Rating statt Noten
- Written by A.A.Flatscher
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Während die halbe Welt das Urteil der Rating-Agenturen fürchtet, atmet der Bundesstaat Ohio auf. Standard & Poors stellt ein gutes Zeugnis aus und erhöht das Rating.
Die Nachricht ist außergewöhnlich, weil in den vergangenen Monaten immer dann, wenn sich Rating-Agenturen Staatsfinanzen angeschaut haben, sofort der schockierende Begriff »Downgrade« im Raum stand. Ohio erlebt jetzt ein »Upgrade« und schwimmt damit gegen den Strom. Die gute Nachricht kam am Tag, nach dem Gouverneur John Kasich das Budget der Jahre 2012 und 2013 abgesegnet hatte. Es sieht einen ausgeglichenen Haushalt vor, reduziert Ausgaben dramatisch und schlachtet einige heilige Kühe. Vor allem die Beamtenschaft bekommt die Härte zu spüren. Der Republikaner Kasich argumentiert das trocken: »Wir haben zu viel Verwaltung und zu wenig Geld.« In einem eigenen Reformbuch beschreibt das Team um Gouverneur Kasich und Budgetdirektor Tim Keen die Vorgangsweise: »Mehr als ein Dutzend staatliche Dienste arbeiten nebeneinander, tun dieselben Dinge, ohne erkennbaren Nutzen für die Bürger.« Deshalb wird entrümpelt, veraltete, redundante zum Teil kontraproduktive Regelungen werden ersatzlos gestrichen.
Die Schulbürokratie wird gestrafft, »Schüler und nicht Bürokraten« sollen im Mittelpunkt stehen.
Dem Budgetbeschluss ging eine Kraftprobe der Regierung mit den Lehrergewerkschaften voraus, denen die Kollektivvertragsfähigkeit abgesprochen wurde. Das heißt, wenn es um Lehrerverträge geht, hat die Gewerkschaft keinen Platz mehr am Verhandlungstisch und im Umgang mit den Pädagogen werden die Samthandschuhe abgelegt. Standardisierte Tests vergleichen das Schulniveau. Die laufenden Rankings werden öffentlich zugänglich gemacht, so dass nachvollziehbar wird, welche Schule was leistet, »damit das Beispiel der Guten Schule macht und so auf das ganze System ausstrahlt«, erklärt der Gouverneur und zitiert Microsoft-Gründer Bill Gates: »Wir müssen die Dynamik nutzen, die entsteht, wenn jeder von den Besten lernt und sich weiterentwickelt.«
Das Rating kann aber auch ins Aus führen: Schulen, die in drei aufeinander folgenden Jahren unter den schlechtesten fünf Prozent aller Schulen liegen, werden zugesperrt. Direktor und Lehrer verlieren ihren Job. »Schüler und ihr Erfolg stehen im Zentrum aller Aktivitäten. Alle Verträge, alle Konzepte, die gesamte Kommunikation, das Schuldesign, alle Aktivitäten werden nach einem einzigen Kriterium beurteilt: Helfen sie den Schülern, erfolgreicher zu sein?«
Dabei werden die Tore des miefigen Schulsystems weit aufgerissen, indem aktiv Quereinsteiger rekrutiert werden, die andere Berufserfahrungen gemacht haben. Sie sind ein Schlüssel für eine Schule, die möglichst breite Lebens- und Berufserfahrungen aufnimmt. Eine eigene Agentur rekrutiert, bildet aus und begleitet die Neolehrer.
Mit weniger Geld mehr erreichen ist das Ziel, argumentiert Ohio, und die Ratingagenturen schätzen das. Sie stufen hoch und machen damit die für Anleihen zu bezahlenden Zinsen billiger. Das detaillierte Programm, die offensive Argumentation haben sich jetzt schon ausgezahlt.