User Innovation
- Written by Redaktion_Report
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Innovationsmanagement ist traditionell herstellerzentriert. Das Standardvorgehen ist, dass zunächst mit Hilfe von repräsentativer Marktforschung die Bedürfnisse der Kunden ermittelt werden. Auf ihrer Basis werden im Unternehmen Ideen für neue Produkte entwickelt, die den Kunden im Rahmen von Akzeptanztests vorgelegt wird. Charakteristisch für diese Prozesse ist, dass der Hersteller die aktive Rolle innehat, während der Kunde als reiner Auskunftgeber passiv bleibt.
Zwei Beobachtungen werfen die Frage auf, ob der Prozess in dieser Form optimal gestaltet ist. Erstens sind im traditionellen Neuproduktentwicklungsprozess die Flopraten dramatisch hoch. Bis zu 90% der Produkte, die in den Markt gelangen, sind innerhalb von kurzer Zeit wieder verschwunden. Ein Großteil der Innovationsprojekte gelangt aber nicht einmal bis zur Markteinführung, sondern wird im Projektverlauf abgebrochen. In vielen Märkten haben sich diese Probleme in den letzten Jahren spürbar verschärft. Es scheint immer schwieriger geworden zu sein, den Kunden zu verstehen und seine künftigen Bedürfnisse abzuschätzen. Viele Unternehmer zweifeln, dass intensivere und aufwändigere Marktforschung die Lösung ist.
Die zweite Beobachtung ist, dass Kunden mehr als passive Auskunftgeber sein können. Viele Produkte sind User Innovationen und gehen ursprünglich auf Ideen und Entwicklungen von Nutzern zurück. Beispiele reichen von TippEx über neurochirurgische Roboter bis hin zu Wikipedia. Denn eine bestimmte Gruppe von Nutzern, die \"Lead User\", denken oft in völlig neue Richtungen. Das Snowboard ist beispielsweise keine Erfindung eines Unternehmens. Seine Entwicklung geht auf einige Skifreaks in Colorado zurück, denen es zu langweilig wurde, auf zwei Brettern zu fahren. Open Source Software wie Linux, Apache oder Firefox ist ein anderes Beispiel. Im Grunde ist es kaum zu glauben: User weltweit vernetzen sich und entwickeln gemeinsam ein Programm, das in vielen Fällen kommerzieller Software qualitativ überlegen ist - ohne dass einer von ihnen einen Cent daran verdient. Das Internet hat die Innovativität der User stark beschleunigt. Es ist heute viel leichter als früher, sich zu vernetzen. Interessierte finden in Communities Gleichgesinnte, tauschen Ideen aus und suchen gemeinsam Lösungen.
Für schnell reagierende Unternehmen stellen diese Veränderungen eine Chance dar. Wer es schafft, den User schneller als die Wettbewerber in den eigenen Innovationsprozess zu integrieren, kann sich dadurch einen Wettbewerbsvorsprung verschaffen.Einige Beispiele für Unternehmen, die hier Vorreiter sind. Threadless.com ist ein Start-up aus den USA, der T-Shirts herstellt. Die Inhaber hatten eines Tages die Idee, den Prozess der Neuproduktentwicklung umzustellen. Statt wie bisher die Designs selbst zu machen, luden sie ihre Kunden dazu ein. Sie setzten Preise für die besten Designs aus und ließen dazu die User abstimmen. Die Designs mit den meisten Votings wurden produziert: das Ergebnis sind herausragende T-Shirt-Designs, die den Geschmack der Kunden perfekt treffen - nahezu zum Nulltarif. Die Inhaber sind längst Multi-Millionäre.
Bei 3M in den USA wurden 47 Neuproduktprojekte in einer wissenschaftlichen Begleitstudie miteinander verglichen. Bei einem Teil erfolgte die Ideengenerierung mit innovativen user-zentrierten Methoden, die anderen mit Hilfe unternehmens-zentrierter Verfahren. Die Umsatzprojektion zeigte, dass sich die Anwenderorientierung lohnt: die Projekte, in denen User aktiv in die Produktentwicklung eingebunden waren, waren 811 % erfolgreicher als die traditionellen Verfahren. Auch Unternehmen wie Siemens, BMW, Schindler und Palfinger setzen auf user-zentrierte Methoden.
Die wichtigsten Methoden sind die am MIT entwickelte Lead-User-Methode, bei der die innovativsten User gezielt identifiziert und in die Ideengenerierung und Produktentwicklung eingebunden werden, Toolkits-for-User-Innovation, also Designwerkzeuge mit deren Hilfe sich User ihre Produkte online selbst gestalten können und gezielt initiierte User-Communities, in denen Kunden neue Ideen einbringen, diskutieren und umsetzen - und damit wesentliche Teile der Produktentwicklung übernehmen. Zur Person:
Prof. Dr. Nikolaus Franke ist Vorstand des Instituts für Entrepreneurship und Innovation der Wirtschaftsuniversität Wien (www.e-and-i.org) und Direktor der User Innovation Research Initiative Vienna (www.userinnovation.at).
Zwei Beobachtungen werfen die Frage auf, ob der Prozess in dieser Form optimal gestaltet ist. Erstens sind im traditionellen Neuproduktentwicklungsprozess die Flopraten dramatisch hoch. Bis zu 90% der Produkte, die in den Markt gelangen, sind innerhalb von kurzer Zeit wieder verschwunden. Ein Großteil der Innovationsprojekte gelangt aber nicht einmal bis zur Markteinführung, sondern wird im Projektverlauf abgebrochen. In vielen Märkten haben sich diese Probleme in den letzten Jahren spürbar verschärft. Es scheint immer schwieriger geworden zu sein, den Kunden zu verstehen und seine künftigen Bedürfnisse abzuschätzen. Viele Unternehmer zweifeln, dass intensivere und aufwändigere Marktforschung die Lösung ist.
Die zweite Beobachtung ist, dass Kunden mehr als passive Auskunftgeber sein können. Viele Produkte sind User Innovationen und gehen ursprünglich auf Ideen und Entwicklungen von Nutzern zurück. Beispiele reichen von TippEx über neurochirurgische Roboter bis hin zu Wikipedia. Denn eine bestimmte Gruppe von Nutzern, die \"Lead User\", denken oft in völlig neue Richtungen. Das Snowboard ist beispielsweise keine Erfindung eines Unternehmens. Seine Entwicklung geht auf einige Skifreaks in Colorado zurück, denen es zu langweilig wurde, auf zwei Brettern zu fahren. Open Source Software wie Linux, Apache oder Firefox ist ein anderes Beispiel. Im Grunde ist es kaum zu glauben: User weltweit vernetzen sich und entwickeln gemeinsam ein Programm, das in vielen Fällen kommerzieller Software qualitativ überlegen ist - ohne dass einer von ihnen einen Cent daran verdient. Das Internet hat die Innovativität der User stark beschleunigt. Es ist heute viel leichter als früher, sich zu vernetzen. Interessierte finden in Communities Gleichgesinnte, tauschen Ideen aus und suchen gemeinsam Lösungen.
Für schnell reagierende Unternehmen stellen diese Veränderungen eine Chance dar. Wer es schafft, den User schneller als die Wettbewerber in den eigenen Innovationsprozess zu integrieren, kann sich dadurch einen Wettbewerbsvorsprung verschaffen.Einige Beispiele für Unternehmen, die hier Vorreiter sind. Threadless.com ist ein Start-up aus den USA, der T-Shirts herstellt. Die Inhaber hatten eines Tages die Idee, den Prozess der Neuproduktentwicklung umzustellen. Statt wie bisher die Designs selbst zu machen, luden sie ihre Kunden dazu ein. Sie setzten Preise für die besten Designs aus und ließen dazu die User abstimmen. Die Designs mit den meisten Votings wurden produziert: das Ergebnis sind herausragende T-Shirt-Designs, die den Geschmack der Kunden perfekt treffen - nahezu zum Nulltarif. Die Inhaber sind längst Multi-Millionäre.
Bei 3M in den USA wurden 47 Neuproduktprojekte in einer wissenschaftlichen Begleitstudie miteinander verglichen. Bei einem Teil erfolgte die Ideengenerierung mit innovativen user-zentrierten Methoden, die anderen mit Hilfe unternehmens-zentrierter Verfahren. Die Umsatzprojektion zeigte, dass sich die Anwenderorientierung lohnt: die Projekte, in denen User aktiv in die Produktentwicklung eingebunden waren, waren 811 % erfolgreicher als die traditionellen Verfahren. Auch Unternehmen wie Siemens, BMW, Schindler und Palfinger setzen auf user-zentrierte Methoden.
Die wichtigsten Methoden sind die am MIT entwickelte Lead-User-Methode, bei der die innovativsten User gezielt identifiziert und in die Ideengenerierung und Produktentwicklung eingebunden werden, Toolkits-for-User-Innovation, also Designwerkzeuge mit deren Hilfe sich User ihre Produkte online selbst gestalten können und gezielt initiierte User-Communities, in denen Kunden neue Ideen einbringen, diskutieren und umsetzen - und damit wesentliche Teile der Produktentwicklung übernehmen.
Prof. Dr. Nikolaus Franke ist Vorstand des Instituts für Entrepreneurship und Innovation der Wirtschaftsuniversität Wien (www.e-and-i.org) und Direktor der User Innovation Research Initiative Vienna (www.userinnovation.at).