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Katalysator statt Diktator

Linux-Experte Martin Percival ist Senior Solutions Architect bei Red Hat. Linux-Experte Martin Percival ist Senior Solutions Architect bei Red Hat. Foto: Red Hat

Im August 2016 feierte das Open-Source-Betriebssystem Linux seinen 25. Geburtstag. Martin Percival, Senior Solutions Architect bei Red Hat, verrät im Interview, welche Entwicklungen und Neuerungen Linux in den letzten 25 Jahren hervorgebracht hat - und wie es mit dem Pinguin weitergeht.

Report: Welche Entwicklungen und Innovationen hat Linux in den letzten 25 Jahren möglich gemacht?

Martin Percival: Linux hat sich zu einem leistungsstarken Treiber in unserem täglichen Leben entwickelt. Fast jedes Gerät um uns herum läuft unter Linux, von Telefonen über Supercomputer bis hin zu Fernsehern und sogar IoT-Systemen. Denken Sie an einen intelligenten Kühlschrank mit Displays, die Informationen wie Temperatur oder Uhrzeit anzeigen, oder Verkehrskontrollsysteme. Das sind nur ein Paar Beispiele von gewöhnlichen Linux-basierten Objekten.

In meinen Augen ist die signifikanteste Innovation, die Linux möglich gemacht hat, die Cloud. Vor Linux waren die Unternehmen auf Hardware von Unix-Anbietern angewiesen, um die notwendige Rechenleistung zu erreichen. Dieses Bundling von Hardware und Betriebssystem war teuer, weil jeder Hersteller beide in seiner spezifischen – und sehr profitablen – Art untrennbar miteinander verknüpft hat. Es ist schwierig sich vorzustellen, wie unser heutiges Cloud Computing auf dieser Basis jemals hätte starten können. Die Kosten für ein Rechenzentrum in der Cloud wären exorbitant gewesen.

Das Schöne an Linux war, dass es von Anfang an auf normaler Hardware lief und dem Anwender die Leistung immer besserer Prozessoren zur Verfügung stellte, und zwar ohne das einschränkende proprietäre Modell. Das hat es Unternehmen ermöglicht, mehr Rechner bei geringeren Kosten zu installieren und dadurch die Welt des heutigen Cloud Computings zu antizipieren. Unzählige Linux-Server stellen dort das Computer-Rückrat unseres Lebens dar.

Mittlerweise wird Linux nicht mehr nur als Betriebssystem angesehen, sondern als Fundament für Dienste wie OpenStack oder Container-Runtimes wie die Red Hat OpenShift Container Platform.

Report: Wie hat Red Hat Linux bei Unternehmen populär gemacht?

Percival: Red Hat hat schon sehr früh erkannt, dass die Unternehmenswelt den gleichen Support und die gleichen Garantien für Linux-Systeme brauchen würde wie von anderen Serversoftware-Anbietern auch. Enterprise-Software benötigt üblicherweise eine größere Gruppe von Mitarbeitern zur Weiterentwicklung. Das ist natürlich etwas anderes, als eine einzelne Open-Source-Software zu nutzen und zu supporten. Unternehmen brauchen daher ein Unternehmen wie Red Hat, um diese Komplexität in den Griff zu bekommen und ihren eigenen Kundennutzen auf einer soliden Basis entwickeln können.

Zeitgleich zum Aufbau eines solchen Business-Modells hat Red Hat das Prinzip verinnerlicht, mit Communities zusammen zu arbeiten, um eine Software zu kreieren, die wir am Ende härten und als unsere eigene Enterprise-Version veröffentlichen. Diese Idee, ein Katalysator, und nicht ein Diktator zu sein, passt hervorragend zur Open-Source-Gemeinde und erlaubt uns auch, die besten Talente der Open-Source-Welt anzuziehen.

Report: Was ist der nächste Schritt bei Linux?

Percival:
Ich glaube, Linux wird weiterhin die Innovation in der IT anführen und dazu beitragen, weitere und größere Veränderungen zu vollbringen, genau so, wie es schon seit 1991 geschehen ist.

Die Zukunft von Linux ist vermutlich mit unserem Lifestyle eng verbunden. Heute ist unser Leben stark durch Social Media beeinflusst, und alles ist öffentlich verfügbar. Die Grundlage dafür ist das Internet und die Informationen, die wir teilen; dieses Teilen ist in den meisten Fällen nur durch Linux-Betriebssysteme möglich.

Die Open-Source-Gemeinde nimmt sehr früh neue Wege des Denkens an und ist sehr effizient dabei, Software entsprechend zu verändern. Weil freiwillige Mitglieder diesen Code erstellen, entwickelt sich Linux auch beständig als Betriebssystem weiter, unterstützt neue Hardware und neue Arbeitsformen, die es vor 25 Jahren noch nicht gegeben hat.

In vielfältiger Weise ist Linux das ultimative, anpassbare Wesen, das Funktionen stets an neue Anforderungen anpasst. Linux hat beachtliche Innovationen in der IT ermöglicht, und viele weitere Hardware-Fortschritte werden dadurch entstehen, vor allem mit dem Aufkommen von IoT und des Cloud Computings. Viele IT-Herausforderungen werden zweifellos in der Business-Welt auftauchen. Die Community wird sie weiterhin aufgreifen, um sich diesen Änderungen anzupassen und IT einfacher, sicherer und besser zu machen.

Report: Wie kann Open Source die digitale Transformation und neue aufkommende Technologien, die für Unternehmen essenziell sind, untersützen?

Percival:
Entwicklungen bei Cloud, Big Data, Analytics, Social Media und mobilen Technologien passieren alle sehr schnell, weil die darunterliegende Technologie schnell voranschreitet. Das passiert deshalb, weil vieles davon auf Open Source basiert und gemeinsam von unterschiedlichen Communities und Unternehmen entwickelt wird.

Die Cloud basiert größtenteils auf Linux und Open-Source-Technologien; in der Folge ist Open Source eine zentrale Antriebskraft bei diesen Veränderungen und den schnellen Innovationszyklen.

Dies spiegelt wieder, was Open Source bereits hat und bereits kann: die Standardisierung proprietärer Technologien wie beispielsweise alter Unix-Systeme und Virtualisierungssoftware, die Verdrängung proprietärer Betriebssysteme durch Linux oder das Aufkommen von Intel-x86-basierenden Standard-Servern. Die zunehmende Nutzung von Open Source hat wiederum die Kernprinzipien und Ideen von Open Source auf breiter Front bekannt gemacht, auch dadurch wurde die Innovation in der Cloud und bei Technologien rund um die Digitale Transformation vorangetrieben.

Diese Entwicklung sollte jedes Unternehmen beachten. Standardisierung basierend auf Open-Source-Modellen statt auf proprietären Lösungen kann die neue mit der alten Legacy-Welt elegant verbinden. 

Report: Welche Vorurteile existieren gegenüber Linux-Lösungen, und was antworten sie darauf?

Percival: Vorurteile gegenüber Linux sind weitgehend verschwunden, seit in Systemen mit den strengsten Sicherheits-, Belastbarkeits- und Skalierbarkeits-Anforderungen dessen Leistungsfähigkeit immer wieder bewiesen wurde. Das im Kern von Red Hat Enterprise Linux befindliche SELinux wird von den privaten und öffentlichen Organisationen mit den strengsten Sicherheitsanforderungen genutzt, die ein extremes Vertrauen in ihr Betriebssystem haben müssen.

SELinux ist nicht nur ein Sicherheitskern; auch die Open-Source-Natur von Linux hat sichergestellt, dass sämtliche verbleibenden Lücken im Code schnell entdeckt und behoben wurden. Während Teile dieses Codes oft exakt gleich in geschlossener, proprietärer Software eingesetzt wird, ist es deutlich schwieriger, dort Fehler zu entdecken und zu patchen, ohne die Nutzungsbedingungen dieser Hersteller zu brechen.

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