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Probleme mit dem Sparkurs der Regierung

Report: Das erste Quartal 2007 ist für BEKO ambivalent verlaufen. Engineering ist auf Schiene, Informatik ist deutlich unter den Erwartungen geblieben. Was sind die Gründe?
Friedrich Hiermayer: Unsere Engineering-Abteilung ist sehr nah an der Industrie, einer Branche, die in den letzten Jahren durch einen starken Technologiewandel gekennzeichnet war. Diesem Wandel sind wir mit unserem Konzept eines High-Tech-Ingenieursbüro entgegen getreten und dieses Konzept ist voll aufgegangen. Natürlich profitieren wir aber auch von der allgemein sehr guten Konjunktur.
Die Informatikabteilung kämpft vor allem mit dem Sparkurs der neuen Regierung. Die Investitionen im IT-Bereich wurden um 30 Prozent reduziert. Deshalb ist es auch im Governmentbereich zu Einbrüchen gekommen und wir konnten den Plan nicht erfüllen. Dazu kam noch ein Managementwechsel und eine neue Geschäftsstelle in Graz. Deshalb haben wir auch Umstrukturierungen vorgenommen. Wir konzentrieren uns jetzt verstärkt auf Analysen und Entwicklungsarbeit. Dieser Kurswechsel macht sich bezahlt. Seit Ende April haben wir die Probleme wieder im Griff.

Wenn der Bund als Auftraggeber in weiten Bereichen wegfällt, ist es aber schwierig den E-Governmentbereich wieder auf Schiene zu bringen.
Natürlich spüren wir die Einsparungen des Bundes, aber wir versuchen jetzt, einen anderen Weg zu gehen und Projekte auf lokaler und regionaler Ebene zu verwirklichen. Wir sind etwa beim Projekt E-Schwechat stark involviert, auch in Oberösterreich und der Steiermark tut sich einiges.

Wie lauten Ihre Forderungen an die Politik?
Ich habe keine Forderungen, aber Wünsche. Einerseits wünsche ich mir, dass industriewirtschaftliche Gedanken in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Und natürlich würde ich mir wünschen, dass die Prioritäten nach anderen Kriterien gesetzt werden, als das im Moment der Fall ist.

BEKO hat große Hoffnungen in E-Govermentprojekte und ihren Export in die neuen EU-Mitgliedsländer gesetzt. Was ist davon übrig?
Das hat sich leider nicht so entwickelt, wie von uns erhofft und erwartet. Auch hier muss man die Politik in die Pflicht nehmen. Das Tool für das zentrale Melderegister ZMR war fertig. Das hätte in genau dieser Form in Länder wie Ungarn oder der Slowakei exportiert werden können. Das wurde aber leider verabsäumt. Jetzt arbeiten diese Länder an eigenen Projekten. Das wäre nicht nötig gewesen. Wir investieren nach wie vor sehr viel Geld in E-Government und E-Health aber mittlerweile verlassen wir uns lieber auf unsere eigenen Stärken anstatt auf die Initiative des Bundes zu warten.

Stichwort Product Lifecycle Management. Die ersten Projekte sind gestartet. Was erwarten Sie sich von PLM?
Zuallererst erwarte ich, dass sich der Name PLM ändern wird. Wir haben eine umfangreiche Marktanalyse durchgeführt und sind zu dem Schluss gekommen, dass der Begriff PLM ein Problem ist. Unsere Kunden kommen in erster Linie aus dem Engineering-Bereich, da finden derartige Fachtermini nur wenig Anklang. Wichtig ist, dass unsere Vertriebsmannschaft so geschult ist, dass sie dem Kunden vor Ort den Mehrwert einer Lösung näher bringen kann. Da sind hoch trabende Fachbegriffe eher hinderlich. In Zukunft wird PLM aber sicher eines unserer Hauptthemen werden.

Wie sehen die nächsten Schritte aus?
Wir konzentrieren uns jetzt vor allem auf Kleinprojekte. Das entspricht zum einen unserer Philosophie, hilft uns aber auch, wertvolles Know-how für größere Projekte zu sammeln. Wir sehen und im Gegensatz zu den Systemanbietern als Integrationspartner. Die dringendsten Probleme werden zuerst gelöst. Wir analysieren gemeinsam mit dem Kunden die Geschäfts- und Produktionsprozesse und können schon beim ersten Gespräch Lösungsansätze liefern. Es geht darum die EDV-Landschaft zu optimieren. PLM lebt und ändert sich täglich, wir wollen die Unternehmen auf diesem Weg begleiten.

Während viele Experten in Second Life einen klassischen Medienhype sehen, setzt BEKO, ähnlich wie viele andere Firmen, ungebremst auf das zweite Leben. Besteht nicht die Gefahr eines Millionengrabs?
Wir setzen stark auf Second Life, weil wir überzeugt sind, dass das Web 3.0 nicht aufzuhalten ist. Ob es sich nun um Second Life oder eine andere Plattform handelt, ist eigentlich nebensächlich, aber Second Life ist ein ideales Experimentierfeld. Wir betreiben etwa auf BEKO Island einen PLM Test Grid. Ich gebe Ihnen auch noch ein anderes Beispiel: Die TüV-Abnahme in der chemischen Industrie findet schon heute in der Regel am 3D-Modell statt. Dafür ist es nötig, dass alle Beteiligten an einem Ort zu einer gewissen Zeit zusammenkommen. Wenn ich das 3D-Modell in Second Life transferiere, kann die Abnahme zu jeder Zeit und von jedem Ort aus durchgeführt werden. Natürlich sind das heute noch Visionen, aber wir treffen bereits jetzt die nötigen Vorkehrungen, um leistungsfähig zu sein, wenn der Markt so richtig durchstartet.

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