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»Herausfinden, wo es am meisten weh tut«

Claus Haiden, T-Systems Claus Haiden, T-Systems Foto: T-Systems

Claus Haiden, Vice President Telecommunication bei T-Systems in Österreich, im Gespräch über »echte Digitalisierung«, ihre Tradition in der Industrie und neue Geschäfts-möglichkeiten.

(+) plus: Was bedeutet Digitalisierung für Unternehmen? Welche Chancen sind damit verbunden?

Claus Haiden: Die Digitalisierung, von der wir heute reden, hat bereits vor vielen Jahren begonnen. Sie ist aber in unterschiedlicher Geschwindigkeit in Angriff genommen und nicht immer vollständig durchgezogen worden. Unternehmen in der produzierenden Wirtschaft tun sich grundsätzlich etwas leichter, ihre Geschäftsprozesse mittels IT neu zu erfinden und neu aufzustellen. Andere wiederum gehen dieses Thema noch zaghaft an. Lediglich vielleicht ein paar Support­aufgaben in der Administration mit IT zu verändern – ohne dabei einen Cent mehr zu verdienen –, ist noch lange nicht die Digitalisierung in der Weise, wie wir diese verstehen.

Prinzipiell unterscheiden sich viele Unternehmen darin, wie sie ihre IT-Abteilung sehen. Hat diese eine rein unterstützende Rolle, die Prozesse am Laufen zu halten, wird die Technik kaum dazu beitragen, sich neu zu erfinden. Werden dagegen die eigene IT und auch Partnerschaften mit IT-Dienstleistern als »Enabler« für neues Geschäft gesehen, sind hier viele Chancen vorhanden.

(+) plus: Welche Erfahrungen machen Sie in der heimischen Wirtschaft dazu? Warum tun sich produzierende Unternehmen hier leichter?

Haiden: Es sind eher größere Unternehmen in bestimmten Branchen, die bereits erfolgreich auf die Digitalisierung ihrer Prozesse gesetzt haben. Kleinere und der Mittelstand tun sich da etwas schwerer. Der Grund ist, dass die meisten Geschäftsprozesse und Verfahren in der Industrie bereits seit vielen Jahren standardisiert sind. Deren Abläufe sind in kleinsten Schritten identifiziert und in den Steuerungslogiken beschrieben. Wir finden in der Industrie teils sogar bereits veraltete IT, die schon lange funktioniert und die man deswegen schon lange nicht mehr angreift.

(+) plus: Haben Sie ein gutes Beispiel für ein Projekt auch aus einer industriefernen Branche?

Haiden: Nehmen wir die Logistik her. Ein Digitalisierungsprojekt von T-Systems mit einem Kunden betrifft einen gewerblichen Zustelldienst für Mittagsmenüs. Aus den Kühlschränken des Lieferanten, die bei seinen Kunden stehen, können täglich vorgefertige Menüs entnommen werden. Heute sind die Geräte mit Sensoren ausgestattet, die jederzeit Informationen zu Entnahmen und Füllstand der Kühlschränke melden. Auf Basis dieser Daten wird die gesamte Kette, von der Bestellung der Zutaten über die Zubereitung bis zu einer verkehrsoptimierten Auslieferung auf kurzen Wegen effizient organisiert. Wir sprechen bei diesem Fall von komplexen Lieferprozessen: Die Gerichte müssen für jeden Kühlschrank geplant, produziert und zugestellt werden. Auf einer Baustelle sind beispielsweise ganz andere Speisen nötig als in einer Büroumgebung. Die Menüpläne sind abhängig von Uhrzeiten, Wochentagen und nicht zuletzt auch den Vorlieben der Anwenderinnen und Anwender. Der Gastronomie-Lieferant kann mithilfe der vernetzten Sensoren und Daten im Vorfeld wesentlich besser planen und dann auch liefern.

(+) plus: Was raten Sie Unternehmen auf dem Weg der Digitalisierung? Wo sollte man beginnen?

Haiden: Der erste Schritt sollte sein, herauszufinden, wo es weh tut. Es müssen die Schmerzpunkte identifiziert werden, an denen meist auch Geld verbrannt wird. Digitalisierung bedeutet, tatsächlich Kernprozesse des Geschäfts anzugreifen und auf IT-Ebene abzubilden. Digitalisierungsprojekte verlangen Mut zur Veränderung und ein Zulassen von guten Ideen, speziell wenn eben Business-relevante Prozesse modelliert werden. Am Ende steht aber der Wandel des gesamten Unternehmens und seines Geschäftsmodells im Mittelpunkt, dieser Wandel muss schließlich auch in den Umsatzzahlen positiv sichtbar werden.

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