Bei Gongschlag Teamplay
- Written by Redaktion_Report
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Kari Kapsch: Zuerst würde ich nicht unbedingt behaupten, dass wir die große Ausnahme sind. Kapsch ist in der Telekommunikation in den beiden Bereichen, CarrierCom und BusinessCom, Systemintegrator - wir müssen uns also mit den jeweiligen lokalen Dienstleistern vergleichen. Internationale Unternehmen kommen hier mit wenigen Ausnahmen, wie etwa NextiraOne, nur vereinzelt vor. Herausragend aber sind sicherlich unsere Performance und unser derzeitiges Wachstum. Ein Grund dafür sind die Eigentümer der Kapsch Gruppe, die im eigenen Haus unternehmerisch agieren. Dadurch haben unsere Mitarbeiter einen wesentlich höheren Motivationsgrad als dies bei anderen Unternehmen üblich ist. Für unsere Leute macht es einen großen Unterschied, direkt mit den Eigentümern am Wohl des Unternehmens arbeiten zu können. Nebenbei haben wir aufgrund dieser Eigentümerstruktur auch die Möglichkeit, mal ein, zwei Jahre in Segmente ohne große Gewinngarantien zu investieren - ohne gleich irgendwelche Aktienkurse dadurch zu gefährden. Freilich wird auch bei uns ein Börsengang angedacht. Allerdings nicht mit der gesamten Gruppe, sondern mit Kapsch TrafficCom. In diesem Bereich kann ein Börsegang eine interessante Perspektive bringen. Dort ist das Geschäft auch anders: Kapsch ist Entwickler und Systeminhaber der Mautlösungen, denen nun ein Weltmarkt offen liegt. Mit den Erfolgsgeschichten der Mautsysteme in österreich und Tschechien, wo TrafficCom mit Partnern auch eine eigene Betreibergesellschaft gegründet hat, sind ganz andere Hebel möglich.
(+) plus: Die schlimme Zeit des Absturzes der Technologiebranche an den Börsen hat die gesamte Branche in Mitleidenschaft gezogen. Doch sind aus dieser Krise auch viele gestärkt herausgegangen. Wie hat Kapsch diese Phase überstanden?
Kari Kapsch: Wir hatten noch vor dieser Bereinigungsphase in der nunmehr vierten Generation zwei Familienstämme im Unternehmen, die sich - wie es oft in Familienunternehmen passiert - irgendwann nicht einmal mehr über die Farbe am Garagentor einigen konnten. In einer großen Eigentümerbereinigung schufen wir dann aber die notwendige Basis für die kommenden schwierigen Jahre: Die andere Familienhälfte wurde ausgekauft. Dies ermöglichte wesentlich raschere Entscheidungen. Damit hat es innerhalb des Vorstandsteams - mein Bruder Georg, Franz Semmernegg und ich - eine solch gute Zusammenarbeit gegeben, dass vieles bewältigt werden konnte. Auch wir wurden beginnend mit 2001 mit schwierigen Jahren der Herausforderung konfrontiert: Wir stellten die gesamte Gesellschaft auf den Kopf und kreierten neue Strukturen mit den drei Holdingtöchtern CarrierCom, BusinessCom und TrafficCom. Damals wurden Unternehmensteile auch abgegeben: Wir beendeten viele Aktivitäten im Fertigungsbereich, mussten dramatisch Personal reduzieren und bereinigten die Verwaltung. Der Vorstand hat akkordiert gearbeitet, im Team gut funktioniert und hat dadurch die Mitarbeiter stets mitreißen können. Wir haben das Glück gehabt, dass uns dies gelang.
(+) plus: Welche Lehren haben Sie aus dieser Phase gezogen?
Kari Kapsch: Dass man auch in guten Zeiten nie vergessen sollte, auf die Kostenstrukturen in Unternehmen zu achten. Das ist ein Fehler, den wir allesamt machen: In Moment des Wachstums und des Gewinns ist man mit dem Aufbau unnötiger Strukturen viel lockerer. Wenn es aber eng wird, ist es erstaunlich, mit wie wenig Ressourcen ein Unternehmen auskommen kann. Manchmal hatten Unternehmensprozesse nach der Belegschaftsreduktion sogar besser funktioniert.Es war schon eine verrückte Zeit: Zum Höhepunkt der Goldgräberstimmung sind Fachkräfte völlig überbezahlt mit oft doppelt so hohen Gehälter abgeworben worden. Man musste als Unternehmer richtiggehend Sorge um seine gute Mannschaft haben. Diese Jahre sind bekanntlich vorbei. Und die vormals Abgeworbenen sitzen mitunter wieder bei ihren alten Arbeitgebern - zu realistischen Konditionen.
(+) plus: Die Branche ist stets in Bewegung - welchen Wandel hat die IT-Dienstleistungstochter Kapsch BusinessCom in den letzten Jahren erfahren?
Kari Kapsch: Früher, vor der Zusammenführung der beiden Systemhäuser Kapsch und Schrack, war die reine Sprachkommunikation in beiden Unternehmen extrem dominant und generierte um die Jahrtausendwende gut neunzig Prozent der Umsätze. Mittlerweile ist die Situation anders: Wir haben nun einen Sprachanteil in der Größenordnung von rund fünfzig Prozent. Die andere Hälfte ist aus den neuen Bereichen hinzugekommen. Darin enthalten sind der Infrastrukturbereich, das Datengeschäft und die IT. Bei der KBC wurde vor zwei Jahren eine Erweiterung des gesamten Leistungsportfolios in die komplette IT-Welt definiert, an der wir derzeit intensiv arbeiten. Damit meinen wir auch die Erweiterung des Unternehmens durch Akquisitionen. Im Jahr 2002 wurde nach der Zusammenführung mit Schrack BusinessCom auch das Businesskundengeschäft der Ericsson AG österreich übernommen. 2003 ging es dann mit der übernahme des Netzwerkintegrators CS Communications weiter. Ein Jahr später wurde der in Verkabelungen, Serverraumüberwachung und Zutrittskontrollen starke Spezialist ADS gekauft. 2005 akquirierten wir zwei österreichische IT-Companies - techcom und Systrex - gefolgt von Getronics im Vorjahr. Dieser letzte Kauf betraf nicht nur österreich sondern auch das Geschäft in der Slowakei, Tschechien und Polen.
(+) plus: Die Getronics-übernahme war bei weitem der größte Brocken für Kapsch BusinessCom. Wie weit ist die Integration fortgeschritten?
Kari Kapsch: Nachdem wir den Vertrag mit Ende Juni 2006 unterschrieben hatten, rechneten alle Beteiligten mit dem üblichen maximalen Zeitraum bis zur kartellrechtlichen Genehmigung. Mitnichten - wir hielten bereits sechs Wochen später die Genehmigung in Händen, hatten uns aber zum Glück bereits die Köpfe zum detaillierten Ablauf der Integration zerbrochen. Mit Gongschlag 18. August wurden dann ohne weitere Diskussion das gesamte Inventar und Kundenaufträge in das Geschäft der Kapsch BusinessCom in österreich übernommen. Die Integration der Mitarbeiter ist ebenfalls nach wenigen Wochen abgeschlossen gewesen, so dass wir im September die gesamte Integration in österreich gemeistert hatten. 250 Getronics-Mitarbeiter wurden gesamt übernommen, davon knapp neunzig in österreich. Auch bei den übernahmen außerhalb österreichs sind wir gerade dabei, die Getronics-Gesellschaften zu fusionieren.
(+) plus: Wie haben die Getronics-Kunden auf diesen Kauf reagiert? Ist es zu Vertragsauflösungen gekommen?
Kari Kapsch: Kunden wechseln bekanntlich dann, wenn sie unzufrieden sind. Getronics hat bislang ebenso wie Kapsch eine gute Dienstleistung geboten. Daran ändert sich auch mit der Zusammenführung nichts - im Gegenteil: Es kann sogar noch besser werden. Wir haben bis dato keinen Kunden verloren. Darüber hinaus ist die Mannschaft voll motiviert, mitsamt den Schlüsselkräften. Wir waren bereits die Nummer eins im Sprachbereich und sind nun mit den Getronics-Assets als größter Cisco-Partner die Nummer eins im LAN-Bereich.
(+) plus: Was bedeutet dies für den Umsatz der BusinessCom?
Kapsch: Getronics hatte in den letzten Jahren schwankende Jahresergebnisse, im Schnitt 30 bis 35 Millionen Euro. Diese Summe können Sie auf das Ergebnis der KBC addieren. In der Kapsch Gruppe haben wir uns vor zwei Jahren zum Ziel gesetzt, uns innerhalb von fünf Jahren zu verdoppeln. Auf Kapsch BusinessCom umgerechnet bedeutet dies, dass wir nach Plan in den nächsten vier Geschäftsjahren auf 200 Millionen Euro Jahresumsatz kommen sollen. Im zweiten Umsetzungsjahr dieser Strategie sind wir nun von 100 auf 140 Mio. gewachsen. Wir schaffen also die lineare Steigerung, die wir uns selbst vorgegeben haben. Der rasante Aufbau dieses Volumens aber auch des Know-how für erweiterte Geschäftsaktivitäten ist mit diesen Akquisitionen möglich, von denen weitere folgen werden.