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Einlösen der Prognosen

Aus Hannover, Daniel AJ Sokolov

Bereits im Vorfeld und auch während der Messe präsentierten die deutschen Mobilfunker neue Tarife und Produkte. Keine wirkliche überraschung aber ein großer Schritt war der Marktauftritt der HSDPA-Netze von T-Mobile Deutschland und T-Mobile Austria. Im Gegensatz zu österreich wird in Deutschland zusätzlich die GPRS-Weiterentwicklung EDGE eingeführt.

Ein eher unerwarteter \"Erstling“ war der Provider debitel mit der Ankündigung des ersten mobilen Fernsehens in Deutschland. Statt dem bei anderen Anbieter schon verfügbaren Streaming über UMTS wird ab Mai echter Rundfunk geboten. Nicht der übertragungsstandard DVB-H (Digital Video Broadcasting Handhelds) sondern DMB (Digital Multimedia Broadcasting) ist dabei die Technologie der Wahl. In acht Städten, natürlich allesamt Austragungsorte von WM-Spielen, beginnt \"Mobiles Fernsehen Deutschland“ (MFD) mit der Ausstrahlung von vier Fernsehkanälen. Debitel-Kunden dürfen die Kanäle für voraussichtlich etwa zehn Euro konsumieren, Kunden anderer Netzbetreiber sollen später folgen. Sogar ein DMB-taugliches Endgerät soll es im Mai geben. Das Samsung SGH-P900 dürfte etwa 600 Euro kosten.

Auch die Musik-Miete will debitel mobil machen, und zwar gemeinsam mit dem Klingeltonportal Jamba. Solange der Kunde Monat für Monat zahlt, darf er Musikdateien mit Digital-Restrictions-Management herunterladen. Der Datentraffic wird wohl extra zu bezahlen sein. Wird das Abo einmal beendet, verfallen alle Musikdateien. Kaufen oder gar kopieren ist nicht vorgesehen.A propos kaufen und kopieren - die im Kopiergeschäft übliche Miete von Kopiergeräten samt definierter Betriebs- und Serviceleistungen greift auch im Druckerbereich mehr und mehr Platz. Ja, der gesamte IT-Bereich orientiert sich verstärkt in Richtung Leasing. Siemens Financial Services hat den Trend erkannt und kooperiert etwa mit Fujitsu Siemens und SAP. Nicht nur, aber auch wegen Basel II werden immer mehr IT-Anschaffungen alternativ finanziert, vor allem durch Leasing. Die Fujitsu Siemens Vertriebspartner können nun innerhalb weniger Minuten online Leasingverträge für ihre Kunden im Bereich von 2500 bis 125.000 Euro organisieren. \"Vom Autohandel lernen heißt siegen lernen\", könnte insgeheim der Leitspruch lauten. Denn auch der regelmäßige Austausch gegen neuere Hard- und Software soll durch entsprechende Dauerverträge gesteigert werden.

Das Schlagwort des \"mobilen Arbeitsplatzes“ wird zwar schon seit Jahren bemüht, aber nach und nach doch mit Inhalt gefüllt. Zahllose Software- und Messaging-Lösungen gingen neben zur Schau gestellten Laptops mit eingebautem HSDPA-Modem oder Mobilfunk-Datentarifen mit fünf Gigabyte monatlichem Trafficvolumen medial unter. Avaya (in unseren Breiten früher als Tenovis bekannt), neben der Deutschen Telekom, Toshiba und Yahoo einer der vier offizieller technischer Partner des Weltfußballverbandes FIFA, setzt daher auch als reiner B2B-Anbieter auf das Thema Fußball. \"Das größte konvergente Netzwerk der Welt, nach den Regierungsnetzen\" verbindet 70 Locations, darunter nicht nur die WM-Stadien sondern etwa auch Hotels, Bahnhöfe und Flughäfen. 15 bis 20 Terabyte sollen in nur 30 Tagen übertragen werden. 35.000 Nebenstellen wären möglich, doch selbst für das Mega-Ereignis braucht die FIFA nach aktueller Planung nur 4.500.

Nicht zuletzt dank der absurden Verbürokratisierung und Vertechnisierung der WM-Eintrittskarten war RFID ein prominentes CeBIT-Thema. Auch die deutsche Bundeskanzlerin hatte RFID in ihrer Eröffnungsrede mehrmals angesprochen. EU-Kommissarin Viviane Reding startete einen eigenen Konsultationsprozess, in dessen Rahmen Anwendungen, Verbraucherfragen, Interoperabilität und Normen sowie der Frequenzbedarf erörtert werden sollen. Nach diversen Workshops wird es im Herbst eine öffentliche Konsultation geben, an der sich jeder Bürger beteiligen kann. Diese neue Technologie sei wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit, so Reding. Sie werde in Europa jedoch nur zum Durchbruch kommen, wenn zuvor das Vertrauensproblem gelöst werde. Gleich am ersten Messetag lud sie daher auch Privacy-Experten zu einer Podiumsdiskussion.IBM will derweil durch eine technische Lösung das Vertrauensdefizit ausgleichen. Im Zürcher IBM-Labor erdachte Chips haben eine perforierte Antenne, die der Endverbraucher einfach abrubbeln kann, etwa mit einer Münze. Dabei bleiben die gespeicherten Daten erhalten, können aber nur noch aus maximal fünf Zentimetern Entfernung ausgelesen werden. Was technophile Anwendern als einleuchtende Vorgehensweise erscheinen mag, wird nicht unbedingt gegen die ängste technokritischer Nutzer wirken. Die EU-Kommission weiß, warum sie sich \"weltweit akzeptierte Interoperabilitätsnormen und Maßnahmen zur Gewährleistung des Datenschutzes und der Achtung ethischer Grundsätze bei der Nutzung dieser Technologie\" wünscht. Die Vernetzung der Daten und Anwender wird jedenfalls voranschreiten. Irgendwann stehen wir vielleicht überall im Centrum der BIT-Welt - und damit nirgendwo.

20 Jahre CeBIT
Das \"Centrum der Büro- und Informationstechnik\" feierte heuer unter dem Motto \"Join the Vision\" seinen 20. Geburtstag. 1986 erstmals als eigene Messe ausgerichtet, ist die CeBIT auf ein Vielfaches der damals größten Messehalle der Welt gewachsen. Aber auch dieses Wachstum hat ein Ende. Zwar stieg die Zahl der Aussteller leicht, doch konnte zuletzt immer weniger Fläche vermietet werden. Neben prominenten Absagen wie jenen von Sony oder E-Plus, und der stark reduzierten Präsenz von Cisco, war auch Halle 27 ein deutliches Zeichen: Dorthin sollte \"digital living - Das Event mit Erlebnischarakter\" sowohl neue Aussteller als auch Konsumentenmassen locken. Im Endeffekt wirkte die Halle sehr geräumig. Die wenigen Aussteller und der immer noch saftige Eintrittspreis von zehn Euro (gegenüber 38 Euro für die gesamte Messe beziehungsweise 17 Euro für Schüler und Studenten am Wochenende und am letzen Messetag) machten sie nicht zum Besuchermagneten.Die österreichische Wirtschaftskammer verzichtete diesmal überhaupt darauf, einen österreichischen Gemeinschaftsstand zu organisieren. Nur zwei Unternehmen sollen sich dafür interessiert haben. Insgesamt präsentierten sich nicht einmal 40 heimische Unternehmen auf der weltgrößten Computermesse.
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