Gips mit Grips
- Written by Redaktion_Report
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Eine dieser Patentanmeldungen aus dem Vorjahr ist eine Erfindung des Unternehmens- und Managementberaters Rudolf Stonawski und wurde „Gips mit Grips“, oder englisch „Clever Cast“, getauft. Dem Berater kam die Idee anlässlich eines Urlaubes in Schweden. Nach einer Verletzung und folglich eingegipstem Bein konnte er mit seiner Familie nicht einfach schwimmen gehen. „Selbst Duschen wurde zur Tortur. Ich musste das Bein mit einem großen Plastiksack vor der Nässe schützen“, erzählt er. „Ich musste erkennen, dass es kaum Lösungen für einen praktischeren Umgang bei der Nutzung von Orthesen gibt.“ Hartschalen-Stützen scheiden Stonwanski zufolge völlig aus. Anatomische Eigenheiten lassen sich mit den Einheitsmodellen, die sich bestenfalls in Konfektionsgrößen unterscheiden, nicht abbilden. Die Folge: herkömmliche Kunststoffstützen sind unbequem, sie drücken. Auch die Wundversorgung ist oft problematisch.
Individuell angepasst
Stonawskis Lösung dagegen ist einfach: Sie lässt sich relativ günstig individuell anpassen. Nötig dazu sind lediglich eine handelsübliche Digitalkamera, etwas Software und eine Maschine für die Herstellung der Orthesen-Komponenten. Mittels Kamera und Computerprogramm wird ein 3D-Modell der benötigten Teile errechnet, die dann nach Wunsch gegossen und zusammengesetzt werden. In der Industrie sind solche Verfahren auch unter dem Begriff „Rapid Prototyping“ bekannt. Ähnliche Maschinen können mit den passenden Materialien nun auch Schienen und Stützen verarbeiten, rechnet Stonawski vor. Er entwickelte gemeinsam mit dem Maschinenbauer Franz Steiner, der am Institut für Biomedizinische Technik an der Fachhochschule Technikum Wien studiert, ein Verfahren, das Orthesen und Castverbände optimiert und revolutioniert. „Das innovative Produkt spart Kosten für Krankenhauserhalter, steigert die Lebensqualität der Patienten und sorgt für einen besseren Heilerfolg“, ist der Wiener überzeugt.
Protektoren für Sportler
Auch für maßgefertigte Sportprotektoren eignet sich das Verfahren. Ein Nutzer könnte dabei seine digitalisierten Maße einfach an einen Protektorenhersteller übers Internet senden, und bekommt dann den individuell geformten Protektor kurze Zeit später per Post zugestellt. Auch Bekleidungsteile lassen sich auf diese Weise beispielsweise fürs Motorrad oder beim Eishockeyspielen verwenden. Einwirkende Kräfte von Schlägen oder Stößen können mit den Protektoren, die direkt auf der Haut getragen werden, optimal abgefedert werden. Neben der Absenkung des Verletzungsrisikos ist vor allem aber ein Vorteil frappant: die Bauweise der Protektoren – mehrere Distanzstücke werden durch Bänder am Körper gehalten – verbessert die Durchlässigkeit für Luft und Wasser. Schwitzen ist damit kein Problem mehr. Letzteres ist für den Erfinder auch ein überzeugendes Argument für seine Lösung als Gips-ersatz. „Bisher waren individuelle Anfertigungen nur kostspielig umsetzbar. Mein Verfahren führt herkömmliche Fertigungsmöglichkeiten einfach zu einem neuen Prozess zusammen“, erklärt er.
Gefördert vom Austria Wirtschaftsservice, dem aws, ist Stonawskis Verfahren weltweit zum Patent angemeldet worden. Was der Erfinder jetzt noch braucht, ist einen Investor für die Serienfertigung seiner Lösung. Auch Autohersteller interessieren sich bereits für die Passgenauigkeit der angefertigten Teile. So könnten beispielsweise Autositze in Verbindung mit korrigierenden, orthopädischen Maßnahmen so manch krummen Rücken wieder gerade formen. In Verbindung mit medizinischen Zwecken sind der Anwendung kaum Grenzen gesetzt. Vor allem aber, wünscht sich Stonawski, werde damit nun Gipsträgern geholfen. Sie können sich mit dem „Clever Cast“ endlich überall dort kratzen, wo es juckt.