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Warum IT-Jobs glücklich machen

Bernhard Grubelnig ist Senior Director bei EMC Österreich. Bernhard Grubelnig ist Senior Director bei EMC Österreich. Foto: EMC

Bernhard Grubelnig, Senior Director EMC, in einem Kommentar über eine Branche, die "forever young" hält und in der Unternehmen mit "positivem Druck" auch über lange Zeiträume motivieren können.

Unter den Top zehn der europäischen “Great Place to Work” Studie 2014 sind nicht weniger als fünf Unternehmen aus der Informationstechnologie-Branche. Darunter die Top zwei. Die Sparte der Technologieunternehmen hat aber nicht immer so gut abgeschnitten. Besonders amerikanischen Firmen hat man immer wieder vorgeworfen, wenig Rücksicht auf ihre Mitarbeiter zu nehmen und grundsätzlich Umsatzwachstum in den Vordergrund zu stellen. Nach fast 20 Jahren in amerikanischen IT-Konzernen ist es an der Zeit für mich, Klartext zu sprechen: Über Kulturschocks, die Frauenquote, lebenslanges Lernen und warum wir junge UND ältere Arbeitnehmer schätzen.

Der Kulturschock hätte größer nicht sein können: Im Jahr 1997 habe ich bei einem traditionellen, rein österreichischen Unternehmen (einer Bank) in Wien gekündigt und bin in die Filiale eines amerikanischen IT-Konzerns nach Dublin, Irland übersiedelt. Im Alter von 21 Jahren hat sich für mich eine neue Welt aufgetan:

Beim kleinen, aber feinen rot-weiß-roten Finanzunternehmen war es an der Tagesordnung, dass Abteilungsleiter und Direktoren ihre E-Mails am Bildschirm nicht lesen wollten und von ihren Assistentinnen (Binnen-I erübrigt sich in diesem Fall) verlangten, jedes einzelne Mail auszudrucken und in Form einer Mappe vorzulegen.

Da wehte auf der grünen Insel im Westen Europas ein anderer Wind: Breitbandinternet an jedem Arbeitsplatz, auch das Fax war „digital“ in Form von Software integriert und sogar Laptops hat es damals schon für die meisten Mitarbeiter gegeben. Dazu ein toll ausgestattetes Testlabor. Schließlich waren wir für den Server und Storage-Support für ganz Europa zuständig und hatten auch eine eigene Engineering Abteilung im Haus.

Für viele jüngere Leser mag das alles etwas komisch anmuten. Aber sogar Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts war ein Arbeitsplatz wie oben beschrieben wahrlich nicht „normal“.

Konzern oder Religionsgemeinschaft?

Was mich aber endgültig an den neuen Arbeitgeber „angefixt“ hat, war die Feier- und Anerkennungskultur.  Gleich in der ersten Woche gab es einen beachtlichen internen Event, bei dem jene Kollegen auf die große Bühne geholt worden sind, die bestimmte Zertifizierungen und Schulungen erfolgreich absolviert hatten. Live-Musik, nettes Buffet und T-Shirts inklusive.

Und in diesem Ton ging es weiter: Der Leistungsdruck war enorm, die Anerkennung und Incentives aber ebenso. Kritisch betrachtet hätte man fast „religiöse“ Züge in der Unternehmenskultur erkennen können. Dadurch entstand ein ungemein tolles Zusammenhörigkeitsgefühl. Kollegen und Kolleginnen arbeiteten gemeinsam für eine tolle Vision und wurden dementsprechend honoriert.

Jetzt – fast 20 Jahre später bin ich noch immer in der gleichen Branche. Die Zeiten haben sich geändert und Milch und Honig fließen deutlich sparsamer als in der „goldenen Zeit“. Und trotzdem: Darf man den diversen Umfragen und Rankings trauen, sind die Mitarbeiter in den IT-Jobs noch immer unter den glücklichsten der gesamten Arbeitswelt.

Hochleistungskultur erwünscht

Grundsätzlich muss man einmal mit dem Vorurteil aufräumen, dass (gut ausgebildete) Mitarbeiter eine „Hochleistungskultur“ nicht mögen. Im Gegenteil: Fast jeder misst sich gerne mit anderen, jeder ist stolz darauf ein (hoch)gestecktes Ziel erreicht zu haben oder ein Projekt erfolgreich abgeschlossen zu haben. Besonders im technischen Presales und Sales sind die Incentives gut und damit auch Motivation gross, die hochgesteckten Ziele zu erreichen und wenn möglich zu übertreffen.

Und dann gibt es natürlich die Fülle an Möglichkeiten für Mitarbeiter, die neueste Technologie hautnah zu erleben und deren Entwicklung mitzugestalten. Es vergeht keine Woche, wo selbst alteingesessene „Vollbluttechniker“ nicht von wahren Technologiesprüngen – im positiven Sinne – überrascht werden.

Das ist aber genau auch jene Umgebung, die für die neu auf den Arbeitsmarkt drängenden interessant ist. EMC hat zum Beispiel seit längerer Zeit ein eigenes Programm für Absolventen von technischen Schulen und Universitäten am Laufen, welches die nächste Generation sehr professionell an das „wirkliche“ Arbeitsleben heranführt: nach fast zwei Monaten Ausbildung in den USA mit verschiedenen Kollegen aus der ganzen Welt, ist es an der Zeit, im Heimatland mit älteren Kollegen
erste Projekte zu gestalten und abzuwickeln.

Eine perfekte Symbiose von Alt und Jung. Hier wird die Vision der stetigen Wissensweitergabe von erfahrenen Mitarbeitern an die neuen Techniker und Verkäufer Wirklichkeit.

Wer aber glaubt, dass das nur in eine Richtung – also Alt nach Jung – funktioniert, irrt gewaltig: Wir können so viele Arbeitsweisen und auch Weltanschauungen von den neuen Kollegen lernen, die sonst vielleicht spurlos an uns vorübergegangen wären.

Aber warum ist das so wichtig? Nun, ich wage zu behaupten, dass sich zurzeit fast keine andere Branche im selben gewaltigen Umbruch befindet, wie die IT-Branche. Von den allgegenwärtigen Veränderungen im Internet-Verhalten, bei Social Media Plattformen bis hin zur neuen Art IT zu konsumieren (sprich Cloud und Hybrid-Cloud Konzepte).

Für die jungen Mitarbeiter ist es völlig normal, mit jedem Gerät immer und überall mit dem Firmennetzwerk verbunden zu sein. Es ist gang und gäbe, dass Ressourcen in einem äußerst schnellen Zeitrahmen zur Verfügung gestellt werden müssen. Und: die Arbeitskräfte sind sehr mobil geworden. D.h. Loyalität zum Arbeitgeber ist zwar durchaus vorhanden, aber die Idee, dass jemand sein ganzes Leben für eine Firma arbeitet, ist nicht wirklich in den Köpfen der neuen Generation festgeschrieben.

Genau diese Herausforderungen sind es, vor denen aber auch unsere Kunden stehen. Wir können also diesen Wandel in der Arbeits- und Technologiewelt hautnah in unserem eigenen Unternehmen beobachten und dann Lösungen finden, die auch unseren Kunden zugutekommen.

Wenn wir von der Mobilität der Arbeitnehmer sprechen, dann müssen und dürfen wir aber auch von der Mobilität der Arbeit sprechen. Für viele Unternehmen in der Branche – auch für EMC – haben sich in den letzten Jahren und Jahrzenten Prozesse entwickelt, die es ermöglichen gewisse Arbeitsschritte „remote“ durchzuführen.

Man möchte meinen es geht hierbei vor allem um Kostenersparnis.  Ja – aber nur zu einem Teil! Um die besten Mitarbeiter anzuwerben und vor allem im Unternehmen zu halten, ist es wichtig, dass die Arbeitsabläufe ständig interessant gehalten werden. Wir können von den „high-potentials“ nicht erwarten, dass sie mit veralteten Systemen repetitive Arbeiten erledigen. Warum sollte ein gut bezahlter und hoch ausgebildeter Informatiker seine Zeit damit verbringen, Stücklisten für eine IT-Lösung in ein Excel-Sheet zu klopfen?

Dafür gibt es automatisierte Systeme und Abteilungen die dies viel Effizienter und besser machen können. Ich selbst bin unter anderem für eine große Abteilung in Kairo, Ägypten verantwortlich welche zum Beispiel Berechnungen für die Kapazitätsanforderungen neuer Storage Lösungen durchführt und den Ländern in der gesamten EMEA-Region zur Verfügung stellt. Aber auch hier vermeiden wir repetitive Tätigkeiten. Ganz im Gegenteil: Die Kollegen führen pro Quartal
zwischen 500 und 700 Berechnungen solcher Art durch und haben sich so eine unglaubliche Expertise entwickelt, die es uns ermöglicht kostengünstige und performante Systeme an unsere Kunden zu verkaufen.

Neben dem Effekt, dass damit unseren Technikern in den Länderorganisationen ausgesprochen gute Dienste erwiesen werden, hat sich EMC auch in Ägypten als einer der beliebtesten Arbeitgeber in Kairo entwickelt. Besonders tolles Faktum: Über 40 % der Mitarbeiter in Kairo sind weiblich – und das ganz ohne vorgeschriebene Quote. Damit ist die ägyptische Operation ein Vorreiter in Sachen „Frauen in die Technik“. Das macht stolz und ist Ansporn um ähnliches in Westeuropa zu erreichen.

Jungbrunnen ‚Lebenslanges Lernen‘

Die beschriebe Optimierung von Arbeitsabläufen und das „interessant halten“ des täglichen Jobs sind aber nur Teile eines „Great Place to Work“. Was immer wieder als Hauptmotivator für Kollegen in der IT-Branche genannt wird (neben Teamwork und dem guten direkten Vorgesetzten), ist die Chance lebenslang zu lernen.

Mittlerweile ist es so, dass der Hauptteil des Trainings nicht mehr in Kursen oder Klassenzimmern abgehalten wird, sondern vielmehr in Eigenregie mit dem Lesen von Blogs, dem Ansehen von Videos oder über Foren und User-Groups. Lernen wann ich will und wo ich will (ok, das ist jetzt gestohlen).

Das gibt Flexibilität – generiert aber auch einen gewissen Druck ständig „on-top“ zu bleiben. Es ist völlig normal, dass sich jemand auch mal am Abend hinsetzt und sich ein Video über die neueste Art von Softwareentwicklung in der Cloud ansieht. Die Branche ist riesig, Startups drängen beinahe täglich auf den Markt. Wer hier nicht ständig am Ball bleibt, kommt schnell unter die Räder und wird in spätestens ein bis zwei Jahren den Anschluss völlig verlieren und für den Arbeitsmarkt uninteressant werden.

Genau dieser (positive) Druck ist es aber, der uns alle jung hält. Der es uns ermöglicht, neue Lösungen zu bauen, denen man vor ein paar Jahren noch das Attribut „unmöglich“ gegeben hätte. Und wenn man dieses Unmögliche dann doch geschafft hat, ältere Arbeitnehmer gemeinsam mit den ganz jungen, gemeinsam mit den Kollegen auf einem anderen Kontinent und gemeinsam mit dem Kunden, dann beschert dies ein großes Glücksgefühl und motiviert für die nächste Herausforderung. Es hält uns „Forever Young“.

Last modified onMontag, 14 September 2015 16:49
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