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Durchgängig im Netzwerk

Von Alfred Bankhamer

Vor einigen Jahren war es noch eine Sensation: Das Ethernet, also jene Netzwerktechnologie, die allgegenwärtig in der Welt der Daten- und mittlerweile Sprachkommunikation ist, machte sich startklar, um die Produktionshallen zu erobern. Ethernet ermöglicht eine Reihe von Protokollen und Kommunikationsformen, die nun für die speziellen Anforderungen an die Maschinensteuerung - wie Echtzeitfähigkeit - weiterentwickelt wurden. Ein Netz für alles. Das bedeutet Einsparungen. In den Fabrikshallen gewinnt aber nicht nur das verdrahtete Ethernet an Bedeutung. »Wireless LAN ist durchaus ein Trend in Produktionshallen«, sagt Thomas Hillmann, Marketing Manager bei COMNET. Der Lösungsanbieter für Netzwerke hat erst kürzlich den neuen Fertigungsstandort von Fronius in Sattledt »verdrahtet«. Das Werksmanagement erfolgt hier nun über WLAN. Gefordert waren laut Volker Lenzeder, CIO von Fronius, nicht nur perfekte Abläufe in der Fertigung und Logistik, die wirtschaftlich sind, sondern auch zukunftssichere IT-Systeme mit höchsten Sicherheitsstandards.

Das flächendeckende WLAN-Netz ermöglicht künftig neben der Kommunikation über mobile Endgeräte auch einen flexiblen Produktionsablauf. Dass hier Themen wie Verfügbarkeit und hohe Sicherheitsstandards gefordert sind, versteht sich. Die Industrie investiert deshalb nun kräftig in Lösungen, die eine sichere übertragung bis hin zu den Maschinen garantieren.

Ob verdrahtet oder drahtlos, Ethernet in der Produktion ermöglicht erstmals eine durchgängige Kommunikation auf allen Unternehmensebenen. Das administrative Netz mit den Verwaltungsfunktionen, die Komponenten des Prozessleitsystems und die Feldebene mit der direkten Anbindung an die Maschinen und Sensoren wachsen zusammen.

Bis vor kurzem gab es für die Feldbusebene zur Steuerung der Fertigungsmaschinen und Roboter nur herstellerspezifische Lösungen, denen man auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Seit vor ein paar Jahren das Industrial Ethernet seinen Siegeszug in den Fabrikhallen angetreten hat, lässt sich alles mit den weltweiten Standards Ethernet und TCP/IP steuern. »Wie Strom aus der Steckdose kommen nun die Daten aus dem Ethernet«, so Bernhard Bizjak, IT-Architekt bei IBM Software Group österreich.Infizierte Roboter. Freilich bringt das Industrial Ethernet nicht nur Vorteile wie etwa den direkten Zugriff auf Maschinendaten und Steuereinheiten übers Web, sondern zugleich hohe Sicherheitsanforderungen.

Nicht nur die absolut gesicherte, redundante Kommunikation zu den Steuereinheiten der Produktion muss klaglos funktionieren, sondern auch die Absicherung der nun weit verzweigten Kommunikationsnetze. Da nun mehr oder weniger der direkte Zugriff per Internet auf die Produktionsdaten bzw. gar die Steuerungseinheiten möglich ist, sind nun im bislang abgeschirmten Bereich Themen wie Viren, Würmer und Hacker aktuell. »Die Technik wird mobiler und es gibt viele Instrumente wie Verschlüsselungen oder Virenschutz, um sicher zu sein«, sagt Bizjak, »dadurch werden aber zugleich die Systeme komplexer und wiederum fehleranfälliger.« Um damit fertig zu werden, sind übergeordnete Managementsysteme gefragt.

Totale Vernetzung. Die großen Beschaffungs- und Partnerplattformen der Konzerne, die teils den direkten, gut abgesicherten Zugang auf hochvertrauliche Informationen wie etwa Konstruktionszeichnungen zulassen, haben schon den Weg zur totalen Vernetzung vorbereitet.

Nun kommt zunehmend der sensible Bereich der Produktion dazu. Dass hier selbst kleine Probleme auf der Maschinenebene katastrophale Auswirkungen haben können, versteht sich. Besonders sensible Bereiche werden deshalb weiterhin in eigenen, redundanten Netzwerkarchitekturen gesteuert.Die Ethernet-Netzwerkarchitektur entwickelt sich aber in der Industrie zum Standard. Ethernet nach dem Standard IEEE 802.3 bildet den einheitlichen Network Access Layer. über das IP-Protokoll (Internet Layer) und dem Tranport Layer (TCP/ UDP) können nun nicht nur Web, E-Mail und File-Downloads integriert werden, sondern auch Industrieapplikationen. Die Frage ist nur, was alles mit dieser durchgängigen, echtzeitfähigen Kommunikationsstruktur gemacht werden soll?

Neben der Kommunikationstiefe bis hin zu den Sensoren der Maschinen - ein Sensorsignal kann etwa sofort einen Wartungsauftrag an einen externen Dienstleister auslösen oder ein Auftrag eines Händlers die Maschinerie Logistik und Produktion in Bewegung setzen - bedarf es vor allem auch einer darüber liegenden Architektur, die alles vereint und steuert. Eine Menge intelligenter, rasch anpassbarer Programme leitet dann durch die neu installierten Prozesse.

Services statt Monolithen. Das Zauberwort dazu nennt sich in der IT-Welt SOA (Service-oriented architecture), die perfekt auf die neue, flexible Geschäftswelt abgestimmt sein soll. Im Gegensatz zu monolithischen Programmen, wie das einst stark verbreitete betriebswirtschaftliche Programm SAP R/3, beschreiten Konzerne wie IBM, SAP, Oracle und Co nun den auf Services orientierten Weg, der weniger als Technologie, sondern als Managementmethode verstanden werden kann.

Anstatt großer, komplexer Applikationen, die zu anderen Systemen über Hunderte Schnittstellen verbunden werden, steht nun ein Rahmenwerk zur Verfügung, das eine Vielzahl kleiner Serviceprogramme integriert. Die Geschäftslogik wandert von den zentralen mächtigen Applikationen zu den schlanken, rasch implementierbaren Webservices. Die Prozessarchitektur liegt in der für alle Programme und Diens­te offenen Plattformen. Und hier gesellen sich nun nicht nur Daten und Dienste aus dem Reich der Betriebswirtschaft und Logistik, sondern auch aus der Produktion bis zur Maschinenebene hinzu. Wenn erwünscht, kann nun alles über Webplattformen gesteuert werden. Die durchgängige Vernetzung macht Datenaustausch in Echtzeit in bislang unerreichten Tiefen möglich.

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