allerdings die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. im Bereich des Datenschutzes und der Datenverarbeitung) und die Anwendung klarer vertraglicher Regelungen. Naturgegeben braucht es neben der vertraglichen Festlegung und Klärung der neuen Leistungsbilder (z.B. BIM-Manager, BIM-Koordinator, Informationsmanager etc.) auch diesen widerspiegelnd klare bzw. neue rechtliche »Leitplanken« (z.B. Festlegung der organisatorischen Grundstruktur und Rollenverteilung) sowie neue vertragliche »Feinwerkzeuge« (z.B. BIM-BVB). Dabei ist vor allem ein scharfes Bewusstsein im Hinblick auf digitalisierte Abläufe notwendig und eine Sensibilisierung aller Beteiligten für (bisher noch unbekannte) rechtliche Fallstricke bereits im Vorfeld. Folgende Rechtsfelder sind dabei jedenfalls zu klären und abzustecken:
➣ Implementierung der neuen Anforderungen der Digitalisierung in die vorhandenen Leistungsbilder und Abgrenzung der einzelnen Schnittstellen (Wer trägt die Modellverantwortung für das BIM As-Planned Modell und/oder BIM As-Built-Modell und/oder BIM Lifecyle-Modell?)
➣ Schnittstellenminimierung und Bündelung der Aufgaben
➣ Regelung der Kostentragung (Lizenzen, Wartung, Implementierung etc.)
➣Abgrenzung und Zuordnung der einzelnen Schadens- und Risikosphären (Wer haftet bei Systemausfall, Medienbruch, Softwarefehler, Fehler im BIM-Gebäudemodell etc.?)
➣ Festlegung des Dateneigentums
➣ Klärung der Werknutzungsrechte zur Verarbeitung/Bearbeitung der Daten
➣ Umgang mit Lizenzen und Nutzungsvereinbarungen/Service-Levels
➣ Umgang mit dem Recht der Datenverarbeitung (Datenschutzgesetz und DSGVO)
➣ Umgang und Haftung bei Cloud-Lösungen (z.B. Datendiebstahl)
➣ Umgang mit Datenlöschung (z.B. Logins)
➣ Festlegung der Prioritäten der Daten im Falle eines inhaltlichen Widerspruchs (Vertrag vor BIM-Modell? BIM-Modell vor 2D-Papierplänen?)
➣ Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (Werden meine Patente, Kalkulationen etc. geschützt?)
➣ Festlegung von Exit-Szenarien und Eskalationsvereinbarungen etc.
Resümee
Die Digitalisierung der Bauwirtschaft bewirkt zweifelsohne eine neue Kultur des Planens, Bauens und Errichtens. Um bei der Umsetzung digitaler Bauprojekte auch das wirtschaftliche und technische Potenzial voll ausschöpfen zu können, braucht es insbesondere die konkrete vertragliche Festlegung der neuen Leistungsbilder und Rollen bzw. Aufgaben sowie klare vertragliche Auffangtatbestände. Gerade aufgrund der aufgezeigten tiefen bzw. komplexen Verflechtung von Recht und Digitalisierungspotenzial empfiehlt es sich, den Geschäftsbetrieb bereits frühzeitig und vorausschauend neu auszurichten.