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Stockholm-Syndrom

\"DieWunderbare Welt des Web: Das Match der Smartphone-Giganten Apple und Google wird zum Glaubenskrieg der Fanboys. Android oder iPhone – zwei Philosophien mit unterschiedlichen Schönheitsfehlern.

Simmering gegen Kapfenberg, Coca-Cola gegen Pepsi, Windows gegen Mac – es gehört wohl zu den Konstanten des Lebens im Konsumismus, dass man sich persönlich mit seiner Produktwahl identifiziert und die Konkurrenz schlechtredet. Beim Identifikationsobjekt Nummer eins der letzten Jahre, dem Smartphone, fallen die Grenzziehungen recht eindeutig aus: Apple bezaubert seit dem iPod die ganze Welt mit seinen stylischen Gadgets und hat mit dem iPhone die Steilvorlage für die Konkurrenz aufgelegt. Lange Zeit ein exklusives Must-have, das von vielen öfter zum Angeben als zum Gebrauch hervorgekramt wurde, hat der weltweite Siegeszug des Apple-Smartphones aber ironischerweise zunächst einmal unbestritten einen subjektiven Schönheitsfehler zur Folge: Wenn jeder eins hat, schrumpft der Prestigegewinn entsprechend – und auch vom klassischen Apple-Werbe-Argument »Individualismus« müsste man sich längst verabschieden.

Doch es gibt auch handfestere Gründe für Skepsis gegenüber Apple. Die proprietäre Architektur, der eingeschränkte, von Apple strengstens kontrollierte Apps-Markt sowie gar nicht so wenige technische Kritikpunkte – etwa fehlendes Multitasking oder keine Möglichkeit zum Akkuwechsel – sorgen seit längerem für Kritik.

Allerdings nur von außen: Die Apple-Jünger selbst, so schlussfolgert eine Analyse des dänischen Marktforschungsinstituts Strand Consult, verteidigen auch die objektiven Mängel ihres Kultobjekts verbissen. Die boshafte Schlussfolgerung des Berichts spricht diesbezüglich gar vom Stockholm-Syndrom, einem Begriff aus der Psychologie, der die Sympathie von Geiseln für ihre Entführer beschreibt – der Täter wird zum verteidigten Identifikationsobjekt. Kein Wunder, dass diese freche Überspitzung zu Wutgeheul in der Welt der iPhone-Anhänger führte.

Android kommt
Und es folgte noch ein weiterer Schlag für Apples Ego: Das Time Magazine hat die Konkurrenz zum  »Gadget des Jahres« gewählt. Und die Konkurrenz heißt 2009 weder Symbian noch Windows Mobile, sondern: Android. Motorolas  »Droid«, auch in Europa unter dem Namen  »Mile­stone« seit November ein furioser Verkaufserfolg, setzt sich mit Version 2.0 des Google-Betriebssystems Android an die Spitze des renommierten Tech-Rankings. Und natürlich ist der Hauptfeind Apples iPhone, dem man durch emotionale Werbung offensiv begegnet:  Ein Werbespot von Verizon, dem US-Anbieter des Motorola-Smartphones, schmäht das iPhone als oberflächliches Fashion-Accessoire, dem die geballte Power und Ernsthaftigkeit des Droid gegenüberstehe. Du bist, was du kaufst – mit dem Droid gibt es zum ersten Mal eine ernstzunehmender iPhone-Alternative, die von ihren Fans ebenso emotional verteidigt wird.

Android und iPhone – zwei Konkurrenten, die perfekt aufeinander abgestimmt sind: Hier die offene Android-Architektur, da das streng behütete iPhone-Glashaus; hier die potenzielle Vielfalt an Endgeräten, da die kleine Auswahl an funktionierenden Einzelprodukten; hier die rohe Rechenkraft, da die coole Mischung aus Design und Usabi­lity. Der Neuheits-Bonus spricht für Android – iPhones hat man inzwischen schon bis zur Ermüdung bewundert –, doch die große Verbreitung von Apples Smartphone hat auch Vorteile: Bis der Android-Marktplatz so gefüllt ist wie jener Apples, wird es wohl noch einige Zeit dauern, auch wenn unweigerlich eine wahre Flut von Apps für Googles Betriebssystem auf die User zukommt.

Objektive Gründe für oder gegen jedes der Systeme gibt es also – aber zumeist wird die Diskussion weitaus emotionaler geführt. Vielleicht sollte man sich auf beiden Seiten eher davon verabschieden, den jeweils anderen zum  »Bösen« und die eigene Wahl zum  »Guten« zu stilisieren: Wie ernst es dem immer unheimlicher werdenden Datenkraken Google mit dem Schutz der auch durch Android immer schneller  hereinsprudelnden User-Daten ist, ist noch unklar. Für objektive Beobachter steht fest: Konkurrenz belebt das Geschäft – und wenn die Produkte dadurch immer besser werden, haben letztendlich alle etwas davon.

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