Daten und Corona: "Die Frage ist nicht ob, sondern wie" Featured
- Written by Redaktion
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Die Nutzung von Daten im Kampf gegen den Corona-Virus ist in aller Munde. Der Verein noyb von Datenschützer Max Schrems hat dazu Informationen zusammengestellt.
Einen generellen Konflikt zwischen dem Datenschutz (insbesondere der DSGVO) und der Nutzung von Daten im Kampf gegen eine Epidemie besteht – entgegen vielen ersten Berichten – nicht. Aussagen wie jene, dass der Datenschutz „zurückstehen“ muss (so etwa Bitcom-Chef Achim Berg) sind daher wohl eher einem falschen Verständnis der Rechtslage geschuldet, heißt es.
Max Schrems, ehrenamtlicher Vorsitzender von noyb: „Die DSGVO sieht die Datenverarbeitung im Kampf gegen Epidemien ausdrücklich vor. Der Datenschutz muss hier also nicht ‚zurückstehen‘, sondern einfach nur eingehalten werden.“ Die DSGVO legitimiert die Verarbeitung von Daten etwa für den Kampf gegen „grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren“ oder für die „Überwachung von Epidemien“. Die DSGVO hat jedoch auch Regeln, wie der Eingriff in die Grundrechte der Menschen auch beim Kampf gegen Corona auf ein Mindestmaß reduziert werden kann.
„Die Gesetze sehen die Datennutzung im Kampf gegen Corona vor, aber mit Maß und Ziel. Das Gesetz beschränkt die Nutzung von Daten auf das absolut Notwendige. Gemeinsam mit Konzepten wie ‚Privacy by Design‘ ist es möglich, dass man rechtlich saubere Apps und Systeme entwickelt, die beim Kampf gegen diese Epidemie helfen. Die Frage ist also nicht, ob das möglich ist, sondern wie man es ordentlich macht“, so Schrems.
Dabei gibt es viel Raum zwischen überbordender Totalüberwachung und der Sammlung und spezifischen Auswertung von ganz bestimmten wichtigen Informationen. Die Nutzung von Daten kann dabei grundrechtlich auch das „gelindere Mittel“ im Vergleich zu den aktuellen Ausgangsbeschränkungen darstellen. „Freiwillige Apps die zum Beispiel auf einem lokal gespeicherten und verschlüsselten Selbst-Tracking basieren, das nur im Falle eines positiven Tests ausgewertet wird, sind sicher machbar. Das entspricht dann eher dem eigenverantwortlichen Mitnehmen eines Lawinen-Piepsers als einer zentralen Totalüberwachung.“
Um Projekte bei der Umsetzung von datenschutzkonformen Lösungen zu unterstützen, hat noyb ein ad hoc Paper zu Contact Tracing Apps (Link) veröffentlicht.
Vertrauen ist notwendig für den Erfolg
Menschen müssen Technik im Kampf gegen Corona vertrauen können, damit genug Menschen mitmachen. Dies kann etwa durch Maßnehmen wie eine gute Verschlüsselung der Daten, der Speicherung von Daten im Machtbereich des Nutzers und die Offenlegung des Quellcodes („Open Source“) erreicht werden. Schrems: „Diese Ansätze funktionieren nur, wenn es in großer Teil der Gesellschaft mitmacht. Dafür brauchen wir Systeme die die Daten beim Nutzer belassen und von außen überprüfbar sind. Wenn das ordentlich gemacht wird, kann man solche Systeme durchaus empfehlen.“
Verwunderlich sei aktuell vor allem der unbeirrte Technikglaube in manchen Aussagen. So sind komplexere Anwendungen, wie das "Contact Tracing" nach einer Infektion nicht ohne hoch spezifische Daten machbar. Vorschläge, wie beispielsweise die Ansteckungsgefahr zwischen zwei Personen anhand von Mobilfunkdaten zu berechnen, sind wohl eher Wünsche als technisch realistisch.
Horst Kapfenberger, Informatiker bei noyb: „Die Positionsdaten der Mobilfunkprovider sind aufgrund ihrer Ungenauigkeit etwa für die Ermittlung von möglichen Ansteckungen absolut ungeeignet. Wir können mit ungenauen Basisdaten keine aussagekräftigen Modelle bauen.“
Hinzu kommen weiterhin bestehende Unklarheiten zur Verbreitung des Corona-Virus. Es gibt derzeit verschiedene und oft sehr vage Informationen zu den Verbreitungswegen und Zeitabläufen des Virus. Je unklarer Parameter rund um die Verbreitung des Virus sind, desto weniger genau können spezifische Risikokontakte, mittels technischer Lösungen, errechnet werden.
Es bestehe die Gefahr, dass die NutzerInnen in einer Lawine von irrelevanten Warnungen und Informationen untergehen („Information Overload“). Es ist daher wichtig vorab zu klären, welche Daten in welcher Qualität für ein gewisses Ziel realistisch zu erhalten sind. Max Schrems: „Hier geht es nicht darum, dass ein System eine interessante Werbung errät, sondern um die Gesundheit der Bevölkerung. Wir brauchen daher spezifische, genaue und richtige Informationen. Für eine Statistik reichen oft grobe und anonyme Daten. Für Versuche Infektionsketten aufzuzeichnen braucht man allerdings hoch genaue Daten, die man lokal und verschlüsselt bei den Usern speichern kann.“