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»Konjunkturelle Dellen treffen uns doppelt«

\"''UnsereWerner Knausz, Vorstand Altstoff Recycling Austria AG (ARA) im Interview mit Report(+)PLUS.

Er spricht über irregeleitete Mitbewerber, klassische Sommerlochthemen und unberechenbare Altstoffmärkte.

(+) plus: Man hat das Gefühl, der Wettbewerb am Altstoff- und Entsorgungsmarkt in Österreich wird härter. Übernahmegerüchte werden gestreut und einstweilige Verfügungen erwirkt. Wie bewerten Sie das aktuelle Marktgeschehen?
Werner Knausz: Generell ist es so, dass Wettbewerb den Markt belebt. Wir haben Respekt vor unseren Mitbewerbern, haben aber keine Angst. Wir sind seit vielen Jahren sehr gut aufgestellt, haben fähige Mitarbeiter und jede Menge Know-how. Wir bieten ein sehr gutes Service auf sehr hohem Niveau. Dazu bieten wir unseren Kunden laufend Tarifsenkungen. In so einem Markt Fuß zu fassen, ist nicht einfach. Das ist auch der Grund, warum unsere Mitbewerber von Zeit zu Zeit vom rechten Weg abkommen und Angebote beim Kunden legen, die sie dann nicht einhalten können. Es gibt Fälle, wo seit Jahren fleißig kassiert wird, aber noch nichts entsorgt wurde. Das stößt naturgemäß auf wenig Gegenliebe und führt dazu, dass die Kunden in absehbarer Zeit wieder zurückkehren. Unfair ist dabei vor allem die Tatsache, dass jemand kassiert, aber jemand anderer die Leistung erbringt, nämlich wir. Das ist natürlich für die ARA traurig, aber auch für die Kunden, die das Ganze bezahlen.  

(+) plus: Wie läuft das konkret ab?
Knausz: Das Problem ist das Prinzip der Produzentenverantwortung. Wenn Sie bei einem normalen Geschäftsvorgang fünf Kilo Obst bestellen, aber nur vier Kilo bekommen, dann bezahlen Sie auch nur vier Kilo. Bei der Produzentenverantwortung ist das anders, da gibt es diesen direkten Leistungsaustausch nicht. Da kann offensichtlich jahrelang kassiert werden, ohne eine Gegenleis­tung zu erbringen.

(+) plus: Wie wirkt sich der Wettbewerb auf die österreichischen Unternehmen aus?
Knausz: Unsere Mitbewerber behaupten, dass die Tarife der ARA deshalb sinken, weil sie am Markt sind. Tatsache ist, dass wir die Tarife seit 1995 um 60 % gesenkt haben – und da war von Wettbewerb noch lange keine Rede.   

(+) plus: Zumindest hat der Wettbewerb dazu geführt, dass plötzlich Übernahmegerüchte die Runde machten?
Knausz: Das war eine typische Sommerlochgeschichte. Wenn ein neuer Player den Markt betritt und dann Gerüchte streut, dass er den Branchenprimus kaufen will, um so für mehr Wettbewerb zu sorgen, ist das nur noch skurril. Denn damit gäbe es ja einen Anbieter weniger und somit weniger Wettbewerb.
 
(+) plus: Nach der Krise haben Sie seit Anfang 2011 halbjährlich die Preise gesenkt. Mit welcher Preisentwicklung ist 2013 zu rechnen?
Knausz: Im Zuge der Krise mussten wir die Tarife um 18 bis 20 % anheben. Mit den angesprochenen Anpassungen konnten wir die Tarife seit Anfang 2011 um durchschnittlich 23 % senken, also unter das Vorkrisenniveau. Wir haben heute die günstigsten Tarife aller Zeiten. Zu zukünftigen Entwicklungen äußere ich mich ungern, das ist schwer vorherzusagen. Was ich aber sicher sagen kann, ist, dass wir weiter sehr hart arbeiten werden und die internationalen Altstoffmärkte genau ins Visier nehmen, um für unsere Kunden die besten Konditionen zu bieten.  Das Problem ist, dass uns ein konjunktureller Abschwung immer doppelt trifft. Zum einen geht das Geschäft zurück, das ist bei vielen so, aber meistens brechen dann auch gleich noch die Altstoffmärkte ein.  Was ich aus heutiger Sicht ausschließen kann, sind Tarif­erhöhungen. Alles andere wird man im Laufe des Jahres sehen.

(+) plus: Wie steht es aktuell um die Nachfrage am Altstoffmarkt?
Knausz: Im Kunststoffbereich und im Metallbereich haben wir stabile Märkte auf einem vernünftigen Niveau. Wir haben nicht die überhitzte Situation aus dem Jahr 2008, und das ist gut so. Einzig bei Papier durchleben wir regelmäßig die Schweinezyklen. Da gab es alleine in diesem Jahr schon Schwankungen von 50 % und es ist schwierig zu sagen, in welche Richtung es weitergehen wird.

(+) plus: 2011 war für die ARA ein gutes Sammeljahr. Mit welchen Zahlen rechnen Sie für 2012?
Knausz: Das laufende Jahr sollten wir mit einem zumindest gleich guten, wenn nicht sogar besseren Ergebnis abschließen können. Wir haben im Bereich Papier und Metalle eine stagnierende bis minimal rückläufige Entwicklung. Das ist aber im Bereich der statistischen Unschärfe. Dafür gibt es im Kunststoff schöne Zuwächse in der Größenordnung von 2 bis 3 %. Deshalb sollten wir über alle Packstoffe ein leichtes Plus einfahren.

(+) plus: Der Bereich Metall ist zum zweiten Mal in Folge stagnierend bis leicht rückläufig. Worauf führen Sie das zurück?
Knausz: Das hat viele Ursachen. Die Haupt­ursache dürfte sein, dass die Industrie in regelmäßigen Abständen von Ferro-Metalldosen auf Aluminiumdosen wechselt oder umgekehrt. Derzeit geht der Trend wieder in Richtung Aluminium und das ist nun mal deutlich leichter. Daraus ergeben sich geringere Sammelmengen.  Diesen Effekt sieht man auch in anderen Bereichen. Jeder hat doch das subjektive Gefühl, dass die Verpackungen immer mehr werden. Das ist in Stückzahlen auch richtig. In Gewicht gemessen ist die Entwicklung aber seit 1991 eine rückläufige. Während das BIP um 40 % gewachsen ist, hat das Verpackungsvolumen um 5 % abgenommen. In anderen Worten: Die Wirtschaft lebt Abfallvermeidung.

(+) plus: Liegt das an der Verwendung anderer Verpackungsmaterialien oder der Weiterentwicklung der einzelnen Stoffe?
Knausz:  Das ist fast ausschließlich auf Innovation zurückzuführen. Und das ist auch logisch. Denn wenn man in der Entsorgung für Tonnen zahlen muss, dann wird man danach trachten, so wenig Tonnen wie möglich zu produzieren, und das geht über immer dünnere und immer leichtere Materialien.

(+) plus: Wo steht die heimische Abfall- und Entsorgungswirtschaft im internationalen Vergleich?
Knausz: Wenn man sich den gesamten Altstoff- und Recyclingmarkt in Europa ansieht, dann ist Österreich ganz vorne mit dabei. Wir sind fast jedes Jahr in den Top 3, meis­tens sind wir Zweiter hinter Belgien. Das hat einen einfachen Grund: Die Belgier lieben Bier. Und am liebsten trinken sie ihr Bier aus 0,33-Liter-Glasflaschen. Die sind so schwer, da kommen im Laufe eines Jahres enorme Mengen zusammen. Bezüglich der Sammeldisziplin der Bevölkerung liegt Österreich laut einer aktuellen EU-Studie gemeinsam mit Holland auf dem ersten Platz.

(+) plus:
Worauf führen Sie diese Sammelleidenschaft der Österreicher zurück?
Knausz:  Zum einen haben wir in Österreich sehr früh mit dem Sammeln von Altstoffen begonnen. Die Klassiker wie Glas oder Papier werden seit den 50er-Jahren gesammelt, Kunststoffverpackungen seit 1993. Zum anderen arbeitet die österreichische Wirtschaft über die ARA sehr gut mit den Kommunen zusammen. Wir streiten zwar wie die Rohrspatzen um das liebe Geld, arbeiten aber sehr gut zusammen. Das ist nicht überall so. In Deutschland sind die Zeitungen voll mit den Streitereien zwischen den Kommunen und der privaten Abfallwirtschaft. Die werfen sich, wo es nur geht, Knüppel zwischen die Beine. Dass dabei nur suboptimale Lösungen herauskommen können, ist offensichtlich.

(+) plus: Gemeinsam mit fünf weiteren Industriepartnern unterstützt die ARA das neue Christian Doppler Labor für »Anthropogene Ressourcen«. Welche Erwartungen haben Sie an diese Kooperation?
Knausz:  Urban Mining ist derzeit ein klassisches Modethema. Das liegt daran, dass die Europäische Union erkannt hat, dass wir 93 %
der Rohstoffe einführen müssen. Und davon kommen 70 % aus politisch instabilen Regionen. Wohin so eine Abhängigkeit führen kann, hat man beim Gas-Streit zwischen Russland und der Ukraine gesehen.
Deshalb hat die EU in der Abfallrahmenrichtlinie festgelegt, dass in Zukunft nicht mehr nur Verpackungen und Elektroaltgeräte recycelt werden müssen, sondern dass alles recycelt werden muss. Ab 2020 müssen 50 % aller Stoffe recycelt werden. Aber um zu wissen, wie viel 50 % sind, muss ich erst wissen, was 100 % sind. Das weiß derzeit aber niemand. Wir sind der Meinung, dass man sich neuen Herausforderungen im Leben erst einmal von der wissenschaftlichen Seite nähern sollte. Vor allem dann, wenn man noch ein paar Jahre Zeit hat. Deshalb unterstützen wir das Christian Doppler Labor, um zu wissen, worüber wir beim Thema Urban Mining überhaupt reden.

(+) plus: Was erwarten Sie von 2013?
Knausz: Ich rechne mit einer nicht allzu rosigen Konjunktur und leicht rückläufigen Altstoffmärkten. Außerdem beobachten wir derzeit sehr interessiert, welche Form die Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz schlussend­lich haben wird. Aus heutiger Sicht gehen wir davon aus, dass wir uns formal völlig neu aufstellen müssen und der bürokratische Aufwand enorm sein wird.

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