Menu
A+ A A-

Gute Tarife, böse Taktung

Bei unserem Nachbarn Deutschland, der per Selbstdiagnose verzweifelt von einer Welle der \"Aldisierung“ in den verschiedensten Produktbranchen geplagt ist, formulierte es ein Konzernboss kürzlich besonders drastisch. \"Die suchen mit einem Feuerzeug im Gastank, ob noch neue Kunden übrig sind“, schimpfte Rudolf Gröger, Chef des Mobilfunkers 02, über den Mitbewerber E-Plus. Schließlich hatte E-Plus mit der eigenen Billigmarke Simyo per Wertkartentarife begonnen, die hohen Mobilfunkpreise in Deutschland zu unterwandern. In österreich schaffte im April des Vorjahres Mobilfunker One mit der Tochter Yesss, sogar den bisherigen Preisbrecher tele.ring (zehn Cent in alle Netze) zu unterbieten. Man adressierte bewusst eine einfache Klientel - jene die lediglich telefonieren, SMSen und Sprachbox abhören wollen. Die gesamte Produktpalette bestand aus SIM-Karten und Ladebons, die fortan in Hofer-Filialen (Aldisierung in österreich) und einem Webshop zu finden waren. Auf Handsets, Kundenservice und differenziertere Dienstleistungen mussten die Kunden verzichten, deren Zahl laut Yesss-Geschäftsführer Josef Mayer mittlerweile auf 200.000 gewachsen ist. Die angebotenen neun Cent in alle Netze wurden jetzt abermals unterboten: Tele2UTA bildet mit einem Acht-Cent-Tarif, der in alle Netz gilt, ein neues Preistief.

Tele2UTA setzt zwar auf ein breiteres Vertriebsnetz als Yesss - Starterpakete des Diskontprodukts sind in Billa-Filialen, im Fachhandel bei Cosmos, Niedermeyer, MediaMarkt, Saturn und in Trafiken erhältlich - dennoch werden die gleichen Gedanken zu Ende geführt. Für Tele2UTA-Chef Norbert Wieser ist der Niedrigpreiskampf die logische Folge eines geänderten Kundenverständnisses im Handybereich. \"Die Kunden wollen nicht mehr stundenlang beraten werden, sie kennen sich ohnehin aus“, drängen für Wieser jegliche Dienstleistungen am Point-of-Sale weiter in den Hintergrund. Das Handy würde dagegen zunehmend zum Mitnahmeprodukt. Für die Kaufentscheidung fehlt dem Kunden von heute schlichtweg die Zeit. Ein weiterer Faktor begünstigt die neue Welle der Wertkartenkäufe: die Kunden haben meist mehrere unbenutzte, alte Mobiltelefone zu Hause. Diese GSM-Leichen, die in den Laden verfaulen, werden dann mittels PrePaidkarte einfach reaktiviert. Schon ist dann das neue Zweithandy bereit fürs günstige Telefonieren in die sonst teuren Fremdnetze. Wieser sieht den Prepaid-Markt damit in einer neuen Phase. \"Vor drei Jahren waren Wertkarten ein Produkt, das den Netzbetreibern kaum Gewinne gebracht hat. Nun ist der Trend abzusehen, dass die Kunden im reinen Sprachtelefoniebereich keine Bindungen mehr mit den Betreibern eingehen wollen.“ Dies sei eine relativ neue Ansicht, von der man profitiere.

Neue Taktung. Auch bei der Taktung geht Tele2UTA neue Wege. Es gilt 90/60: die ersten 90 Sekunden werden zur Gänze verrechnet, danach wird minutengenau abgerechnet. Dass nun ein Großteil der Kunden bei Kurzgesprächen, die Studien zufolge einen Großteil der Gespräche in österreich ausmachen, schlecht fährt, verneint Wieser. Handykunden würden einer eigenen Untersuchung zufolge mit einem einzigen Tarif vorbehaltlos telefonieren wollen. \"Mit dem neuen Taktungsmodell können sie dies einfach und billig, so lange sie wollen.“ Auch für Yesss-Geschäftsführer Josef Mayer ist das 90/60-Taktungsmodell der Konkurrenz Grund zur Freue, wie er meint: \"Wir sehen das sportlich und nehmen gern die Möglichkeit an, ebenfalls mehr Geld zu verdienen. Will ein Yesss-Kunde denselben Tarif wie Tele2, bieten wir diesen ebenfalls an.“

Die großen Netzbetreiber warnen indes vor einer solch einfachen Darstellung des Marktes. Zwar würden die Menschen tatsächlich gerne einfache Parameter in den Tarifen vergleichen, doch sei man bewusst nicht Billiganbieter. \"Unsere Kunden sind wirklich etwas wert“, entgegnet etwa Hutchison-Sprecherin Maritheres Paul. Zudem seien die eigenen Tarife ohnehin die besseren, so die Mobilfunker unisono. Während in der Branche über ein mögliches Diskontangebot der mobilkom gemunkelt wird, will man bei Hutchison nichts von einem Wertkartentrend wissen. Der Vertragsanteil bei den Handykunden steigt bei Hutchison bis dato ungebremst - ebenso wie auch bei mobilkom, T-Mobile und One. Diese Tatsache schließt für Wieser und Mayer nicht unbedingt ihren Geschäftserfolg aus. Man möchte Menschen ansprechen, \"die ein gesundes emotionales Verhältnis zu Mobiltelefonie haben“. Der österreichische Markt sei Technik- und Gadget-verliebt, so Mayer. Jene Zielgruppe, die nichts damit anfangen könne, sei nun bei Yesss willkommen.

Paul fühlt sich bei solchen Sprüchen auf den Plan gerufen. \"Es geht nicht nur um Sprachtelefonie“, so die Unternehmenssprecherin. Letztendlich seien stets auch weitere Dienste, wie etwa aus dem Daten- und UMTS-Bereich für einen Mobilfunkservice ausschlaggebend. Doch auch sie sieht ein, dass nun mal die Menschen \"gerne in Sprache vergleichen, weil sie ein Gefühl dafür haben“.

\"Wir wollen, dass die Kunden billig telefonieren\", bringt dagegen Tele2UTA-Chef Wieser jenen Punkt zur Sprache, den auch die anderen Anbieter für sich reklamieren. T-Mobile hat nun ebenfalls ein aggressives Wertkartenangebot vorgelegt: Telefonate in alle Netze zu neun Cent in der Minute. Die neue Strategie läuft unter dem Motto \"Markenangebot zum Diskonttarif“, sagt T-Mobile-Chef Georg Pölzl. Schließlich biete man dazu Kundenservice und Beratung. Voraussetzung ist lediglich, dass die Wertkarte mindestens einmal im Monat mit einem Guthaben von 20 Euro aufgeladen wird. Doch: Die Summe entspricht Pölzl zufolge ohnehin nur dem durchschnittlichen Telefonieverhalten der anvisierten Zielgruppe.

back to top