»Auf dem Weg, zu prägen«
- Written by Redaktion_Report
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Georg Obermeier, Geschäftsführer von T-Systems, im Interview. Mit Report (+) PLUS spricht er über Bedürfnisse von Unternehmen in der Krise und den Trend zu Cloud Computing.
Von Martin Szelgrad
Georg Obermeier: Für T-Systems ist das Jahr 2010 sehr gut gelaufen, es wird voraussichtlich als bestes Jahr in unsere zehnjährigen Unternehmensgeschichte in Österreich eingehen. Wir sind gut durch den wirtschaftlichen Abschwung gekommen und konnten bei allen wesentlichen Parametern zulegen. Wir spüren bei unseren Kunden einen leichten Aufwärtstrend, dennoch müssen wir heuer weiterhin mit Bedacht handeln.
(+) plus: Was ist der Grund für dieses Ergebnis? Aufgrund der Krise wurden in den vergangenen zwei Jahren doch massiv IT-Budgets eingefroren und Projekte aufgeschoben.
Obermeier: Im Projektbereich merken wir die Zeit des wirtschaftlichen Abschwungs immer noch. Speziell bei der öffentlichen Hand ist die Bereitschaft zu Investitionen deutlich zurückgegangen. Auf der anderen Seite konnten wir eine starke Zunahme bei der Auslagerung von IT-Services am Höhepunkt der Wirtschaftskrise vor rund zwölf Monaten verzeichnen. Gerade in Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs investieren Unternehmen stärker in das Auslagern von IT-Service. Wir sind mit dem Geschäftsverlauf sehr zufrieden. Dies hat vor allem mit unserem Serviceangebot zu tun. Die Unternehmen sind zunehmend bereit, IT-Services mittels Cloud Computing über die Datenleitung zu beziehen – heutige Breitbandinfrastrukturen ermöglichen dieses Modell. Es müssen also nicht mehr jeder Server und jede Applikation im eigenen Haus betrieben werden. Dienstleistungen und Applikationen werden flexibel aus der Steckdose bezogen. Diese Einfachheit ist für viele verlockend und dieser Trend wird sich noch verstärken. Wieso sollte ein Unternehmen alles selbst kaufen und Investitionen tätigen, wenn IT-Ressourcen günstig und professionell als Dienstleistung bezogen werden können? Gerade in konjunkturell schlechten Zeiten dreht sich alles um Liquidität und die Frage, ob Kapital in den Kernbereichen eines Unternehmens eingesetzt wird – oder ob immer noch in Betriebsmittel investiert wird, die von IKT-Dienstleistern wie T-Systems günstig und flexibel gemietet werden können.
(+) plus: Was ist denn an Cloud Computing tatsächlich neu? Wurde hier dem Konzept des Outsourcings nicht einfach nur ein neues Mascherl umgebunden?
Obermeier: Die IT-Landschaft hat sich in den letzten Jahren stark zu mobilen und flexiblen Diensten gewandelt. Dank schneller Mobilfunknetze werden nun Anwendungen, die früher ausschließlich auf dem Stand-PC im Büro liefen, auf mobile Endgeräte verlagert. Diese sogenannten Apps sind bereits zu Standarddienstleistungen geworden. Als größter SAP-Betreiber und auch Betreiber von Mail-Exchange-Services erwarten wir, dass es bei Cloud Computing verschiedene Ausprägungen geben wird – je nachdem, ob ein Unternehmen diese Services gekapselt in einer privaten Cloud, über öffentlich zugängliche Dienste oder in einer Hybridform beziehen will.
Der Trend zu Cloud Computing wird durch eine Standardisierung von IT-Services ermöglicht. Auch im privaten Bereich – denken Sie nur an Webmail oder Onlinebanking – gibt es diese Vereinheitlichung von Werkzeugen und Diensten bereits. Eine sinnvolle Standardisierung wird nun aber auch für Geschäftsanwendungen bei kleinen und mittleren Unternehmen betrieben. Softwarehersteller wie Microsoft und viele andere gehen sehr stark in diese Richtung. Dadurch werden in Zukunft neben IT-Infrastruktur, die schon seit Jahren an externe Dienstleister verlagert wird, auch IT-Services ausgelagert. Um effizient aufgestellt zu sein, werden viele Unternehmen gerade im Mittelstand auf standardisierte Produkte setzen. Denn die zur Lieferung dieser Services benötigte Arbeitszeit wird für das einzelne Unternehmen zu teuer. Die Kernanwendungen, die die Einzigartigkeit und den Geschäftserfolg eines Unternehmens ausmachen, werden dagegen sicher die letzten Bereiche sein, die ausgelagert werden. Aber selbst das wäre denkbar.
(+) plus: Gerade die Datensicherheit ist ein Riesenthema bei der Auslagerung von IT-Services. Bestehen Ihre Kunden auf die Speicherung der Daten in einem Rechenzentrum innerhalb der Landesgrenzen?
Obermeier: Wenn es gesetzliche Bestimmungen gibt oder dies eine Anforderung der Kunden ist, bleiben die Daten natürlich in unserem Rechenzentrum in Österreich gespeichert. Viele Unternehmen sind aber dezentral und über viele Länder verteilt aufgestellt – da werden unterschiedliche Services natürlich auch an verschiedenen Orten betrieben. Meist geht es darum, wo ein Mail- oder SAP-Service mit Skaleneffekten günstig und sicher betrieben werden kann. Dennoch können beispielsweise auch Daten und Anwendungen voneinander getrennt etwa innerhalb des europäischen Raums bedient werden. Es gibt nur ganz wenige Bereiche, die eine spezielle Speicherung in Österreich fordern – etwa wenn es um Gesundheitsdaten der Bürger oder im Bankenbereich um Gelder der Republik geht.
Es ist meines Erachtens nicht immer nötig, dass sämtliche Daten in Österreich gespeichert liegen. Ausschlaggebend ist ein zuverlässiger IT-Anbieter, der größten Wert auf Datenschutz und Sicherheit legt.
(+) plus: Bei der Affäre um die Whistleblower-Plattform WikiLeaks wurde offensichtlich, dass ein Cloudservice-Anbieter wie Amazon auch unter der Kuratel einer Politik aus Übersee steht. Ist dies ein Signal für europäische Unternehmen, sich bei IT-Auslagerungen besser auf einen Anbieter im eigenen Kulturkreis zu besinnen?
Obermeier: WikiLeaks ist nicht vergleichbar mit dem, was wir tun. Wir positionieren uns klar als ein europäisches Unternehmen mit Rechenzentrumsstandorten auf der ganzen Welt. Als IT-Dienstleister folgen wir unseren global aufgestellten Kunden. Natürlich gibt es immer wieder Unternehmen, die Daten nicht außer Landes geben. Ich glaube, dass die Europäer damit insgesamt etwas lockerer umgehen. Doch sind gespeicherte Daten in einem hochsicheren Rechenzentrum in der Regel sicherer aufbewahrt als im eigenen Unternehmen. Alleine in Sachen Gebäudesicherheit ist es für Außenstehende kaum möglich, in eines unserer Rechenzentren hineinzugelangen. Maßnahmen wie Besucheridentifikation, Videoüberwachung und andere Sicherheitsdienste sind sehr kostenintensiv und können nur bereitgestellt werden, wenn man mehreren Kunden ebendiese Services anbietet.
(+) plus: Noch einmal zu Cloud Computing: Wie einfach wird es für Kunden in Zukunft sein, Prozessorleistung, Server und Speicher provisioniert zu bekommen?
Obermeier: T-Systems bietet bereits dynamische Modelle für den Bezug von IT-Services. Die Kunden bezahlen nur das, was tatsächlich verbraucht wurde. Im Gegensatz zu früher müssen Unternehmen nicht mehr in IT-Landschaften investieren, die für Spitzenlasten wie für die Lohnverrechnung einmal im Monat ausgelegt sind. Flexible IT-Services, so einfach wie der Bezug von Strom aus der Steckdose, sind nun auf einem guten Weg, die IKT-Industrie nachhaltig zu prägen.
Wir arbeiten derzeit an einer Plattform, über die IT-Abteilungen in Unternehmen den einzelnen Firmenbereichen per Tastendruck IT-Ressourcen schnell und einfach zur Verfügung stellen und verteilen können. Standardisiert aufgesetzte Server, Storage und Hauptspeicher werden damit zu überschaubaren und transparenten Abrechnungseinheiten.