Neuzeit-Müll
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E-Waste – wieder eines dieser neudeutschen Worte. Nicht so neu ist das Produkt, das dahintersteckt: Elektronikabfall. 2009 fielen inklusive Gewerbemassen 75.562 Tonnen an, 2010 umfassten die Elektronikaltgeräte 74.255 Tonnen.
Karin LegatDie Palette dessen, was als E-Waste gelten darf, ist breit. »Großgeräte wie Waschmaschinen zählen ebenso zu E-Abfall wie Kühl-, Bildschirm- und Elektrokleingeräte«, erläutert Thomas Maier, Geschäftsführer der ERA Elektro Recycling Austria GmbH. »Der korrekte deutsche Ausdruck für EAGs ist Elektro- und Elektronikaltgeräte, die dazugehörende Verordnung heißt Elektroaltgeräte-Verordnung, EAG-VO«, ergänzt Elisabeth Giehser, Geschäftsführerin der Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle Austria, EAK.
Die Waste Electrical and Electronic Equipment Directive schreibt den Aufbau nationaler Rücknahmesysteme für elektrische und elektronische Geräte vor und steckt den Zeitrahmen für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht ab. Österreich hat die WEEE bereits 2005 in nationales Recht integriert und nimmt europaweit eine Spitzenposition ein. Im Jahr 2010, aktuellere Zahlen liegen nicht vor, wurden über 74.000 t Elektroaltgeräte gesammelt. »Dies entspricht etwa 9,09 Kilogramm je Einwohner. Das WEEE-Sammelziel liegt bei vier Kilo«, stellt Giehser fest.
Aus alt wird neu
Aus Elektroaltgeräten werden vor allem Eisen- und Nichteisenmetalle, Kunststoffe und Glas recycelt – daneben gibt es auch Spezialitäten wie das Ölbindemittelpulver, das aus dem Isolierschaum von Kühlgeräten gewonnen wird. EAK-Leiterin Giehser erklärt die Bearbeitung. »Zunächst erfolgt die Schadstoffentfrachtung, also das Entfernen von Kondensatoren, Quecksilberschaltern und schadstoffhaltigen Teilen wie Batterien. Bei Bildschirmgeräten fallen auch Cadmiumsulfid und Yttriumverbindungen an. Bei Kühlgeräten folgt die Absaugung des FCKW bzw. des VOC (Ölgemisch aus Kühlkreisläufen) und der Ausbau von Kompressoren. Shredder übernehmen schließlich die Zerkleinerung der Geräte, Magnetabscheider die Trennung der Eisenmetalle. Wirbelstromabscheider behandeln die Nichteisenmetalle, Schwimm-Sinkverfahren die Kunststoffe. Erst das MBA-Polymers-Verfahren der Kunststoffe ermöglicht es bei manchen Gerätekategorien, die von der EU geforderten Recyclingquoten zu erreichen«, informiert die EAK-Expertin. »Den fertigen Shredderschrott verkaufen wir an Stahlwerke in der ganzen Welt«, schildert Thomas Bauernfried, Qualitäts- und Umweltbeauftragter von der Müller-Guttenbrunn Gruppe aus Amstetten, das weitere Leben der Altmetalle.
Fit für Recycling
»Durch immer ausgereiftere Technologien und Verwertungsverfahren kann heute beinahe jeder Rohstoff recycelt werden«, weiß Bauernfried, dessen Arbeitgeber sich mit dem Recyclingpark Metran seit 1984 mit der industriellen Aufschließung und Trennung von Nichteisenfraktionen aus der Shredderaufbereitung befasst und eine der modernsten Metalltrennanlagen Europas betreibt. Durch Forschung und Entwicklung stehe die Branche niemals still. »Die Recyclingquote hängt natürlich stark von der Zusammensetzung der jeweiligen Geräteart ab. Gemäß Elektroaltgeräteverordnung sind je nach Sammelkategorie Quoten für die stoffliche Wiederverwendung und die Wiederverwertung zwischen 50 und 80 % des durchschnittlichen Gewichtes je Gerät definiert. Fortschritte im technologischen Bereich ermöglichen Quoten von über 90 %.« Brigitte Kranner, Geschäftsführerin des Wiener Unternehmens Altmetalle Kranner ergänzt: »Je höher der Preis für den jeweiligen Rohstoff aus der Primärgewinnung ist, desto eher rechnen sich Recycling und die Gewinnung eines Sekundärrohstoffes. Bei den Metallen war der Einsatz von Altmetall immer kostengünstiger als der Abbau von Erzen. Hier gibt es eine jahrhundertelange Tradition des Recycelns.« Giehser ergänzt: »Metallrecycling ist aus der modernen Kreislaufwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Es stellt einen grundlegenden Teil der Rohstoffversorgung dar. Die Akzeptanz ist voll gegeben. Recycelte Metalle werden in nahezu allen metallurgischen Prozessen verwendet.« Hier kommt die Kreislaufeigenschaft von Metallen voll zum Tragen.
»Metalle sind ohne Qualitätsverlust endlos wiederverwertbar. Das ist ihr großer Vorteil gegenüber Altpapier und Kunststoffen«, betont ERA-Experte Maier. Verunreinigungen der einzelnen Fraktionen, z.B. Kupfer in der Eisenfraktion, können durch verbesserte Verarbeitungsprozesse minimiert werden, etwa durch mehrstufige Lösungen bei der Aussortierung. Bereits heute ist der Anteil von recyceltem Metall am gesamten Metallmarkt erheblich. Die österreichischen Shredderbetriebe sprechen laut EAK von einer Recyclingquote bei Eisenmetallen von weltweit knapp unter 40 %. Bei Kupfer werden 12 % angenommen, bei Aluminium 25 %. »Es muss aber bedacht werden, dass die Rohstoffe vielfach noch in Gebäuden und Infrastruktureinrichtungen gebunden sind. Vor allem in den Schwellenländern ist durch das starke Wachstum in den letzten Jahrzehnten die Rücklaufquote noch nicht so hoch wie in den Industriestaaten«, bemerkt Giehser. Bei Stahl liegt die Rücklaufquote laut Brigitte Kranner in Europa bei einem Drittel, bei Kupfer laut ERA-Geschäftsführer Thomas Maier bei etwa 50 %, weltweit nur bei 25 %.
First- oder Secondhand
»Mit dem Einsatz von Altmetall verhält es sich wie mit Strom«, zeigt Kranner auf. »60 % der Energie werden in Österreich erneuerbar gewonnen, 6 bis 7 % kommen aus Atomkraftwerken. Wenn Sie den Lichtschalter aufdrehen, ist der Strom da. Sie können aber nicht sagen, woher er kommt.« Mit Metallen verhält es sich ähnlich. »Ob das Kupfer für das Kirchendach aus einer Mine in Chile stammt oder früher ein Heizungsrohr in der Hofburg war, ist nicht feststellbar.« EAK-Geschäftsführerin Elisabeth Giehser nennt aber doch einige Zielorte für Altmetalle. »Diese werden vor allem in Elektrostahlwerken benötigt, z.B. in der Marienhütte in Graz, den Elektro-Stahlwerken in Norditalien, aber auch bei der VOEST in Linz. Kupfer wiederum wird in den Montanwerken Brixlegg verarbeitet und in Deutschland verhüttet. Aluminium findet bei der AMAG in Ranshofen Verwendung und wird in Norditalien, Tschechien und der Slowakei bearbeitet.« E-Waste ist also definitiv für die Halde zu wertvoll: Er ist eine Ressource für Neues.
>> Verwertungsanlagen E-Waste:
- Elektrogroßgeräte: Loacker, TSG, Gratz, Müller-Guttenbrunn (Metran), Scholz, Kuttin
- Elektrokleingeräte: Müller-Guttenbrunn, EAR Höpperger, Salzburger Metall- und Kabelverwertungs- GmbH, Saubermacher AG, Schredderbetriebe wie Gratz
- Bildschirmgeräte: Saubermacher AG, Stena, Loacker, TSG, SMK, AVE Österreich GmbH sowie diverse Sozialprojekte
- Gasentladungslampen: bis 2011 v.a. Tyrolux Energie und Recycling GmbH, seit Jahresbeginn übernimmt die Saubermacher AG in Wien jährlich etwa 1.000 Tonnen
- Kühlgeräte: UFH RE-cycling GmbH, AVE Österreich GmbH
(Quelle EAK)