Auswärts spieler
- Written by Redaktion_Report
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Wenige Tage vor Weihnachten 2004 traf der Wiener Ziviltechniker Alexander Katzkow einen befreudeten Architekten. Dieser fragte den Statiker, ob er nicht Lust und Zeit hätte, ein Projekt in Moskau zu rechnen. Das prompte Ja veränderte den Aktionsradius des bis dahin eher unscheinbaren Büros mit einem Schlag. Schon am Tag nach dem Treffen mit dem Planer saßen die beiden im Flieger nach Moskau. Dort angekommen, traf der Statiker in einem bereits bestehenden Containerdorf am internationalen Flughafen Domodedov auf eine ganze Reihe von Bautechnikern des Airport-Betreibers. Er präsentierte sich gut und bekam ganze fünf Wochen Zeit, um ein Statikkonzept für die Errichtung des VIP-Bereiches am Flughafen zu erstellen. Katzkow machte sich an die Arbeit und rechnete die Statik für den 30.000 m2 großen Terminal. Damit fertig, reiste er erneut nach Moskau, um seine Arbeit zu präsentieren. Alle anwesenden Bauherrnvertreter signalisierten Zustimmung, worauf Katzkow in ein Extrazimmer gebeten wurde. Dort legte er vor einem ausgewiesenen Experten eine Art Statikprüfung ab. Nachdem auch dieses Ritual gutging, hatte der Planer den Auftrag. »Russland ist ein Abenteuer, aber es infiziert und man zieht weiter«, sagt Katzkow, der heute vom dritten Bezirk aus auch in Bahrain plant. Um in Russland planen zu können, müsse man einige Voraussetzungen erfüllen. Am wichtigsten sei es, die westliche Arroganz abzulegen, so der Techniker, der durch seinen bulgarischen Vater auch privat einen - wenn auch nicht erfreulichen - Bezug zur ehemaligen Sowjetunion hat. »Sie bauen nicht schlechter oder besser als wir«, ist er überzeugt. Die Unterschiede sind trotzdem vielfältig. Das beginnt bei den sehr starren Regelwerken, geht über die Materialien bis hin zum herben Klima. Normen seien zum Beispiel in Russland so wie Gesetze, nicht so wie hierzulande Leitlinien. Auch durchläuft jedes Bauvorhaben ein strenges Prüfungsverfahren, bei dem es mitunter gilt, für jedes Bewehrungseisen Rede und Antwort zu stehen. Das bemerkte Katzkow, als er für den Terminal vorsah, 7,5 Meter hohe Säulen in einem Stück zu betonieren. Das ist gemäß den russischen Baubestimmungen nicht erlaubt, bei 4,5 Metern ist Schluss, weshalb die Säulen zu guter Letzt in zwei Abschnitten hergestellt wurde. So wie es das aus 1954 stammende Regelwerk eben vorsieht.