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Wächter der Open Source Bewegung

Bislang hat das gpl-violations.org-Projekt rund 100 Fälle aufgegriffen, vorwiegend in Deutschland, Asien und Amerika. Aber auch in österreich war der Leiter des Projektes, Harald Welte, schon aktiv. So wurde Anfang dieses Jahres die Sozialversicherungs-Chipkarten Betriebs- und Errichtungsgesellschaft abgemahnt. Der Grund: die Gesellschaft verwendet das Tool \"GINA\" (Gesundheits Informations Netzwerk Adapter), das unter GPL-lizenzierter Software, einschließlich Linux, zum Einsatz kommt. Infolge einer außergerichtlichen Einigung kam die SV-ChipBE den Forderungen Weltes nach und machte den Lizenztext, ein schriftliches Angebot zur Quellcodeabgabe, sowie den Quellcode selbst zugänglich.

Nur in fünf Fällen musste das gpl-violations.org Projekt bislang eine einstweilige Verfügung erwirken, in den übrigen Fällen konnte eine außergerichtliche Einigung erzielt werden. Es geht Harald Welte nicht darum, Klagslawinen auf Unternehmen loszulassen, sondern darum, eine Verbesserung der Kommunikation zwischen Commuity und kommerziellen Anwendern zu erreichen. Weltes Appell an die Industrie: \"Bevor sie etwas implementieren, reden Sie mit den Maintainern. Bei längerfristiger Nutzung muss ein Interesse da sein, ein gutes Verhältnis zur Community zu pflegen, denn die Infrastruktur soll auch in Zukunft gepflegt werden. Wenn die Community das Gefühl hat, sie wird nur gemolken und es kommt nichts zurück, so demotiviert das viele Entwickler.“ Diese Erfahrung hat Welte auch selbst schon gemacht, denn er ist auch einer der führende Köpfe des OS-Firewall-Projektes netfilter/iptables.

Klug im Nachhinein. Viele Unternehmen kommen erst nach dem Launch eines Produktes darauf, dass sie eigentlich gegen GPL oder eine andere Lizenz verstoßen. \"Diesen Imageschaden kann man vermeiden. Wir verlangen nicht, dass Techniker zu Juristen werden, aber gewisse Grundregeln sollte jeder berücksichtigen,“ so Welte. \"Eine Firma, die Freie Software einsetzt, ist zunächst auf der Nehmerseite, d.h. sie profitiert von der vorhandenen Software. Damit eine sinnvolle Kooperation zustande kommt ist es wichtig, dass man etwas zurück gibt. Das muss nicht unbedingt Geld sein, oder die eigene Software. Was oft weiterhilft ist Diskussion, wenn man eine Software hat, die nicht genau passt, und der Community Feedback liefert, so kann die OS-Software für den Enterprise-Einsatz weiter entwickelt werden. Diese Kommunikation findet zu selten statt.”

Beiträge können auf Entwickler- und Mailinglisten diskutiert werden. Welte wünscht sich auch, dass Unternehmen Entwicklertreffen finanziell unterstützen und auch selbst Entwickler aus der Community anstellen. Das ist nicht nur positiv für das Image und daher für das Marketing nutzbar, sondern auch für F&E von Bedeutung. Denn immerhin sind Mitarbeiter der wesentliche Faktor für den Innovationsgrad eines Unternehmens. So können Unternehmen gleichzeitig OS-Projekten und der eigenen E&F-Abteilung weiterhelfen. Ein schon “klassisches” Beispiel für gegenseitigen Nutzen ist laut Welte die Cisco-Division Linksys, die nach einer Abmahnung für ihren WLAN-Router zahlreiche neue Kunden gewinnen konnte, weil die OS-Community dann eine bessere Software für Linksys-Router entwickelt hat.

GPL und “Copyleft” schützen die Urheberrechte genauso gut, wie das kommerzielle Copyright, auch die Autoren von Software werden nicht “entmündigt”, wenn sie ihre Entwicklung der GPL unterstellen. Dies erläutert Philipp Reisner, technischer Direktor des IT-Dienstleisters Linbit. So sei seine Hochverfügbarkeitslösung DRBD (Distributed Replicated Block Device) einerseits als OS-Produkt der GPL unterstellt und anderseits in einer High-End-Version lizenzpflichtig. “Wenn mehrere Autoren an einer Software arbeiten, müssen sich alle Autoren einig werden, was sie frei geben wollen und was unter Closed Source läuft”, erklärt Reisner.

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