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Fit für die Zukunft

\"DurchLebenszykluskosten, Nachhaltigkeit, Bauteilaktivierung, Building Information Modeling – die Schlagworte der Branche haben sich verändert. Wie die Ausbildungsstätten auf die neuen Herausforderungen reagieren und wo es noch Aufholbedarf gibt.

Von Karin Legat

Die Entwicklung zur gesamthaften und nachhaltigen Betrachtungsweise von Bauwerken und die Integration sozioökonomischer Zusammenhänge ist nicht aufzuhalten«, ist Architekt Jakob Khayat, Direktor der größten Bautechnik-HTL Österreichs, der Camillo Sitte Lehranstalt, überzeugt. Die Wissenschaft gibt ihm recht. Laut der Expertenbefragung »Zukunft Bauen 2012« werden erneuerbare Energie, Bauteilaktivierung, energieeffiziente Planung, Wärmerückgewinnung und umfassende Gebäudesanierung als Herausforderungen an die Baubranche gesehen. Das verlangt in der Ausbildung nach einer Reform der Lehrpläne und einer neuen Herangehensweise. »Offenheit gegenüber Neuem ist entscheidend«, betont Baumeisterin Renate Scheidenberger.

Nachhaltigkeit als Gesamtkomplex
»In Zeiten knapper werdender Ressourcen gilt es, sich neben dem Energiesparen auch auf Nachhaltigkeit zu konzentrieren – in ökonomischer und ökologischer Sicht«, mahnt Harald Kopececk, Geschäftsführer der BAUAkademie Oberösterreich. »Leider hinkt der Nachhaltigkeitsaspekt dem Return on Investment hinterher. In der Ausbildung muss daher verstärkt Augenmerk auf dieses wichtige Thema gelenkt werden«, drängt er und verweist auf das Bauwirtschaftsstudium an der BAUAkademie OÖ, bei dem Berechnung und Erarbeitung der Lebenszykluskosten bereits fixer Bestandteil des Lehrplans sind, sowie auf die Managementausbildung im Rahmen des Lehrgangs MBA Bauwirtschaft. »Neben Führungskräften der Auftragnehmerseite diskutieren hier im Zuge des gemeinsamen Studiums auch Vertreter der Investoren bzw. der Kundenseite wie Architekten oder Bauträger über Nachhaltigkeit als Gesamtkomplex.«

Bildung intern …

»Wir sehen viele Weiterbildungsangebote in Richtung Nachhaltigkeit. In den meisten Fällen werden diese aber noch von disintegralen Konzepten und Lehrern getragen. Ein genereller Kulturwandel ist vonnöten, der in den Unternehmen wahrscheinlich top down passieren muss«, wertet Architekt Christoph Achammer, Univ.-Prof. am Lehrstuhl für Industriebau und interdisziplinäre Bauplanung der TU Wien und Vorstandsmitglied der IG Lebenszyklus Hochbau.
Ein positives Beispiel bildet die Delta Projektmanagement Gmbh aus Wels. »Hier wurden bereits mehrere Kurse im Bereich des nachhaltigen Bauens veranstaltet, wie z.B. der klima:aktiv-Lehrgang Energieeffiziente Gebäude: Beraten, Planen und Bauen«, zeigt Harald Kopececk auf. Auch in der Betonindustrie spielt Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle. »Wir sehen darin unser tägliches  Brot«, bestätigt Frank Huber, Geschäftsführer der Zement + Beton Handels- und WerbegesmbH. Das schlägt sich auch in der Ausbildung nieder. Seit Jahren arbeitet die Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, VÖZ, verstärkt am Thema Bauteilaktivierung. Dazu wurde gemeinsam mit der BAUAkademie Salzburg ein bauteilaktivierter Simulationsraum errichtet, mit dem über zwei Jahre wissenschaftlich gesicherte Daten über diese ökologisch nachhaltige und umweltschonende Formen des Heizens und Kühlens gesammelt werden. Geforscht wird auch an einer neuen, ökologisch optimierten Zementgeneration.

Die Strabag widmet sich mit einer eigenen Tochtergesellschaft, der TPA, dem Thema Qualitätssicherung. Eine der wesentlichsten Aufgaben ist es, im Rahmen von Schulungstätigkeiten Fachwissen, technisches Know-how sowie grundlegende und vertiefende Kenntnisse z.B. im Hoch- und Ingenieurbau zu vermitteln. Innovative Themen werden zusätzlich über interne Kanäle wie Intranet, Mitarbeitermagazin und Eigenpublikationen kommuniziert. Auch für die VÖZ ist Wissensvermittlung selbstverständlich. »Seit langem gestalten wir Lehrunterlagen für Schulen und Universitäten, für Weiterbildung und als Nachschlagewerk für Planer und Ausführende«, so Huber. Er verweist auch auf ein Expertenforum, das Ende Mai in Salzburg zum Thema Heizen und Kühlen stattfindet. Leichter als die Beton- hat es aus ökologischer Sicht die Holzindustrie. »Themen wie Nachhaltigkeit und LCA sind für uns prioritär und bilden Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten«, erklärt Claudius Kollmann, Geschäftsführer des Fachverbands der Holzindustrie Österreichs. »Neue Erkenntnisse fließen in die Lehrpläne unseres Ausbildungszentrums in Kuchl ein, das von der Fachschule bis zur FH auf allen Ausbildungsebenen tätig ist.«

… wie extern

»Neben dem Holztechnikum Kuchl bieten wir Schulungen mit zahlreichen anderen Ausbildungsinstitutionen«, ergänzt Kollmann. Kooperationen dieser Art finden sich in allen Branchen. Doris Link von der FH Campus Wien berichtet etwa von firmenspezifischen Fortbildungsprogrammen für Kunden wie Strabag, Porr und MA 34. »Die Palette reicht dabei von der 3-Stunden-Schulung bis zum 3-Semester-Lehrgang.« Inhouse-Lehrgänge ebenso wie 2-Tages-Seminare führt die Donau-Universität Krems durch. Eine Anlaufstelle findet die Bauwirtschaft auch in der Innovations- und Forschungsstelle der BAUAkademie Salzburg. Kaum Anfragen nach firmenspezifischen Seminaren erhält das IBO – Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH. Dafür werden seine ReferentInnen für Vorträge zu den unterschiedlichsten Settings an Universitäten und Fachhochschulen u.a. in Italien, Deutschland und ganz Österreich geladen. Daneben führt das IBO den Lehrgang für Ökologisches und energieeffizientes Bauen durch und organisiert den Kongress BauZ!.

Zeichen der Zeit

Für die Bundesinnung Bau haben weiterbildende Ausbildungsstätten die Zeichen der Zeit längst erkannt. »Das Weiterbildungsangebot in der Bauwirtschaft ist groß. Möglichkeiten dazu bieten unsere BAUAkademien, postgraduale Studien sowie unsere Kooperationen mit den Fachhochschul-Studiengängen in Graz, Wien, Spittal und Kufstein. Besonderes Augenmerk gilt natürlich der Baumeisterprüfung als höchster Stufe der Bautechnikerausbildung«, formuliert Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel und verweist explizit auf den Lehrgang LifeCycle Management Bau an der Donau-Universität Krems. Zukunftsweisende Bauvorhaben benötigen laut BI Bau professionelle Manager mit vernetztem technischen Fachwissen, sozialer Kompetenz und fundierten Management-Skills. Der neue Lehrgang LifeCycle Management Bau vermittelt genau diese gefragte Kombination aus Wissen, Fähigkeiten und Haltung. »An der FH Campus Wien finden sich Lebenszykluskosten, Nachhaltigkeit und Bauteilaktivierung etwa im Lehrplan des Masterstudienganges Nachhaltigkeit in der Bautechnik«, informiert Doris Link. »Zukunftsthemen wie Building Information Modeling werden im Masterlehrgang Technische Gebäudeausstattung behandelt. Wir sind laufend bemüht, unser Bildungsangebot zu erweitern, etwa mit der Fachrichtung Bau- und Sanierungstechnik für die Immobilienwirtschaft.« Wichtig dafür ist die richtige Auswahl der Vortragenden. »Unser Lehrpersonal bilden vorrangig leading professionals, die an vorderster Front der Praxis stehen. Das gibt uns die Flexibilität, für neue Themenschwerpunkte entsprechend gerüstet zu sein«, informiert Richard Sickinger, Leiter des Zentrums für Konzeptionelle Architektur an der Donau-Universität Krems. Mit Erfolg: Alleine der internationale Master-Lehrgang Future Building Solutions hat Teilnehmer aus 20 Nationen angezogen. Positiv ist auch die Splittung des Diplomstudiums Bauingenieurwesen/Baumanagement an der FH Campus Wien verlaufen. »Durch die Teilung in die Fachrichtungen Nachhaltigkeit in der Bautechnik und Bautechnische Abwicklung internationaler Großprojekte haben wir eine Spezifizierung erreicht, von der unsere StudentInnen deutlich profitieren«, so Link. Die Camillo Sitte überzeugt wiederum durch eine neue Lehrplangeneration. »Methodenvielfalt und Praxisnähe prägen den modernen Unterricht«, beschreibt Direktor Khayat. Blockveranstaltungen, Teamteaching, schülerzentrierte Unterrichtsformen, Expertenvorträge, Workshops und Exkursionen ergänzen den Fachunterricht und stärken die Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenz.

Bildung verlangt nach mehr

»Solange in Österreich bei Ausschreibungen das Billigstbieterprinzip herrscht und Nachhaltigkeit beim Kunden nicht im Vordergrund steht, wird der Bedarf für Weiterbildung zu Nachhaltigkeit bei Planern und Ausführern nicht sonderlich steigen«, nennt Kopececk das für ihn vordringlichste Problem im Bereich Bildung am Bau. »Derzeit haben wir in Österreich eine schwierige Situation: Das Geld für öffentliche Wohnbauten wird knapper, Qualitätsanforderungen steigen. Dabei muss nachhaltiges Bauen nicht immer teurer sein.« Jakob Khayat sieht v.a. Aufholbedarf bei den Lehrmaterialien. »Technische Innovationen in der Bautechnik finden nur langsam Eingang in die Unterrichtsmaterialien. Hier wünschen wir uns Initiativen von allen Stakeholdern.« Für Univ.-Prof. Achammer muss die Ausbildung an den Universitäten reformiert werden, die noch immer sehr branchenspezifisch organisiert ist. »Für die technische Gebäudeausrüstung etwa fehlt jegliche adäquate Grundausbildung.« Richard Sickinger sieht darüber hinaus zu wenig Zusammenhang zwischen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. »Das Thema Energieeffizienz muss schnellstens um die Punkte LCA, Ökobilanz, Lebenszykluskosten und Tageslichtoptimierung ergänzt werden.«

 

>> Lehrlingskampagne: BauDeineZukunft


Bauen ist nicht mehr verstaubt.
»Bauen ist green – ökologisch, nachhaltig, ressourcenschonend. Bauen ist blue – indem der Mensch und Bedürfnisse wieder in den Mittelpunkt rücken«, sagt Harald Kopececk von der BAUAkademie OÖ. Unter diesen Aspekten läuft seit 2003 die Lehrlingskampagne BauDeineZukunft. Die triale Ausbildung ist flächendeckend für die Bauberufe Maurer, Schalungsbauer und Tiefbauer eingeführt und soll junge Menschen für die Lehre am Bau begeistern. »Die Kampagne präsentiert den Maurer, Schalungsbauer und Tiefbauer als jenen Lehrberuf, der er ist: eine vielseitige, anspruchsvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit, die zudem sehr gut bezahlt ist«, erklärt Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel.

 

>> Im O-Ton:

Thomas Prigl, Koordinator der BAUAkademie Österreich: »Die Bauwirtschaft bietet engagierten, weiterbildungswilligen Menschen ein großes Betätigungsfeld mit vielen Entwicklungsmöglichkeiten. Die Lebenshaltung ›Lebenslanges Lernen‹ ist eine Grundvoraussetzung für eine Karriere am Bau, egal ob als Facharbeiter/in, Vorarbeiter/in, Polier/in, Bauleiter/in oder Baumeister/in. Einen guten Überblick über die Berufsbilder zeigt unsere Karriereleiter der BAUAkademie auf www.bauakademie.at. Der Frauenanteil in technischen Ausbildungen (HTL, TU, FH etc.) steigt seit ca. 15 Jahren kontinuierlich an. Damit sollte die reine Männerdomäne auch hier bald der Vergangenheit angehören – das ist zumindest meine Überzeugung und auch mein Wunsch. Glück Auf!«

 

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