Ankurbeln
- Written by Redaktion
- font size decrease font size increase font size
Wie die Konjunkturlokomotive wieder in Gang gesetzt werden kann, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, und warum ein kleiner Würstelbudenbesitzer heute wesentlich mehr zum Wohlfahrtsstaat beiträgt als multinationale Konzerne, erklärt Christoph Matznetter, Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands Österreich (SWV) und Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
Auch wenn das österreichische Wirtschaftswachstum dem europäischen Schnitt noch hinterherhinkt, so versprechen die Prognosen Positives. Laut WIFO und IHS wird der private Konsum dank der Steuerreform weiter ansteigen, die Investitionen werden sich langsam erholen und auch die Exporte werden ab 2017 deutlich wachsen. Das bedeutet, dass die Bundesregierung den richtigen Kurs eingeschlagen hat. Die größte Wachstumsbremse ist am Ende des Tages jedoch die schlechte Laune.
Vier von zehn Unternehmen haben im vergangenen Jahr geplante Investitionen nicht durchführen können, weil sie an der Finanzierung ihrer Investitionsvorhaben gescheitert sind – das sorgt für Frustration. Wir müssen daher ein Umfeld schaffen, in dem Betriebe problemlos in neue Technologien und Innovationen, in die Ausbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren und hoch qualitative Güter und Arbeitsplätze schaffen können.
Neue Formen der Finanzierung
Solange aber die Steuer- und Abgabenquote weiter im europäischen Spitzenfeld liegt, während die Lohnquote stetig sinkt und Arbeitslosigkeit steigt, tun sich Unternehmen schwer, gute Jobs zu schaffen, von denen die Menschen in diesem Land auch wirklich leben können. Dabei würde mehr Einkommen zu mehr Kaufkraft und Ankurbelung der Wirtschaft führen, aber Betriebe ächzen unter den hohen Lohnnebenkosten. Eine vorzeitige Absetzung für Abnutzung oder eine degressive Abschreibungsmöglichkeit würde die Investitionslust gerade im Bereich der KMU wieder deutlich steigern.
Eine wirksame und aufkommensneutrale Steuerentlastung wäre zum Beispiel die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage anstelle der lohnabhängigen Sozialabgaben in Form einer Wertschöpfungsabgabe. Sie würde die Dienstgeberbeiträge um ein Drittel senken und damit die Kosten auf Arbeit verringern. Außerdem schafft sie Steuergerechtigkeit zwischen lohnintensiven und kapitalintensiven Branchen, denn es ist absurd, dass der Würstelbudenbesitzer in Wien wesentlich mehr zum Wohlfahrtsstaat beiträgt als multinationale Konzerne, die hierzulande keine Steuern bezahlen.
Und nachdem die Finanzierung der Sozialleistungen zukünftig nicht allein vom Faktor Arbeit getragen werden kann, da Maschinen bekanntlich keine Sozialabgaben zahlen, müssen wir darüber reden, wie wir die Finanzierungsform ändern wollen. Die Digitalisierung und die damit verbundenen monetären Auswirkungen auf den Wohlfahrtsstaat werden daher eine der größten Herausforderungen für die Zukunft sein.
Deregulierung und Entbürokratisierung
Auch die Frage der fairen Verteilung von Arbeitszeit wird angesichts der horrenden Überstunden, die jährlich geleistet werden, auf das Tapet kommen. Man wird sich überlegen müssen, welche Formen der Arbeitszeitflexibilisierung bzw. Arbeitszeitverkürzung im Einklang zwischen den Bedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Wirtschaft stehen.
Das vom Bundeskanzler Christian Kern geplante Wirtschaftspaket wird auch vielversprechende Änderungen im Bereich Deregulierung und Entbürokratisierung bringen. Denn zu viel Regulierung ist auf jeden Fall ein Problem. Daher müssen wir uns von gewissen Dogmen trennen, trotzdem aber gut überlegen, wie weit man Gewerbeliberalisierungen zulassen will. Hier wird es unbürokratische und praxisnahe Regelungen geben müssen, die das wirtschaftliche Nebeneinanderleben zwischen neuen und traditionellen Gewerbeformen ermöglichen, aber auch das Leben von Start-ups, Neuen Selbstständigen und Freiberuflerinnen und Freiberuflern fördern.
Entscheidend für eine positive Stimmung in diesem Land ist daher der Mut zur Veränderung. Das bedeutet auch, die Fenster zu öffnen und frischen Wind für neue Ideen hereinzulassen, um an zukunftsträchtigen Maßnahmen für die Wirtschaft arbeiten zu können. Gemeinsam wird uns das gelingen. Dann geht es auch mit der Konjunktur und mit der Stimmung wieder bergauf.