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Ausgefallener Glücksfall

Während in Nairobi die Vertreter von 183 Staaten auf der UN-Klimaschutzkonferenz darüber beraten, wie sich die Welt vor dem Kollaps retten lässt, lädt die heimische E-Wirtschaft zur Fachtagung »Europas Energieszenario der Zukunft«. Für die passende Einleitung zum Thema sorgte der jüngste vom deutschen Stromriesen E.oN verursachte Stromausfall. Der ist an österreich nur deshalb ziemlich spurlos vorübergegangen, weil an besagtem Samstagabend die Importmenge aus Deutschland ziemlich gering war. Als Ursache für den kleinen Gau, der in Paris kurzfristig für Finsternis sorgte, werden die Abschaltung der Hochspannungsleitung über die Ems und die zu diesem Zeitpunkt extrem hohe Produktion aus Windkraftanlagen genannt. Die eigentliche Ursache für den Zusammenbruch der Vorsorgung wird von den Experten der E-Wirtschaft in den veralteten Hochspannungsnetzen gesehen. »Wir müssen die Politik an die Physik anpassen und nicht umgekehrt«, erklärt Wolfgang Schröppel, Vorstandschef der Energietechnischen Gesellschaft im deutschen VDE: »Wir brauchen keine neuen Behörden, sondern Lösungen«, tritt er vehement ge-gen EU-Initiativen auf, die einen europäischen Regulator oder eine Netzverwaltungsgesellschaft vorsehen. »Der Netzausbau ist unabdingbar«, meint auch Walter Auer, Vorstand der Gesellschaft für Energietechnik im OVE. Zudem sei es unabdingbar, in neue Kraftwerke zu investieren. Setzt Europa seinen Energieverschwendungskurs und die Stilllegung alter Atom-, Kohle- und ölkraftwerke fort, braucht der Kontinent bis 2020 eine zusätzliche Kraftwerksleistung von 300.000 Megawattstunden. Das entspricht immerhin nahezu 800 Gasturbinen, wie sie die Energie AG gerade in Timelkam bauen lässt. Für österreich allein sieht eine Studie des TU-Professors und Verbund-Aufsichtsrats Günther Brauner bis 2015 einen Bedarf von 6000 MW. »Es genügt nicht, die Erneuerbaren zu forcieren, das ist bestenfalls ein Zwirnsfaden«, meint der Energie-AG-Chef Leo Windtner. Er will sofort nach der Fertigstellung von Timelkam Neues angehen. Entweder baut sein Unternehmen ein Kohlekraftwerk im Enns-hafen oder das Kraftwerk Riedersbach wird mit einer Gasturbine ausgebaut. Zusätzlich verhandelt Windtner mit dem grünen Energielandesrat Rudi Anschober über das Wasserkraftpotenzial im Land ob der Enns. Er hofft darauf, dass »vielleicht 50 Prozent« der in Oberöster-reich mit Wasser zusätzlich erzielbaren 2700 Terrawattstunden tatsächlich den Segen der Politik bekommen. Die Verhandlungen dazu sind derzeit auf Beamten-ebene extrem zäh, so Windtner. Er macht sich - vermutlich kein Zufall - nebenbei auch für die Projekte der Tiroler Wasserkraft AG stark, mit der Windtner bislang erfolglos über eine Art West-Strom-Allianz verhandelt. »Wir müssen jene Wasserkraft ausbauen, die möglich ist«, meint er ohne Rücksicht auf mögliche Umweltverluste. Das verfügbare Wasserkraftpotenzial österreichweit betrage laut Windtner immerhin 16.000 Terrawattstunden. Vorsorglich nicht anecken will Windtner bei Atomkraftgegnern. »Dazu gibt es nichts zu sagen«, bleibt er auf der vom Land vorgegebenen Anti-Temelin-Linie. Nicht so der Vertreter der deutschen Stromwirtschaft, die Atomkraftmorgenluft wirttert. »Wir brauchen eine Mehrkomponentenstrategie, die Atomkraft wird weltweit eine Renaissance erleben wegen der CO2-Problematik«, glaubt Stöttner. Er sieht ein Problem darin, zu viel einseitig auf Gas zu setzen, da dies aus unsicheren Weltregionen komme. Die Hauptlieferanten von Uran, Australien, Kanada und USA, seien dagegen stabil.
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