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Viele Lücken und Mängel

 


Sechs Jahre nach Einführung des Emissionshandelssystems überwiegen heute die Schwachpunkte.

Statt den Umstieg auf kohlenstoffärmere Energieträger zu fördern, werden die Zertifikate teurer und die Zuteilung von Gratiszertifikaten eingeschränkt.

Im Kampf gegen den Klimawandel hat sich die Europäische Union für die Einführung eines Emissionshandelssystems entschieden und dies stets als den effizientesten und kostengünstigsten Weg angepriesen. Das Ziel der Verringerung von klimaschädlichen Treibhausgasemissionen sollte durch die Festlegung von degradierenden Emissionsobergrenzen und den sicheren Handel von erlaubten Emissionen unter fairen Bedingungen für die Teilnehmer erreicht werden. Sechs Jahre nach der Einführung des Emissionshandels sind dessen Schwachstellen und Lücken in den Vordergrund getreten und belegen nun, dass das derzeitige System den Herausforderungen nicht gewachsen ist. Mit den Einnahmen aus dem EU-weiten Emissionshandel wurden in Ländern der Dritten Welt Klimaschutzprojekte finanziert, die durch missbräuchliche Verwendung die Erzeugung zusätzlicher klimaschädigender Gase gezielt gefördert haben. Innerhalb Europas wurden Diebstähle von Zertifikaten und der grenzüberschreitende Mehrwertsteuerbetrug in etlichen Staaten bekannt. In Ungarn wurden bereits abgegebene Zertifikate erneut vermarktet und somit mehrfach recy­celt. Erst vor kurzem wurde das österreichische Handelsregister gemeinsam mit den Registern mehrerer anderer Länder erfolgreich von Hackern attackiert, die in ihrer Kaltblütigkeit sogar vor Bombendrohungen und Entführungsdrohungen nicht zurückschreckten.

Diesem Emissionshandelssystem mussten sich zahlreiche Unternehmen verpflichtend unterwerfen, ohne dabei irgendeine Art von Unterstützung zu erhalten. Die zahlreichen Sicherheitsmängel führen für diese Unternehmen nun zu noch strengeren Auflagen und bürokratischen Anforderungen, die mit dem normalen Personalaufwand nicht mehr zu bewältigen sind. Anstelle von Förderungen für die Betriebe zur Umstellung auf kohlenstoffärmere Energieträger wird ihnen der Gürtel über die Hand des Gesetzes immer enger geschnallt, indem die Anhebung des Preises für Emissionszertifikate kontinuierlich gepusht und parallel dazu die Zuteilung von Gratiszertifikaten mit fragwürdiger Strenge eingeschränkt wird. Ein Entrinnen aus dem Emissionshandelssystem ist trotz theoretisch vorgesehener Möglichkeiten für kleinere Anlagen in der Praxis mit noch größeren Nachteilen verbunden. Unabhängig davon wird die Diskussion zur Erhöhung des unilateralen Emissionsreduktionsziels permanent vor­angetrieben, obwohl sich die Europäische Kommission mit ihrem Wunsch nach 30 Prozent CO2-Verringerung mittlerweile alleine auf weiter Flur befindet.

Die Vorbehalte der Betriebe zum Emissionshandel haben sich durch all diese Missstände und Ereignisse  vergrößert und machen klarer denn je, dass das derzeitige System dringenden Verbesserungsbedarf aufweist, der nicht auf Kosten der Industrie kompensiert werden darf. Der Europäischen Union muss endlich einmal klar werden, dass die großen Unsicherheiten und Schwachstellen im Emissionshandel und die gewaltsamen Vorgaben für die Industrie vernichtend sind und der Emissionshandel ohne ein internationales Klimaschutzabkommen seine Ziele klar verfehlt.



> Dr. Carl Hennrich ist Geschäftsführer des Fachverbands der Stein- und keramischen Industrie.

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