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Made in China

Eine Huawei-Mitarbeiterin demonstriert neuester 4K-Technologie für Videostreaming. Eine Huawei-Mitarbeiterin demonstriert neuester 4K-Technologie für Videostreaming. Foto: Martin Szelgrad

Kaum ein anderes Land prägt ­derzeit das aufstrebende Asien wie China. Am Beispiel Huaweis zeigt sich: Große Unternehmen aus dem Reich der Mitte sind längst ­international aufgestellt –
und lösen die alten Platz­hirsche ab.

Martin Szelgrad aus Shenzhen

In großen Lettern »Ausgebucht« stand dieser Tage auf der Website der Wirtschaftskammer geschrieben. Gemeinsam mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Außenminister Sebastian Kurz und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl begab sich Mitte Oktober eine Entourage an österreichischen Wirtschaftstreibenden auf eine »Marktsondierungs- und Zukunftsreise« nach Fernost. Die Reise führte in die chinesischen Metropolen Peking und Shanghai und nach Chengdu, die Hauptstadt der westchinesischen Provinz Sichuan. Neueinsteigern wurden Geschäftschancen und mögliche Partner präsentiert. Aufgezeigt wurden aber auch Herausforderungen und mögliche Stolpersteine. Ende August bereits führte der chinesische Technologiekonzern Huawei eine kleine Runde Journalisten durch die Städte Peking, Shanghai, Shenzhen und Hongkong. Das Ziel: Land und Leute den Europäern näher zu bringen.

Mit einem Wirtschaftswachstum von 7,7 % in 2013 – heuer wird dieser Wert vermutlich knapp unterschritten – bleibt China auch weiterhin das Zugpferd der Weltwirtschaft. Um die chinesische Wirtschaft langfristig auf ein stabiles Fundament zu stellen, zielt die chinesische Regierung für die kommenden Jahre auf größere Nachhaltigkeit und auch eine Reduzierung der Abhängigkeit von Drittmärkten ab. Im Zentrum der Bemühungen stehen dabei vor allem die Stärkung des Binnenmarktes. Bis 2020 wird die chinesische Mittelklasse von 350 auf 600 Millionen Menschen wachsen. »Die Mittelklasse in China verfügt über 10.000 bis 60.000 US-Dollar Jahreseinkommen. Diese Menschen sind gut ausgebildet, leben in den großen Städten und haben stabile Arbeitsverhältnisse«, charakterisiert Helen Wang, Analystin und Autorin von »Chinas Middle Class«. Vor allem die urbanen aufstrebenden Regionen Chinas sind in ihrem Auftreten nur wenig vom westlichen Niveau entfernt. Dieses rasante Wachstum sei nicht mehr aufzuhalten, so Wang, zumal die Haushalte mittlerweile ihr Einkommen in Güter, Immobilien und – ein zentrales Element überall im konzufianisch geprägten China – in die Ausbildung ihrer Kinder investieren.

Konzerne wie Huawei zeigen stolz ihre globalisierte Seite. Sie wurden vielleicht als chinesisches Unternehmen gegründet, sind heute aber überall zu finden. 150.000 Mitarbeiter hat das Unternehmen aus der Wirtschaftsmetropole Shenzhen. 70.000 davon arbeiten im Bereich Forschung und Entwicklung – viele davon in großen Forschungszentren in Europa. Wie auch die westlichen Marktbegleiter weiß Huawei, lokales Geschäft über lokale Wertschöpfung zu generieren. In Österreich hat der Newcomer nach einigen Jahren mühevoller Aufbauarbeit des Vertriebskanals im Jahr 2013 bereits 55 Millionen Euro Umsatz generiert. Von den aktuell 75 Mitarbeitern sind gut zwei Drittel in Österreich rekrutiert worden. Der Technologielieferant liefert Equipment für mittlerweile alle heimischen Telekommunikationsanbieter – eine weitere Sparte mit Geschäftskommunikationslösungen ist vor kurzem hinzugekommen. Man ist in den vergangenen Jahren in jenem Ausmaß gewachsen, wie die Mitbewerber geschrumpft sind. Lediglich das Handsetgeschäft kommt heuer nicht so richtig in Schwung. Zwar hat Hutchison, das von Huawei seit Jahren auch im Netzbereich beliefert wird, einzelne Handsets im Angebot. Der große Wurf steht aber noch aus. Besser geht es da im Heimmarkt zu: 1,3 Milliarden Menschen sollen in den kommenden Jahren die schnelle Mobilfunktechnologie LTE nutzen. Sie wurde Ende 2013 in den größten Städten ausgerollt. Smartphones sind bereits ab umgerechnet 150 Dollar zu bekommen – ein Preis, der auch Bauern den Besitz eines begehrten Handsets ermöglicht. Und Huawei ist der Top-Player.

Vom Fischerdorf zur Millionenstadt
Das Hauptquartier Huaweis befindet sich in Shenzhen. Vor 30 Jahren war das Vorzeigeprojekt des marktwirtschaftlich begrenzt aufgeschlossenen Chinas noch ein Fischerdorf. Heute leben zehn Millionen Menschen in der Modellstadt, die nur einen Steinwurf von Hongkong entfernt liegt. Trotz der schieren Größe wird immer noch wie verrückt gebaut. Mit dem Wohlstand der Mittelklasse haben sich auch die Wohnungspreise massiv erhöht. Im zentralen Bezirk leben nur jene, die sich Mieten von umgerechnet 800 Euro auch wirklich leisten können. Der Rest wohnt um umgerechnet 60 bis 70 Euro am Stadtrand und nutzt den hervorragend ausgebauten öffentlichen Verkehr. Der ist gerade in Stoßzeiten auch die bessere Wahl um von A nach B zu kommen.

Für Will Ni, einem jungen Mitarbeiter in der Kundenserviceabteilung, stellt sich die Frage nach einer leistbaren Behausung derzeit nicht. Er kann um wenig Geld am firmeneigenen Campus wohnen, der alle Stücke in Sachen Freizeitgestaltung und Bildungsmöglichkeiten spielt. Ganz in der Nähe befindet sich die »Huawei University«, in der 2.000 Studenten Trainings zu unterschiedlichen Schwerpunkten – von technischen Kursen bis Kursen zur Betriebswirtschaftt – besuchen. Ni hat ein Einkommen in einer Höhe, das vergleichbar mit jenem von Berufsanfängern in westlichen Unternehmen ist. Dies ist nicht typisch für China, aber üblich bei international aufgestellten Unternehmen aus dem Reich der Mitte. Um die besten Köpfe unter den wechselwilligen Mitarbeiter auf Dauer halten zu können, sind Unternehmen bereit, tief in die Taschen zu greifen. Der Wettbewerb unter gut ausgebildeten jungen Menschen, die viel leisten wollen, ist ungebremst hoch.

Wachsende Palette
Insgesamt machte Huawei im Geschäftsjahr 2013 umgerechnet 28,6 Milliarden Euro Umsatz – um 11,6 % mehr als im Jahr davor. Auf den Netzausrüsterbereich entfallen gut 70 % des Umsatzes, 23 % werden mit Endgeräten generiert und die restlichen 7 % werden mit Enterpriselösungen erwirtschaftet. Ein Partner in Österreich dazu ist Kapsch, das über seine BusinessCom-Sparte die Kommunikations- und Konferenzlösungen aus Fernost vertreibt. Betrachtet man die Technologiepalette des Herstellers, steht diese um nichts den Katalogen von Anbieterriesen wie Alcatel-Lucent oder Cisco nach. Rechenzentrumslösungen, Serverhardware, Carriertechnologien für WiFi oder verschiedene Frequenzbänder im Mobilfunk – sogar auf den Trend zum Kleincomputer am Handgelenk setzt man in Shenzhen. Das »Huawei Talkband« wurde eben im Heimmarkt für einen Preis von 888 Yuan (rund 100 Euro) gelauncht. Über ein Bluetooth-Headset werden Audiodaten übertragen, das Armband überwacht Tiefschlafphasen und zählt – wer das will – den Kalorienverbrauch.

Jerry Huang, Marketingleiter des Consumergeschäfts, meint dazu selbstbewusst: »Wir wollen einfach die besten Produkte kreieren.« In den kurzen Zeitfenstern von sechs Monaten, in denen einzelne Geräte am Markt erfolgreich sein müssen, ist der Druck besonders hoch. Ist ein Handy nicht von Anfang an ein Bestseller, hat es bereits verloren. Weniger als 5 % herkömmliche Handys verkauft Huangs Sparte weltweit. Die Mehrheit dagegen sind Smartphones. Jetzt will der Manager die Marke Huawei auch in Europa stärken. Nach dem Carriergeschäft soll nun in den nächsten Jahren der Consumerbereich ausgebaut werden. »Wir sehen uns als Landstreckenläufer. Aber wir sind nicht so arrogant, dass wir glauben, allein unsere Produkte wären hervorragend.«. In China ist sein Unternehmen eine der großen Brands am Markt. Das soll es nun auch in Europa werden. »Dazu müssen wir aber das Vertrauen der Konsumenten erst verdienen«, weiß Wang.

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