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Kündigungen haben hohen Preis

Entlassungen sparen auf Dauer keine Kosten. Die erhofften und vermeintlichen Einsparungen stellen sich bei näherer Betrachtung oft als teurer Luxus heraus. Ein Gastkommentar von Hermann Holzer-Söllner.

Auf Herausforderungen wie Shareholder Value, Globalisierung und Konkurrenzdruck im Euro-Land hat die Wirtschaft eine einhellige Antwort gefunden. »Die Personalkosten müssen runter«, schallte es in den Vorstandsetagen der Konzerne. Auch den Eigentümern heimischer mittelständischer Unternehmen rutscht dieser Satz mittlerweile leicht von den Lippen. Der Abbau von Mitarbeitern ist der am häufigsten gewählte Weg zur – vermeintlichen – Reduzierung der Personalkosten. Zugleich ist er meistens auch grundfalsch.

Gängiges Vorurteil
Es hat den Anschein, als ob die Entscheidung für die Reduzierung der Zahl der Arbeitsplätze nach dem Prinzip erfolgt, dass die Mehrheit Recht hat. Und die gängige Meinung darüber, wie Kostensenkungen zu bewerkstelligen sind, bezeichnet nun einmal Massenentlassungen als probates Mittel. Im einzelnen Unternehmen werden als Begründung für diesen Schritt oberflächliche und daher fragwürdige betriebswirtschaftliche Analysen herangezogen. In diesen Analysen werden immer nur jene Summen berücksichtigt, die im einzelnen Unternehmen als »Personalkosten« firmieren. Die gesamte Kosten- und Ertragsstruktur und die Auswirkung auf das Unternehmen werden fast immer außer Acht gelassen.

Folgenreiches Sparen
In diesem Versäumnis liegt der grundsätzliche Fehler. Die durch Kündigungen vermeintlich erzielten Einsparungen stellen sich bei näherer Betrachtung meist als teurer Luxus heraus. Das wird deutlich, wenn man die auf Kündigungen folgenden Ereignisse einmal näher betrachtet. Schematisch lässt sich das in etwa so nachvollziehen: In einem ersten Schritt führt die heute so moderne, exzessive Reduzierung der Belegschaften zu einer Verteilung der anfallenden Arbeit auf wenige Köpfe. Natürlich wird, wenn die Maßnahme durch vernünftige organisatorische Veränderungen begleitet wird, der ein oder andere administrative Wildwuchs beseitigt, der sich im Laufe der Jahre eingeschlichen hat. Die Führungsmannschaft des Unternehmens atmet erleichtert auf. Das Ziel ist erreicht. Die Einsparungen bei den Personalkosten werden auf Jahre hochgerechnet und heftig akklamiert. Der Aufwand für Sozialpläne und Golden Handshakes für die gefeuerten Mitarbeiter wird als einmalige Ausgabe in den Rauchfang geschrieben. Einige Zeit später sieht die Angelegenheit schon weniger rosig aus: Bestürzt stellt man fest, dass die Qualität dramatisch sinkt. Fehlermeldungen und Kundenbeschwerden häufen sich, vieles bleibt unerledigt. Weil es so nicht weitergehen kann, setzt das Management umgehend Maßnahmen zur Schadensbegrenzung. In hurtig einberufenen Krisensitzungen wird beschlossen, die fehlende Arbeitskapazität von außen – sei es über den Leiharbeitsmarkt oder über andere Formen befristeter Leistungsverträge – zuzukaufen.

Unter falscher Flagge
In der Statistik hinterlassen diese Maßnahmen keine dunklen Flecken, denn die Kosten temporärer Arbeitskraft werden anderen Kostenarten zugeschlagen. So hat das Unternehmen  im Ergebnis zwar seine Personalkosten reduziert, die Gesamtkosten aber deutlich erhöht. Zum beträchtlichen Aufwand für Sozialpläne und Golden Handshakes kommen verborgene Kosten, die durch Frustration, Verunsicherung und »innere« Emigration der verbleibenden Mitarbeiter entstehen, sowie der Aufwand für zugekaufte Dienstleistungen.
Die Unternehmen lügen sich also in die eigene Tasche. Die wenigsten bemühen sich um einen Lösungsansatz, der Vollkosten berücksichtigt und einen Beobachtungszeitraum von mehreren Geschäftsjahren einbezieht. Das ist umso unverständlicher, als Entscheidungen über Sachinvestitionen selbstverständlich auf Basis detaillierter Wirtschaftlichkeitsanalysen gefällt werden.
Von diesem Verantwortungsbewusstsein ist im Umgang mit den Human-Ressource-Investitionen wenig zu spüren. Dabei wäre gerade hier, beim wichtigsten Kapital, über das ein Unternehmen verfügt, mehr Offenheit und Ehrlichkeit angebracht. Die schlichte Betrachtung eng gefasster Begriffe wie Lohn- und Lohnnebenkosten kann für die qualitätsbezogene Beurteilung von Abläufen nicht ausreichend sein. Dazu kommt, dass der Personalabbau auch der Volkswirtschaft beträchtliche Kosten aufbürdet.

Arbeitslose: Alle zahlen
Den gekündigten Mitarbeitern fällt es zunehmend schwerer, neue Anstellungen zu finden. Abgesehen von den atmosphärischen Tributen, die eine Volkswirtschaft mit hohen Arbeitslosenraten zu leisten hat, lässt der exzessive Personalabbau natürlich auch den rein finanziellen Aufwand der Gesellschaft für alle Formen der Arbeitslosenunterstützung ins Unermessliche steigern. Für diesen Aufwand muss natürlich auch jemand aufkommen. Und das sind – erraten – wieder die Leistungsträger, denen mit einiger Verspätung die volle Rechnung für unsinnige Maßnahmen präsentiert wird.

Zur Person: Hermann Holzer-Söllner ist Geschäftsführer bei CSI, CommunicationSkills International, und Senior Consultant bei Neumann & Partners.

Last modified onDienstag, 11 Juni 2013 16:43
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