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Protestwahl

Protestwahl Foto: Thinkstock

Als Wutbürger bleiben in Zeiten wie ­diesen nur drastische Mittel, seinen Unmut zu demonstrieren.

Geht’s Ihnen wie mir? Mir reicht’s! Rundum nur Scheinheiligkeit, Inkompetenz, Korruption, Ahnungslosigkeit und Ignoranz! Die da oben, die den kleinen Mann auf der Straße nur durch die getönten Limousinenscheiben sehen, die Lügenpresse, die den ganzen Tag nur Propaganda schreibt! Alles Verbrecher! Das wird man ja wohl noch sagen dürfen! Und erst die unsägliche Atmosphäre von Gutmenschentum und verantwortungsloser Panikbeschwichtigung im Angesicht des Untergangs des Abendlandes! »Ruhe bewahren, Ruhe bewahren« – ICH KRIEG PANIK, WANN ICH WILL, JAWOHL! Aber mit mir nicht mehr, mein Lieber, oho, von mir gibt’s einen Denkzettel, und zwar nicht nur in der Wahlkabine, nein – ich befinde mich ab sofort im Zustand des Dauerprotests!

Können ruhig weitertun wie immer, die da oben! Werden schon sehen, was sie davon haben! Das hab ich schon als Kind so gemacht, jaha, wie nach diesem Zahnarztbesuch, wo sie mich hingezerrt haben gegen meinen Willen! Wie ich da als politischen Ausdruck meiner grundlegenden Ablehnung und Verweigerung z’Fleiß in der Nacht unter der Bettdecke das Stollwerk kiloweis gefuttert habe! NACH DEM ZÄHNEPUTZEN, haha! Immer rein in die Löcher! Ui, da hat er geschaut, der Herr Papa, wie er mich das nächster Mal wieder hingeschleppt hat, was da bei meinen Backenzähnen los war! DAS war ein Denkzettel! Süße Rache!  IST IHM GANZ RECHT GESCHEHEN!

Und überhaupt: Alle so verlogen! Zum Beispiel diese ­tierschützenden Vegetarierbirkenstockschlapferlterroristen! Links­linke Multikulti-Romantiker! Und alle so bio! Und alle so gesund! MIT MIR NICHT! Denen muss man doch mal entgegentreten – mit Taten! Ich ess ab sofort aus Protest nur mehr Schweinsbraten aus Massentierhaltung! Zum Frühstück! In einer fetten Ladung doppelt ungesunder Schmalzbratlfetten! Vom Diskonter! Werden schon sehen, was sie davon haben! Z’Fleiß! Und meine Blutdrucktabletten kauf ich vom größten Pharmakonzern von allen! So schaut’s aus!

Uff. Es tut mir ja leid, aber ich bin von der Resignation in die Verbitterung und dann schlussendlich in die Radikalisierung gegangen. Aber irgendeiner muss sich ja mal wehren –  auch wenn’s weh tut! Jawohl, ich protestiere! Jawohl, ich bin zornig, und das werden die da oben schon noch mitkriegen – frage nicht!

Weil ab sofort hau ich mir als Zeichen meines Protests so lange mit diesem Ziegelstein auf den Schädel, bis sich was ändert und bis mein Kopfweh weg ist.
Denen werd ich’s zeigen.

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