Real Virtuality
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2016 ist das Jahr von VR: Die Ankunft der großen Virtual-Reality-Produkte bei den Konsumenten verspricht einige Revolutionen.
Die Idee ist alt, die Umsetzung brandneu: Als Konzept in der Science-Fiction der 1950er-Jahre beschrieben, sorgt das Buzzword »Virtual Reality« spätestens seit den späten 1980er-Jahren für Begeisterung bei zukunftszugewandten Technikfreunden. Das »Eintauchen« in dreidimensional dargestellte Computerwelten per »Datenhelm« schien manchen schon damals ganz nah – und rückte doch mit jedem weiteren Versuch, die Vision zu verwirklichen, in immer weitere Ferne.
2016, über ein Vierteljahrhundert später, ist es so weit: Dank mächtiger Hardware, gesunkenen Preisen und neuen Anwendungsgebieten soll VR in die Haushalte Einzug halten.
Es war die Computerspielindustrie, die letztlich für den erneuerten Drive gesorgt hat – wenn auch mit Anfangsschwierigkeiten. Denn es ist eigentlich einem einzigen Mann zu verdanken, dass die Technikvision aus der Vergangenheit letztendlich doch Realität wird. Als der US-amerikanische Hardware-Bastler Palmer Luckey 2012 mit seinem Prototypen eines VR-Headsets für Computerspiele auf der Crowdfunding-Plattform um finanzielle Unterstützung bat, wollte er nur eine Viertelmillion Dollar – letztendlich warfen fast 10.000 begeisterte hoffnungsfrohe Backer über 2,5 Millionen in den Hut.
Die Zukunft ist da – was nun?
Nun, vier Jahre und einige Prototypen später, ist es so weit: Ende März ist mit dem »Oculus Rift« das erste ausgereifte kommerzielle VR-Headset für jedermann um ca. 700 Euro zu haben. Und die Konkurrenz folgt auf dem Fuß: Mit dem »HTC Vive«, der »PlayStation VR«, dem »Samsung Gear«, der »Razer OSVR« und anderen Konkurrenten sollen heuer noch weitere Endgeräte für den Einstieg in virtuelle Welten sorgen. Neben dem Vorteil des Ersten am Markt hat Luckeys »Oculus« aber noch einen anderen Bonus: Schon 2014 hat sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg mit über zwei Milliarden Dollar ins Geschäft mit der Zukunft eingekauft. Und der Social-Media-Gigant hat dabei weit mehr als »nur« Spiele im Sinn.
Denn während die »Early Adopter« auch wegen des recht hohen Anschaffungspreises wohl eher ausschließlich begeisterte Videospieler mit dem nötigen Budget für ihr Hobby sein werden, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Technologie mit jeder Generation verbilligt und zugleich stärker werden wird. Das eröffnet Anwendungen weit über die Spielebranche hinaus – auch wenn diese seit Jahren ohnedies der finanzstärkste Entertainmentzweig ist, weit vor Film und Musik. Was etwa Luckey und Zuckerberg vorschwebt, klingt noch utopisch: Ein »Metaverse« genannter virtueller sozialer Raum soll künftig die logische Weiterentwicklung des »Facebook-Universums« darstellen. Wie genau dieser Zukunftsraum aussehen wird und wann er betreten werden kann, ist noch ungewiss – aber dafür haben inzwischen ganz andere Nischen schon handfestere Ideen, was mit der virtuellen Realität anzufangen sei.
VR für alle(s)
Allen voran der größte Technologietreiber überhaupt: Die Pornobranche sieht mit VR buchstäblich eine neue Dimension auf sich zukommen. Aber auch weniger schlüpfrige Branchen versprechen sich einiges: Videopräsenzlösungen, etwa für Konferenzen, werden durch VR völlig neue Möglichkeiten geboten, aber auch Journalismus, Beratungsdienstleistern, e-Learning und Wissensvermittlung, auch an Schulen, werden neue Horizonte eröffnet.
Sogar die Telemedizin dürfte durch die dreidimensionale Bewegungsfreiheit einen Riesenschritt nach vorn machen. Damit nicht genug: Auch die Bau- und Immobilienbranche verspricht sich von VR einen gewaltigen Fortschritt – so können etwa noch ungebaute Räume quasi in Lebensgröße besichtigt oder verfügbare Wohnungen virtuell besichtigt werden. Im virtuellen Tourismus sehen Visionäre eine völlig neue Branche heranwachsen. Auch wenn es oft ein Klischee sein mag – hier stimmt’s: Die Möglichkeiten sind fast endlos.
Bis zum aus »Star Trek« bekannten »Holodeck«, das das echte Leben täuschend real für alle Sinne simuliert, ist es noch ein weiter Weg – der erste Schritt ist aber getan. Übrigens: Wer zum Preis eines Mittagessens einmal in VR schnuppern will, sollte ein Auge auf »Google Cardboard« werfen. Die zum Minipreis erhältliche Pappendeckelbrille verwandelt jedes Smartphone in ein Fenster zur Virtual-Reality-Zukunft.