Grüne Häuser
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Die Natur bietet ein großes Spektrum an pflanzlichen Rohstoffen, die für den Baubereich geeignet sind. Neben bekannten Materialien wie Holz und Stein können Häuslbauer auch auf Hanf, Schilf und Stroh zurückgreifen. Welche Chancen alternative Baustoffe am Massenmarkt haben und was es bei der Verwendung von Kork & Co zu beachten gilt.
Von Karin Legat.
Energiesparende und ökologische Bauweisen sind heute in aller Munde. »Es gibt viele Bewohner, die klare Vorstellungen zum nachhaltigen Leben haben und denen es ein Anliegen ist, ihren Beitrag zur Belastung der Umwelt gering zu halten«, ist klima:aktiv-Bildungskoordinator Johannes Fechner überzeugt. Das Klischee vom ungemütlichen Zuhause bei der Umsetzung alternativer Lebensweisen und bei der Besinnung auf ökologische Baustoffe ist längst passee. Energieeffizienz und Klimaschutz stehen heute mit Wohlbefinden und Behaglichkeit in Einklang, schreibt auch die oberösterreichische Akademie für Umwelt und Natur in der Broschüre »Ökologisch Bauen und Gesund Wohnen«.
Es gibt einige Indizien dafür, dass nachwachsende Rohstoffe im Baubereich auf dem Weg in Richtung Massenmarkt sind. »Zur Gänze dort angekommen sind sie aber nicht«, bedauert Daniel Reiterer von der ARGE Erneuerbare Energien NÖ-Wien, AEE. Bis spätestens Dezember 2018 muss sich das ändern. Denn ab dann ist laut einer novellierten Richtlinie für Energieeffizienz in Gebäuden das Netto-Nullenergiehaus im Neubau Pflicht. Info-Arbeit und Schulungen der Baubranche sollen den Weg dahin ebnen. Einen ersten wichtigen Schritt in Richtung ökologisches Bauen sieht Peter Haftner, Leiter der Bereiche Bauen/Wohnen/Energie der »umweltberatung« und Projektleiter der Energieberatung NÖ, im OI3 Index. »Der Ökoindex3 beschreibt die ökologische Qualität der thermischen Gebäudehülle und der Zwischendecken eines Gebäudes. Je niedriger der OI3-Wert, desto weniger belastet das Gebäude die Umwelt. Dieser Wert ist in allen Wohnbauförderungen verankert. Dadurch entsteht ein Anreiz zu ökologischem Bauen und Sanieren. Das Öko-Bau-Wesen muss generell sichtbarer werden«, fordert Haftner.
NAWARO-Ökopalette
Bislang bestand das Öko-Bau-Wesen nur aus dem Rohstoff Holz, der sich erfolgreich entwickelt hat – der Anteil an Holzhäusern in Österreich steigt seit Jahren. Die Ökopalette ist aber viel breiter. Neben Hanf, Flachs, Stroh, Schilf und Bambus sind am Bau auch Holzwolle und Lehm zu finden. Prinzipiell können laut Reiterer NAWARO, die nachwachsenden Rohstoffe, vom Fundament (z.B. Ökobeton Slagstar) über die Geschoße, den Innenausbau (Holzbau) bis zur Dachdeckung (Holz oder Stroh) eingesetzt werden. Nur im Fundamentbereich und in Bereichen, wo es häufig feucht ist oder wo es auf hohe Zug- oder Druckfestigkeit ankommt, muss weiter auf Beton oder Stahl zurückgegriffen werden.
Zukunftsbaustoff Stroh
Im Baubereich gewinnt Stroh heute wieder an Bedeutung. Die USA sind in Sachen Strohhäuser Vorreiter. Bereits 1880 wurden gepresste Strohballen für den Hausbau entwickelt. Das älteste Strohballenhaus der Welt ist über 100 Jahre alt und steht in Nebraska in den USA. Stroh kann heute wie überdimensional große und trotzdem sehr leichte Ziegel verwendet werden. Die Vorzüge des Baustoffs Stroh sind unübersehbar: Stroh ist sehr günstig. Durch die leichte Verarbeitbarkeit können Strohhäuser ohne hohen Maschinenaufwand und im Selbstbau errichtet werden, was sich positiv auf die Gesamtbaukosten auswirkt. In Brandtests haben sich Strohballen als überraschend feuerbeständig erwiesen (Stroh verhält sich durch die kompakte Pressung wie Holz). Erfahrungen aus den USA zeigen, dass bei sachgerechter Konstruktion weder Probleme mit Feuchtigkeit noch mit Schädlingen auftreten. Aufgrund der fehlenden organischen Verbindungen, die aus stark behandelten Baumaterialien verdunsten, weist die Luft in einem Strohballenhaus kaum Belastung auf. Strohwände haben einen hohen Dämmwert (Niedrigenergie-Standard), das Wohnklima ist exzellent (im Sommer kühl, im Winter warm). Nach Ende ihrer Lebenszeit hinterlassen sie zudem keinen »Abfall«, da Stroh zu 100 % kompostierbar ist. Stroh ist regional verfügbar, als landwirtschaftliches Nebenprodukt fällt es in großen Mengen an.
Allein Österreichs Felder liefern fünf Millionen Tonnen pro Jahr. Die Verwendung von Stroh als Baumaterial ist ein nicht unwesentlicher Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen, da der Dämmwert wesentlich besser ist als bei konventionellen Häusern. Mit einem einzigen Schritt wird Stroh zu Baumaterial: Die Strohballen müssen gepresst werden. Auch die in Österreich vorherrschenden klimatischen Bedingungen sind für Strohballen kein Problem. Natürlich kann direkte Nässe bei pflanzlichem Material zu Schäden führen – Stroh verhält sich hier wie jeder andere Naturdämmstoff. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass es überall dort, wo Holz als Baustoff problemlos verwendet werden kann, einsetzbar ist. Stroh ist also ein Baustoff mit großem Potenzial. Gerade in Zeiten, in denen nachhaltiges Wirtschaften aktuell ist, könnte das Bauen mit Stroh viele Forderungen nach leistbarem, individuellem und ökologischem Wohnen erfüllen.
Allerdings war Stroh bislang kein zertifizierter Baustoff. »Nun wurden Bau-strohballen im Rahmen einer Europäisch Technischen Zulassung auf Dämmeigenschaften und Brandverhalten untersucht und danach in die Baustoffliste OIB eingetragen. Damit kann Stroh wie andere Baustoffe verwendet werden. Fertighausfirmen setzen Stroh bereits fix im Wandbau ein«, informiert Haftner. In Strohbau-Workshops können sich Interessierte über Konstruktionssysteme, Vor- und Nachteile der einzelnen Konstruktionsarten, Planungstipps für ein Strohballenhaus sowie baubiologische und ökologische Materialien für den Ausbau informieren. Stroh wird auch teilweise dem zum Bauen verwendeten Lehm beigemischt, wodurch bessere strukturelle Eigenschaften (Rissfestigkeit) erzielt und die Dämmeigenschaften verbessert werden. Damit toppt Lehm seine positiven Eigenschaften, die ihn für ökologisches Bauen interessant machen. Er ist nicht nur schadstofffrei und hautfreundlich, zur Aufbereitung und Verarbeitung wird auch sehr wenig Primärenergie benötigt. Lehm wirkt luftfeuchteregulierend und ist diffusionsfähig, trockener Lehm wirkt antibakteriell und abweisend gegen Schädlinge. Er konserviert Holz, ist vollständig recycelbar, speichert Wärme und bindet Schadstoffe. So schafft Lehm ein für den Menschen angenehmes und gesundes Raumklima.
Mit NAWARO dämmen
Dämmung bildet im Wohnbereich einen entscheidenden Faktor: Sie ist wichtig für das Wohlbefinden. »NAWARO-Materialien sind naturbelassen und atmungsaktiv«, spricht Daniel Reiterer äußerst positiv über Hanf & Co. Auch für die Geldbörse ist Dämmung entscheidend. Sie kann die Heizkosten um mehr als 50 % senken. Woran liegt es nun, dass – abgesehen von Holz – nachwachsende Baustoffe eher ein Schattendasein führen? Umweltberater Haftner bringt es auf den Punkt. »Bei NAWARO bildet der hohe Preis eine Hemmschwelle. Zwar werden durch die sehr gute Kompostierbarkeit vieler NAWARO und den damit geringeren Bauabfall die Entsorgungskosten gesenkt, entscheidend ist aber der Anschaffungspreis.« Für Herbert Gruber vom asbn – austrian strawbale network, gilt das so nicht. »Der hohe Preis stimmt nicht generell. Strohballen und Zelluloseflocken gehören zu den günstigsten Dämmstoffen überhaupt.« Vielmehr zählt für ihn die Frage des Produktschutzes. »Hersteller von Bauprodukten müssen sicherstellen, dass die Investitionskosten durch Forschung, Entwicklung, Herstellung und durch den Zertifizierungsprozess wieder zurückfließen. Bei synthetischen Dämmstoffcompounds ist die Patentierung oder Lizenzierung einfacher, unbehandelte Naturmaterialien wie Strohballen sind gar nicht zu schützen. Dementsprechend unsicher gestaltet sich die Marktabschätzung. Dazu kommt, dass in Österreich, wie in den meisten Ländern, Lobbies auf politischer Ebene die Entwicklung neuer Konkurrenzprodukte zu verhindern oder verzögern versuchen.« Nicht zuletzt begründet der asbn-Obmann das Schattendasein von NAWARO mit Traditionen am Bau. »Es braucht einige Generationen, bis sich Menschen wieder an einfache Baustoffe wie Lehm, Schilf und Stroh gewöhnen und die Ängste vor Feuer oder Schimmel verlieren.« Umweltberater Haftner: »Wenn man ökologisch baut, muss man auch anders planen. Man braucht tragende Konstruktionen, in die alternative Dämmstoffe eingesetzt werden. Alternative Dämmstoffe sind weder stark belastbar noch lasttragend.«
Die Entsorgungskosten dürfen aber nicht ignoriert werden. Wieso? Das Ökologieinstitut spricht bei Neubaumaßnahmen, abhängig von der zu errichtenden Wohnfläche, von einem durchschnittlichen Abfallanfall von 67 kg/m² Wohnfläche, bei Sanierungsarbeiten von 34 kg/m², bei Abbruchmaßnahmen sogar von 455 kg Abfall/m³ umbautem Raum.
Überall erhältlich
Vorteilhaft ist die regionale Verfügbarkeit der nachwachsenden Baustoffe. »Darin liegt ihr Wettbewerbsvorteil. Das lokale Herstellungssystem fordert allerdings ein ausgeklügeltes Qualitätsmanagement, um die Versorgung mit gleichbleibend gutem Material gewährleisten zu können«, zeigt AEE-Experte Reiterer auf. »Zellulose und Flachs werden mit ökologischen Stoffen veredelt, Schafwolle mit Mottenschutz. Schilf und Stroh benötigen keine Behandlung,« erklärt Peter Haftner.
Vielversprechende Zukunft
Für asbn & Co ist die Zeit reif für NAWARO am Bau. »Zum Glück gibt es immer mehr Medien, die die Vorteile verbreiten. Die Forschungsförderungen im Bereich der Haus der Zukunft-Initiative des bm:vit tun ihr Übriges, um den Prozess zu beschleunigen. In dem Sinn können wir glücklich sein, in Österreich zu leben.« In vielen anderen europäischen Ländern ist die Ökologisierung des Bausektors erst im Anfangsstadium. »Wer in Österreich sucht, findet auch. Manchmal vielleicht nicht im großen Baumarkt, aber auch dort findet bereits eine erfreuliche Wandlung in Richtung Natur statt.« Das erfreuliche Resümee: NAWARO bilden die Zukunft am Bau.
Ökologische Rohstoffe:
> NAWARO kommt von NAchWAchsende ROhstoffe, dazu gehören im Dämmstoffsektor:
Holzweichfaser (Platten)
Holzwolle (Matten)
Holzspäne (Einfüll- und Schüttmaterial)
Stroh (Ballen und Häcksel)
Schilf (Matten und Platten)
Hanf (Matten, Trittschalldämmung, Stopfwolle)
Flachs (Matten, Trittschalldämmung, Stopfmaterial)
Kork (Platten, Granulat, Trittschalldämmung)
Schafwolle (Matten, Stopfwolle)
> Mineralische, unbegrenzt verfügbare Öko-Dämmstoffe:
Perlite (Schüttdämmstoff, Additiv für Putze und Beton)
Vermiculite (Schüttdämmstoff)
Blähton (Granulat, Schüttdämmstoff)
Glaswolle (Matten, Platten)
> Recyclingdämmstoffe:
Zellulose (Einblasmaterial)
Schaumglas (Granulat, Block)
Alttextilien (Einblasmaterial)
Steinwolle (Matten, Platten)