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No risk no fun

Von Ernst Anders
Dass die österreichische IT-Landschaft auch jenseits von Purkersdorf und Amstetten ihre Fühler ausstreckt, merkt man spätestens im morgendlichen Flieger zur CeBit. Da hebt ein großes Hallo an, jeder kennt jeden, die Branche schnuppert kollektiv internationale IT-Luft. In Hannover werden dann Informationen eingesammelt, Trends verfolgt, Neuigkeiten begutachtet. Der Wermutstropfen: Die österreicher spielen weitgehend eine passive Rolle. Statt Aussteller sind sie Kunden, statt zu exportieren wird importiert. Die Alpenrepublik liegt in den Brüsseler Exportstatistiken in der Spitzengruppe. Am Rande des letzten Ecofin-Rates ließ Finanzminister Karl-Heinz Grasser sichtlich mit Stolz und genüsslich die neuesten Zahlen fallen. In der Sparte Exportwachstum außerhalb der EU-Zone zwischen 1995 und 2004 konnte österreich gar den Rest Europas auf die Plätze verweisen. Die Stützen für diesen Erfolg sind klassische Bereiche wie Maschinen- und Anlagenbau, rührige Umwelttechniker oder Industriezulieferer. Als IT- oder gar Softwarelieferanten spielen die österreicher aber weniger den Part des Stürmers. Viel mehr sitzen sie auf der Ersatzbank. »Wir müssen die Firmen beinahe über die Grenzen treten«, merkte Peter Schneyder, Wirtschaftskammer-Mann und Sprecher der TransEuropa-Consultants, bei einer Diskussionsrunde an. Das schlägt sich auch in den Zahlen - oder vielmehr deren Absenz - nieder. Weder in den Außenhandelsstatistiken der AWO noch beim Fachverband IT sind einschlägige Informationen zu finden. Wie viele Softwarefirmen im Export tätig sind, wie viele Arbeitsplätze daran hängen, welche Umsätze erzielt werden, bleibt zumindest statistisch im Dunklen. Dazu passt vielleicht eine kleine Schnurre. Der erste »Software-Inder«, der zum Höhepunkt der New-Economy-Welle zur Unterstützung der heimischen Softwareentwickler mit viel Tamtam »eingebürgert« wurde, war angeblich ein Fake. Es soll einen kurzen Fototermin mit dem Minister und den Medien gegeben haben, danach flog der gute Mann wieder heim ins Land der Maharadschas. Wenig Tamtam macht hingegen ein respektabler Kärntner Unternehmer, der zur Diversifizierung einen einschlägigen und angeblich auch in den USA erfolgreichen Erotik-Internet-Channel aufgezogen hat. Dass auch von hier keine offiziellen Erfolgsmeldungen oder gar Erfahrungsberichte kommen, soll daran liegen, dass das pikante Hightech-Bizz von Büroräumen aus betrieben wird, die just von einer Erzdiözese angemietet wurden. Abseits von solchen Schmankerln gibt es natürlich auch in österreich ernsthafte Aktivitäten. Die Siemens Business Services (SBS) beschäftigt schon alleine rund tausend Softwareingenieure. Die Butter aufs Brot verdient der Marktleader unter den heimischen IT-Consultants mit Aufträgen, die jenseits der Grenzen akquiriert werden. Vor allem im den angrenzenden Ostländern ist die SBS bei Behörden und Konzernen aktiv, und poliert so indirekt die virtuelle Software-Exportbilanz auf. Ebenfalls zu erwähnen ist die Kapsch-Gruppe, die im Bereich Verkehr und Telematik im Quartalstakt ein neues Fähnchen auf ihren Vetriebsglobus pinnt und mittlerweile zwischen Südamerika und Ostasien weltweit präsent ist. Auch Beko-Professor Peter Kotauczek pilgerte bereits - fast noch gemeinsam mit Alois Mock - kurz nach der Grenzöffnung nach Ungarn. Natürlich gibt es auch den oberösterreichischen Softwarepark Hagenberg, die steirische JoWooD hat mit ihren Games immerhin einmal den Entertainmentsektor aufgemischt, auch wenn es schon länger nicht mehr gut läuft. Der Tourismusexperte Tiscover trägt tirolerisches Know-how ins Ausland, der »Teletrader« Christian Baha kann sich dank seiner Börsensoftware eine Yacht in Monte Carlo leisten. Trotz aller punktuellen Erfolge fehlt im kleinen österreich immer noch so etwas wie eine geschlossene Softwareindustrie. Zu einer Trademark wie »Silicon Valley Europas« wird es die Alpenrepublik bei nüchterner Betrachtung wahrscheinlich auch nie bringen. Das mag - neben dem zahlenmäßig traurigen Output unserer einschlägigen Universitäten - auch daran liegen, dass beispielsweise im indischen Bangalore bald mehr Programmierer arbeiten, als Linz und Graz Einwohner haben. Das bittere Los und gleichzeitig wohl die große Chance der heimischen Softwerker liegt in der Spezialisierung. So ist es kein Wunder, dass hierzulande die Einzelkämpfer dominieren.
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