Steuerrad Förderung
- Written by Redaktion_Report
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Der Wohnbau spielt in Europas Wirtschaft eine zentrale Rolle. 2005 wurden in den 19 Euroconstruct-Ländern insgesamt 624 Milliarden Euro in den Wohnungsbau investiert. Das sind 48 Prozent des gesamten Bauvolumens von 1.300 Milliarden Euro, wie aus einer neuen Studie hervorgeht. Etwa die Hälfte des für Wohnbau aufgehenden Budgets entfällt in den Euroconstruct-Staaten auf den Neubau, der Rest auf Sanierung und Renovierung. In den EU-25 sind rund 16 Millionen Menschen direkt mit der Errichtung und Sanierung von Wohnungen beschäftigt. Indirekt, also mit allen vor- und nachgelagerten Sektoren, sind in Europa rund 45 Millionen Menschen mit dem Wohnbau beschäftigt, wie die Wifo-Expertin Margarethe Czerny erklärt. »Der Wohnbau hat im Lissabon-Prozess durch seine Beschäftigungsintensität einen neuen Stellenwert erlangt«, erklärte sie anlässlich der CECODHAS-Konferenz, zu der kürzlich Vertreter der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft aus ganz Europa in Wien zusammentrafen. In österreich beträgt der Anteil des Wohnbaus am Gesamtbauvolumen mit rund 40 Prozent weniger als im europäischen Durchschnitt, so Czerny. Der Wohnbau ist dennoch eine Jobmaschine: Eine Milliarde im Wohnungsneubau bringt etwa 11.000 Jobs, in der Sanierung bewirkt dasselbe Investment 12.000 Beschäftigte.
Demgegenüber bringt eine Milliarde Infrastrukturbau nur etwa 7.500 Menschen Arbeit. »Neueste Analysen zeigen uns, dass in österreich ein großer zyklischer Zusammenhang zwischen Wohnbau und Bruttoinlandsprodukt besteht«, betont Czerny. Des Weiteren bricht die Wissenschafterin eine Lanze für die Gemeinnützigen: »Der hohe Anteil der Gemeinnützigen strahlt auf die Stabilität der Konjunktur aus«, sagt Czerny. Während gesamtwirtschaftliche Aufschwungphasen drei bis vier Jahre dauern, halten Wohnbaukonjunkturzyklen etwa doppelt so lange an, führt Czerny aus. »Die derzeitige Aufschwungphase wird in österreich bis 2010 anhalten«, prognostiziert sie. Eine weitere wichtige Erkenntnis der jüngsten Studien sei, dass änderungen in der Wohnbauförderung ein große Rolle für die Entwicklung der Bautätigkeit spielen. Czernys Resümee: »Die Wohnbauförderung ist geeignet als wirtschaftliches Steuerinstrument.« Für sie gilt nach den nun vorliegenden Studienergebnissen auch als gesichert, dass Länder, die den Wohnbau fördern, in Summe besser abschneiden als jene, die auf den freien Markt setzen. »In Ländern wie Spanien, Großbritannien und Irland dominieren freie Marktmechanismen, das bringt zeitweise extrem hohe Wohnbautätigkeit, Spekulation und hohe Preise mit sich. Länder mit Förderung haben stabilere Preise und geringere Ausschläge in der Produktion«, weiß Czerny und fügt hinzu: »Diese Erkenntnisse hatten wir bislang nicht.«
Für Vertreter der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft wie etwa den GBV-Obmann Karl Wurm kommen diese Resultate nicht von irgendwo. »Ich habe den Eindruck, dass österreich den sozialen Wohnungsmarkt mehr lebt, als das in anderen Ländern möglich ist«, sagt er. Mit den rund 500.000 gemeinnützigen Wohnungen und den 220.000 Gemeindewohnungen Wiens habe das Land einen hohen Anteil an sozial gebundenem Wohnraum, der natürlich regulierend auf den Privatmarkt wirke. Wurms Wunsch: »Es wäre gut, wenn in Europa mehr über die gesellschaftspolitische Bedeutung des Wohnens geredet würde.« Gedanklich zurückgekehrt nach Wien und zum Neubau, betont Wurm, dass keineswegs alles eitel Wonne sei. Die Grundstückspreise sind erheblich gestiegen, was geförderten Wohnbau an attraktiven Orten erschwere. Nicht ganz so drastisch sieht das der Leiter der Magistratabteilung 50, Wolfgang Förster. Er erklärte den rund 120 Teilnehmern der Konferenz, die aus 20 Ländern anreisten, dass in Wien nur dort gefördert gebaut werde, wo leistungsfähige öffentliche Verkehrsmittel vorhanden sind - was mehr ein Wunsch als Realität ist, wie die zuletzt realisierten Projekte Wienerberg und Monte Laa belegen.