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Nach dem Crash

\"DieKein Ereignis erschütterte die globale Finanzwelt so nachhaltig wie der Bankencrash 2008. Die wirtschaftlichen Folgen sind noch heute spürbar. Nur die Bonuszahlungen der Bankmanager befinden sich bereits wieder auf Vorkrisenniveau.

Die mageren Jahre sind vorbei. Mitte März beschloss der Aufsichtsrat der Erste Group – unter lauten Protesten der Kleinanleger – eine Verdoppelung der Gagen auf 700.000 Euro. Dank des höheren Bonus kassiert allein Bankchef Andreas Treichl für 2010 insgesamt knapp 2,8 Millionen Euro – fast doppelt so viel wie noch im Krisenjahr davor. Grund genug für Investor Rupert-Heinrich Staller, Treichl dessen eigene Kritik an überzogenen Boni für Banker vorzuhalten: »Ich gönne Ihnen persönlich jeden Cent, aber ich will nicht, dass die Gier wieder fröhliche Urständ feiert.« Schließlich seien die Dividenden im Gegensatz zu den Aufsichtsratsgagen nicht um 100 Prozent gestiegen. Die Bankergagen würden, so Staller, nach oben schnellen, »als ob es kein Morgen gäbe und kein Gestern gegeben hätte«.

Doch die Erste Group steht nicht allein da. Die Bonuszahlungen im Banken- und Finanzsektor liegen im gesamten deutschsprachigen Raum fast wieder auf Vorkrisenniveau. Das ergab eine Studie der Universität Köln in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Tower Watson, für die der Datensatz der Tower Watson Financial Services ausgewertet wurde. Diese Datenbank beinhaltet u.a. die Gehaltsdaten von mehr als 120.000 Beschäftigten im Banken- und Finanzdienstleistungssektor in Deutschland, ca. 50.000 bis 70.000 Beschäftigten in der Schweiz und etwa 20.000 Beschäftigten in Österreich. Obwohl manche Angestellte auch noch im Vorjahr auf Boni verzichten mussten, stiegen die Zahlungen insgesamt um 14 bis 23 Prozent. »Lediglich in den kapitalmarktnahen Bereichen ›Investment Banking‹ und ›Treasury and Capital Markets‹ wurden 2009 und 2010 überdurchschnittlich häufig keine Boni ausgezahlt«, erklärt Martin Emmerich, Director Talent and Rewards bei Towers Watson. »Allerdings konnten einige Banken ihre Bonus-Pools inzwischen wieder deutlich erhöhen.«

Variabler Vergütungsmix

Im Krisenjahr 2009 wurden in den drei untersuchten Ländern keine oder wesentlich niedrigere Boni ausgezahlt. Den stärksten Rückgang mussten dabei Beschäftigte in den höchsten Hie­rarchieebenen hinnehmen. Nur in Österreich fielen die Gehaltseinbußen auch auf den unteren Ebenen drastisch aus.

Bereits 2010 herrschte aber wieder Sonnenschein. 90 Prozent der Bonusberechtigten erhielten wieder eine zusätzliche Zahlung, in der Schweiz sogar knapp 95 Prozent. In Deutschland und Österreich profitierten auch die oberen Führungsebenen von der wirtschaftlichen Erholung, in der Schweiz stiegen vorwiegend die Boni der unteren Ebene. Verglichen mit den Tarifen des Jahres 2005 stehen die Beschäftigten der unteren Hierarchieebenen zumindest in Deutschland und der Schweiz besser da als noch fünf Jahre zuvor. »Die Bedeutung der variablen Vergütung im Vergütungsmix ist in Österreich deutlich geringer«, sagt Studienleiter Dirk Sliwka. Während in Deutschland die »Bonus to Base«-Ratio auf Bereichsleiterebene im Durchschnitt 75 Prozent und in der Schweiz 90 Prozent beträgt, machen Bonuszahlungen in Österreich nur 26 Prozent des Grundgehalts aus.

Neu sind die Anforderungen, die nun häufiger als früher mit der Auszahlung verknüpft sind. So ist in der Hälfte der Fälle durch Deferralregelungen festgelegt, dass Boni zeitverzögert bzw. abhängig von einer nachhaltig erfolgreichen Geschäftsentwicklung ausgezahlt werden. Zwei Drittel der Geldinstitute in Deutschland, Österreich und der Schweiz zahlen die Boni in bar aus, der Rest zumindest teilweise in Aktien. Eine Verzinsung erfolgt nur bei 15 Prozent der Banken.

Empörte Aktionäre

Global betrachtet sind Österreichs Banker arme Schlucker. Vikram Pandit, Vorstandschef der US-Bank Citigroup, kann sich beispielsweise heuer über einen Bonus von umgerechnet rund 11,7 Millionen Euro freuen. 2009, als die Bank in schweren Finanznöten steckte, hatte Pandit mit einem außergewöhnlichen Schritt für Aufsehen gesorgt: Er reduzierte seine jährlichen Bezüge auf den symbolischen Wert von einem Dollar, bis die Bank wieder schwarze Zahlen schreiben würde. Am Hungertuch musste Pandit nicht nagen: Sein Grundgehalt ohne Zulagen beträgt immerhin 1,75 Millionen Dollar. Für so viel Selbstlosigkeit – offiziell »für seine hervorragenden Leistungen« – wurde Pandit nun belohnt.

Die Prämienausschüttungen gehen aber nicht immer mit wirtschaftlichem Erfolg einher. Der am besten bezahlte Manager an der Wall Street ist Larry Fink, Vorstandschef von BlackRock. Das geht aus »Finance 50«, dem vom Magazin Bloomberg Markets jährlich erstellten Gehalts-Ranking der Vorstandschefs von US-Finanzdienstleistern hervor. Fink erhielt für 2010 23,8 Millionen Dollar an Gehalt und Aktien, 50 Prozent mehr als im Jahr davor – obwohl der Aktienkurs des Vermögensverwalters 2010 um 16 Prozent sank. Platz zwei belegte John Strengfeld von Prudential Financial, auf dem dritten Platz landete Gregory Case, Vorstandschef des Versicherungsunternehmens AON. Insgesamt stieg das durchschnittliche Einkommen der Konzernchefs um 26 Prozent, nachdem sie zwei Jahre lang empfindliche Abstriche von 21 Prozent (2009) und 19 Prozent (2008) machen mussten.

Diese trüben Jahre sind vergessen, ebenso die öffentliche Empörung über Prämien in astronomischer Höhe. Bei zwei Bankenchefs stieg das Jahressalär um mehr als das Zehnfache. Die Glücklichen sind Jamie Dimon, Vorstandschef von JP Morgan, der sein Einkommen um 1474 Prozent auf 20,8 Millionen Dollar steigern konnte, sowie Lloyd Blankfein, Chef von Goldman Sachs, der mit 14,1 Millionen Dollar um 1276 Prozent mehr als 2009 verdiente. Gerade die­se beiden Banken zählten in der Finanzkrise zu den Hauptprotagonisten – und stiegen nun wie Phönix aus der Asche, zumindest was die Managergagen betrifft. Die Anleger dürfte das weniger freuen: Die Aktionäre von JP Morgan erzielten 2,3 Prozent Ertrag, jene von Goldman Sachs gar nur 0,5 Prozent.

Selbstkritik verstummt

Auch in der europäischen Finanzszene gehören Zurückhaltung und Bescheidenheit wieder der Vergangenheit an. Stuart Gulliver, Chef der größten europäischen Bank HSBC, soll zehn Millionen Pfund Prämie erhalten, Barclays-Vorstand Bob Diamond immerhin 9,5 Millionen Pfund. Etwas weniger als vor der Krise, aber dennoch eine Genugtuung: »Es gab eine Zeit für Reue und Entschuldigung«, wird Diamond zitiert, »diese Zeit sollte nun vorüber sein.«

Laut Reuters-Analyse stiegen die Mitarbeiterbezüge bei elf europäischen Banken um 7 Prozent. Einige Institute haben die variablen Bezüge zugunsten höherer Fixgehälter gekürzt, um die Mitarbeiter nicht zu übermäßigen Risiken anzutreiben. Schließlich waren hochriskante Geschäfte einer der Auslöser für den Finanzcrash. Selbst unbedeutende Mitarbeiter verdienten mitunter das 60-Fache ihres Fixums, Top-Händler wurden in der Branche als Helden gefeiert. Die anfängliche Selbstkritik ist allerdings längst verstummt.

Ausnahmen sind rar: Als bisher einziger Großbanken-Chef entschied Oswald Grübel, CEO der Schweizer UBS, nach 2009 auch 2010 auf seinen Bonus zu verzichten. Zwar war es ihm gelungen, das Institut wieder in die schwarzen Zahlen zu führen, der Aktienkurs büßte dennoch um vier Prozent ein. Grübels Grundgehalt beläuft sich auf umgerechnet 2,3 Millionen Euro. Sein vertragliches Recht auf Prämien will er erst wieder in Anspruch nehmen, wenn sich der erzielte »Mehrwert auch im Aktienkurs ausdrückt«.

 

>> Österreichs Unternehmen optimistisch:

\"Peter»Die wahren Helden der Krise sind die KMU«, sagt Peter Bosek, Privat- und Firmenkundenvorstand der Erste Bank. »Die niedrige Arbeitslosenquote ist mit Sicherheit den österreichischen Unternehmen zu verdanken, die die nötige Flexibilität aufgebracht haben und sich als Wachstumsmotoren der Wirtschaft erwiesen haben.« Einer IMAS-Umfrage im Auftrag der Erste Bank zufolge blicken Österreichs kleine und mittlere Unternehmen heute bereits deutlich optimistischer in die Zukunft als noch vor einem Jahr. Die Hälfte der Unternehmer ist zuversichtlich, dass ihr Betrieb in den nächsten drei bis fünf Jahren deutlich gestärkt und gewachsen sein wird. Fast drei Viertel rechnen mit einer Umsatzsteigerung, zwei Drittel mit mehr Kunden und fast die Hälfte der 900 Befragten strebt eine verbesserte Eigenkapitalsituation an. Mit der positiven Stimmung steigt auch wieder der Mut zu Investitionen: 62 Prozent der Firmenchefs wollen ihren Betrieb modernisieren. Zusätzlichen Kreditbedarf ortet mehr als jeder dritte Unternehmer, 40 Prozent davon denken an eine Investitionssumme von mehr als einer halben Million Euro.

Etwas vorsichtiger präsentiert sich der von der KMU Forschung Austria für die Bank Austria erstellte Ausblick. Der Optimismus sei durchaus noch verhalten; in der Bauwirtschaft, im Verkehrssektor und im Tourismus wollen viele Betriebe ihre Investitionen 2011 und 2012 sogar zurückschrauben. Vier von zehn KMU schreiben Verluste, Ein-Personen-Unternehmen und Kleinstbetriebe sind am stärksten betroffen. Von den 300.000 Unternehmen bis 250 Mitarbeiter schrieben 2008/09 rund 43 Prozent rote Zahlen. Laut Bank Austria-Vorstand Rainer Hauser herrscht vielfach noch »Ziel- und Planlosigkeit«. 52 Prozent der Firmenchefs verfügen über keinen Businessplan, die Hälfte davon agiert nicht nach definierten unternehmerischen Zielsetzungen.

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