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David gegen Goliath

100 Jahre nach seiner Gründung wurde der Kindergarten Kematen dank Trockenbau in nur sechs Monaten generalsaniert.Wärme-, Feuchtigkeits-, Schall- und Brandschutz sind ausschlaggebende Faktoren für die Gebäudenutzung. Damit stellt sich bei vielen Bauprojekten die Frage: Leichtbau oder Massivbau.

Von Karin Legat.

In der Geschichte von David gegen Goliath besiegt der junge Schafhirte den mächtigen Krieger Goliath. In der Bauwelt zeigt sich ein anderes Bild. Setzt man David mit dem Leichtbau gleich und Goliath mit dem Massivbau, geht Goliath als Sieger hervor. Im Mythos fiel es David leicht, kurzerhand die Strategie zu wechseln. Um schneller zu werden, zog er sein schweres Rüstzeug aus, legte das Schwert beiseite und kämpfte mit Steinen und seiner Schleuder. Im Bauwesen ist eine rasche Änderung der Taktik fast unmöglich. Der Mensch will Garagen, Tunnels und Hochhäuser. In dieser Bauweise dominieren Ziegel, Beton in allen Varianten, Holzmantelsteine, massive Fertigteilwände aus Holz sowie Mörtel und Stein. Der Leichtbau als zweite Baukonstruktion findet vorwiegend Anwendung im Innenausbau und im Einfamilienhausbereich. Die Marktanteile im mehrgeschoßigen Wohnbau und Objektbau sind steigend.

Internationale Marktforschungen prognostizieren sehr hohe Wachstumschancen. Leichtbauprojekte werden meist auf Basis einer Holzbaukonstruktion realisiert, der Holzanteil beträgt etwa 15 Prozent. Daneben werden Metall, Faserverbundwerkstoffe sowie Beplankungen aus Holz und Gipskarton eingesetzt. Stefan Vötter, Generalsekretär von Bau Genial – Leichter Bauen, Besser Wohnen: „Wir erkennen einen Trend zum Bauen mit Brettsperrholz, der mehrschichtigen Massivholzplatte (zählt für Vötter ebenfalls zum Leichtbau). Dieses Material bietet einen sehr hohen Vorfertigungsgrad und eine Produktkontrolle im Werk. Das flächige und massive Element gibt Planern und Architekten völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten. Moderner Leichtbau wird die Architektur verändern und in vielen neuen Anwendungsgebieten zum Einsatz kommen“, ist Vötter überzeugt.

Bauweise – Quo vadis?

Derzeit hat der Massivbau den höchsten Stellenwert im gesamten Bauwesen. Für den Straßen- und Wegebau, den Eisenbahnbau, den Wasser-, Grund- und Tunnelbau ist er entscheidend. „Es gibt aber immer wieder Bauprojekte in Leichtbauweise, v.a. in den westlichen Bundesländern“, berichtet Robert Stefenelli von BAU!MASSIV!. Leichtbau wird als die modernere, zeitgeistigere, innovativere Bauweise wahrgenommen. „Durch die Überschneidungen der einzelnen Baustoffe ist eine klare Abgrenzung aber nicht immer ganz einfach. Im Einfamilienhausbereich sehen wir einen Leichtbau-Anteil von 25 bis 30 Prozent“, stellt Vötter fest. Sieht man sich die gesamte Baubranche an, bewegt sich der Leichtbau (Trocken- und Holzbau) jedoch an der 1-Prozent-Grenze. „Der Anteil von Leichtbau im Tiefbau (Straßen-, Wegebau, Eisenbahnbau, Erdbau, Grundbau, Tunnelbau, Wasserbau, Kanalisation, Spezialtiefbau und Siedlungswasserwirtschaft) ist sehr gering. Betrachtet man hingegen die gesamte Hochbautätigkeit in Österreich, so liegen unsere Schätzungen bei 80 Prozent Beton- und Ziegelbau, 15 Prozent Holz- und Trockenbau und fünf Prozent Stahlbau“, berichtet Bau-Genial-Experte Vötter zufrieden. „Wir leben in einer Zeit der raschen Veränderungen. Die rasante Entwicklung der Kommunikationstechnologie und die ständig steigende Mobilität haben unser privates Umfeld ebenso verändert wie die Arbeitswelt. Unsere neue Lebensphilosophie verlangt neue Gebäude, neue Bauweisen, die diesen Veränderungen Rechnung tragen. Aus unserer Sicht ist der Leichtbau in der Lage, den gestiegenen Anforderungen an Flexibilität und Veränderbarkeit gerecht zu werden.“

Woran liegt es nun, dass der Massivbau auch bei mehrgeschoßigen Wohneinheiten und bei Büroparks nach wie vor die Oberhand hat? Welche Vorteile bietet er, mit welchen Schwachpunkten ist zu rechnen, und wie steigt im Vergleich dazu der Leichtbau aus? Hier einige wichtige Kriterien (es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit!):

Kirchdorfer-Zentrale: Hier erfährt Beton eine ihm im Allgemeinen nicht zugedachte Wirkung: eine schwebende Leichtigkeit.Thermischer Komfort

Je besser die Wärmedämmung, desto höher die thermische Behaglichkeit. Aufgrund der mehrfachen Speichermasse sind Massivhäuser im Vorteil gegenüber Leichtbaukonstruktionen, wenn man Wärme im Gebäude speichern möchte. Das betrifft vor allem sonnige Wintertage. An warmen Sommertagen wirkt die Speichermasse umgekehrt als natürliche Kühlung. Allerdings: Einige Massivbaustoffe sind aufgeschäumt und weisen wesentlich geringere Speichermassen als Vorgängerprodukte auf. Leichtbauten reagieren sehr rasch auf äußere Temperaturschwankungen und solare Einflüsse. Für kurzzeitig bewohnte Gebäude ist die Leichtbauweise zu präferieren, da die Anheizphase gegenüber massiven Baumassen stark verkürzt ist. Der Vorteil der Leichtbauweise ist in der Folge die Beibehaltung eines angenehmen Raumklimas, sie ist zudem sehr leicht steuerbar. Klimatische Faktoren spielen heutzutage keine Rolle mehr. Dennoch: In kühleren Regionen dominiert die Leichtbauweise, in wärmeren die Massivbauweise. Österreich liegt laut BAU!MASSIV! in der „südlichen Übergangszone“. Laut Bau Genial – Leichter Bauen, Besser Wohnen gewinnt der Leichtbau durch die optimalen Dämmstoffe und Wandaufbauten immer mehr an Bedeutung.

Lebensdauer

Wie lange ein Gebäude in Verwendung steht, hängt von vielen Faktoren ab. Neben Energieeffizienz, Heizkosten, Art der Nutzung und Lärmschutz ist der Faktor Feuchtigkeit mitentscheidend. Direkt mit der Raumluft in Verbindung stehende Holzbauteile können regulierend auf den Feuchtehaushalt wirken. Hier ist ein Pluspunkt der Leichtbauweise zu finden. Bei zu viel Feuchtigkeit im Raum wird diese nämlich (zumindest teilweise) vom Holz aufgenommen. Wird das Raumklima zu trocken, gibt das Holz Luftfeuchtigkeit ab, was zu einem optimalen Raumklima führt. Bei Massivbauten kann Feuchtigkeit zwar zu Durchfeuchtungen führen, die statische Konstruktion wird auch hier in der Regel nicht beschädigt.

Graue Energie – Nachhaltigkeit

Der Aufwand an Primärenergie beim Bau eines Holzhauses ist etwa dreimal geringer als beim Bau eines Massivhauses. Bevorzugte Verwendung finden heimische Hölzer wie Ahorn, Fichte, Esche und Lärche. Der österreichische Wald speichert etwa 800 Millionen Tonnen Kohlenstoff. Das entspricht der 40-fachen Menge der jährlichen Treibhausgasemissionen Österreichs. Nachhaltigkeit ist auch ein Faktor bei Massivbaustoffen. Beim Ökobeton SLAGSTAR z.B. wird auf reduzierte CO2-Emission, die Schonung natürlicher Rohstoffressourcen und die Einsparung fossiler Brennstoffe geachtet.

Bauzeit

Die Vorfertigung in der Halle erfordert bei Leicht- wie Massivbau einen höheren Zeitaufwand in der Arbeitsvorbereitung (Werkstattpläne, Planung der Produktionskapazitäten, Logistik etc.). Die effektiven Bauzeiten sind bei beiden Bauweisen annähernd gleich. Beim Transport spielt eher das Transportvolumen als das Gewicht die bestimmende Rolle.

Luftdichtheit

Die Luftdichtheit ist wesentlich von der Sorgfalt bei der Bauausführung abhängig. Massivbauten weisen eine hohe Luftdicht­heit auf – verputzte Wände und Betondecken sind luftdicht. Beim Leichtbau wird die Luftdichtheit meist durch dichte Schichten erzielt, die bei Vorfertigung im Werk lagerichtig eingebaut werden. Durch die hohen Anforderungen an die Produktionskontrolle ist die Qualitätssicherung gewährleistet.

Brandschutz

Als Richtlinie für Einfamilienhäuser genügt laut Andreas Kolbitsch, Univ.-Prof. an der TU Wien, ein Brandschutz von R30 bzw. REI30 (Brandwiderstand von 30 Minuten). Dies ist mit beiden Bauweisen zu verwirklichen.

Schallschutz

Hohe Massengewichte bringen gute Luftschallwerte. Der Luftschallschutz kann daher einen Grund für die Präferenz Massivbau darstellen. Durch den Einsatz von beschwerenden Kieslagen oder speziellen Deckensystemen bieten allerdings auch Leichtbaukonstruktionen einen guten Schallschutz. Jedoch können die zusätzlichen Schichten zu einer Verteuerung des Holzsystembaus führen und zu einem Anstieg der grauen Energie. Zu berücksichtigen ist auch der Trittschallwert. Dieser Faktor muss bei beiden Bauweisen konstruktiv gelöst werden.

Baubiologische Qualität

Prinzipiell lässt sich laut Bauindustrie mit beiden Bauweisen ein wohnhygienisch einwandfreies Raumklima sowie eine schadstofffreie Luftqualität verwirklichen. Laut einer IBO-Studie sind massive Baustoffe in der Relevanzklasse 0 eingestuft (keine oder vernachlässigbar geringe Schadstoffbelastung der Raumluft), Holz in der Relevanzklasse 1–2 mit gewisser oder hoher Schadstoffbelastung. Holz ist atmungsaktiv und kann überdies Schadstoffe der Luft binden.

Ökologische Qualität

Die meist hohen Brenntemperaturen bei der Herstellung von Massivbaustoffen schlagen sich negativ in der Energiebilanz nieder. Wird nicht nur die Errichtung, sondern der gesamte Lebenszyklus der Gebäude bis zum Rückbau/zur Entsorgung betrachtet, haben massive Gebäude eine positive Ökobilanz. Leichtbauten weisen in der Regel günstige ökologische Werte auf. Eine positive Kennzahl haben Leichtbauten vor allem hinsichtlich der CO2-Belastung. Holz und Flachs zählen zu den nachwachsenden Rohstoffen.
 
Kombination Leicht-Massiv?

Ist es nun sinnvoll, Leichtbau und Massivbau zu kombinieren, um die Nachteile der jeweils anderen Bauweise zumindest teilweise auszugleichen? Hier teilen sich die Meinungen. „Im Sinne der einfachen Instandhaltung, insbesondere aber der Kreislaufwirtschaft, also einer späteren Verwertung der Baustoffe, sind Kombinationen von anorganischen und organischen Stoffen zu vermeiden. Je sortenreiner die Baustoffe verbaut und damit wiedergewonnen werden können, desto leichter sind sie wieder zu verwerten“, lehnt BAU!MASSIV!-Fachmann Stefenelli Überschneidungen von Leicht- und Massivbau ab, nennt aber gleichzeitig einige Ausnahmen. „Bei der geschoßweisen Trennung von Gebäuden macht die Kombination Sinn. Das Erdgeschoß kann in Massivbauweise errichtet werden, das Dachgeschoß in Leichtbauweise. Auch lasttragende Bauteile (Wände, Decken/Massivbau) können mit nicht lasttragenden Zwischenwänden (Leichtbau) kombiniert werden.“ Sein Branchenkollege von Bau Genial – Leichter Bauen, Besser Wohnen, Stefan Vötter, ist ein Verfechter des Mischbaus. „Er kann die Vorteile beider Systeme vereinigen. Schon jetzt wird sehr selten ein einziger Baustoff eingesetzt. Meistens sind es Bausysteme bzw Wandaufbauten mit verschiedenen Eigenschaften, die je nach Anwendungsgebiet (Ein-/Zweifamilienhäuser, mehrgeschoßige Wohnbauten, Objektbau) optimiert werden. Auch hier entscheidet die Nutzung. In der Sanierung sind Mischbauten oft die einzig mögliche perfekte Kombination.“ In einem sind sich beide Experten einig: Die Planung entscheidet über den Erfolg, egal ob die Wahl auf Leichtbau oder Massivbau fällt.

 

> Leichtbau (Holzbau, Stahlbau)

Die Vorteile

  • Versorgung aus regional verfügbaren Quellen
  • Basis sind nachwachsende Rohstoffe und ist somit CO2-neutral
  • Kurze Bauzeit
  • Hoher Vorfertigungsgrad  und Qualität durch eine Produktkontrolle im Werk
  • Hohe Ressourceneffizienz
  • Geringer Platzbedarf
  • Geringe Konstruktionsdicke
  • Geringes Abfallaufkommen


Die Nachteile

  • Die Verwendung im Außenbereich des Bauwesens erfordert eine Imprägnierung, damit ist das Material nicht mehr recycelbar (gilt nicht für Tragkonstruktionen)
  • „Holz arbeitet“, ist es aber durch den Fachbetrieb verarbeitet, sind die Bauteile weitgehend formstabil
  • Beim Bau ist ein Holzbaubetrieb oder ein Trockenbaubetrieb notwendig, um die Qualität zu gewährleisten
  • Es bestehen aufwändigere Begleitmaßnahmen zur Erreichung der gleichen Performance wie beim Massivbau (Brandschutz, Luft- und Winddichtheit, Feuchteschutz, Speicherfähigkeit)
  • Die Planungsphase beim Leichtbau dauert manchmal länger. Diese Zeit wird aber durch die sehr rasche Bauzeit ausgeglichen


> Massivbau (Mauerwerk, Stahlbeton, Holzmassivbau)

Die Vorteile
  • Anorganisch
  • Widerstandsfähig gegen Feuer, mechanische Abnützung, Witterungs- und chemische Einflüsse
  • Langzeitbeständig
  • Wärmespeicherfähigkeit
  • Hohe Schalldämmung
  • Hoher Energieverbrauch bei der Produktion relativiert sich durch langen Lebenszyklus des Bauwerks
  • Geschoßdecken in Beton weisen eine sehr hohe Tragfähigkeit auf
Die Nachteile
  • Höhere Konstruktionsdicken bei Außenwänden
  • Ressourcenverbrauch (aber wieder verwertbar/rezyklierbar)
  • Energieeinsatz von fossilen Energieträgern
  • CO2-Emissionen (relativieren sich über langen Lebenszyklus)
Last modified onMontag, 25 Oktober 2010 12:17
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