Agile IT-Vertragsgestaltung und Scrum
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Dieser Artikel behandelt rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit Scrum. Ein Expertenkommentar von Rechtsanwalt Tobias Tretzmüller.
Die agile Programmierung von Software entwickelt sich immer mehr zum Standard und löst die Wasserfall-Methode ab. Gerichtliche Entscheidungen dazu liegen – mit einer Ausnahme – bislang nicht vor. Umso wichtiger wird die Vertragsgestaltung bei Scrum-Projekten. Diese Verträge dürfen das Projekt nicht unnötig verkomplizieren, sondern müssen wie Leitplanken korrigierend eingreifen.
Scrum ist gekennzeichnet durch unterschiedliche Rollen und Artifakte: Der Product Owner managt das Product Backlog. Das Entwicklungsteam arbeitet in Sprints. Der Scrum-Master delegiert den Scrum-Prozess. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollten diese Begriffe einheitlich definiert werden.
Wer trägt die Projektverantwortung?
Je nachdem wie intensiv der Auftraggeber in den Scrum-Prozess involviert ist, stellt sich die Frage der Projektverantwortung. Ist klar, dass der Auftragnehmer das Softwareprodukt nach den Vorgaben des Auftraggebers in eigener Verantwortung umsetzen soll, liegt diese beim Auftragnehmer. Weniger klar ist dies jedoch, wenn sich der Auftraggeber auch intensiv in den Entwicklungsprozess einbringt – was grundsätzlich zu begrüßen ist.
So kann es durchaus sein, dass sich Arbeitnehmer des Auftraggebers am Entwicklerteam beteiligen. In derartigen Fällen ist es möglich, dass die Vertragsparteien – auch unbewusst – eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes bilden. Auch Fragen der Miturheberschaft sollten rechtzeitig geregelt werden. Natürlich stellt sich dann auch die Frage, wer verantwortlich ist, wenn das Projekt aus dem Ruder läuft.
Arbeitsrechtliche Aspekte
Wenn der Auftraggeber eine Weisungsbefugnis über die Mitarbeiter des Auftragnehmers verfügt, entsteht die »Gefahr« einer Arbeitsüberlassung. Dies kann negative – auch sozialversicherungsrechtliche – Konsequenzen mit sich bringen. Demnach müssen auch arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte genau beachtet werden.
Werkvertrag oder Dienstvertrag?
Bei Scrum stellt sich die Frage, ob das Geschäftsverhältnis als Dienstvertrag oder Werkvertrag zu qualifizieren ist. Während bei einem Dienstvertrag ein »bloßes Bemühen« geschuldet ist, steht dem Auftragnehmer beim Werkvertrag das Werkentgelt nur bei einem entsprechenden »Erfolg« zu. Wesentlicher Anknüpfungspunkt bei der Einschätzung dieser Frage ist, ob eine Gesamtabnahme vereinbart ist. Dies würde stark für einen Werkvertrag sprechen. Auch die Vereinbarung von Pauschalpreisen wäre ein Argument für einen Werkvertrag.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die vertragliche Begleitung agiler Softwareprojekte erfordert ein besonders sorgfältiges Vorgehen. Es gilt zivilrechtliche, arbeitsrechtliche, organisatorische und – sehr wichtig – urheberrechtliche Aspekte genau abzuwägen. Wichtig ist, dass der Vertrag zum Projekterfolg beiträgt und das Projekt nicht unnötig verkompliziert wird.