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»Der menschliche Faktor ...

\"Wernerwird kaum noch berücksichtigt«, meint Werner Frötscher.

Im Interview spricht der ehemaliger Direktor der Dornbirner Sparkasse über Sparmaßnahmen, Pensionsvorsorge als Minusgeschäft und die Banken als Wirtschaftsmotor.


(+) plus: Vor kurzem hat die Regierung das neue Sparpaket präsentiert. Finden Sie es gelungen?

Werner Frötscher: Ein positives Signal ist, dass die Konsumsteuer nicht angehoben wurde. Das ist wichtig für das Wirtschaftswachstum. Aber es ist ein politisch gestricktes Sparpaket. Beide Partaeien haben sehr auf ihre Wählerschichten geachtet. Auf Dauer ist das nicht ausreichend. Die weiteren Schritte werden zeigen, ob es so bleibt. Auch die Bevölkerung hat schon mitbekommen, dass derzeit europaweit, wenn nicht sogar weltweit, ein Umbruch stattfindet.

(+) plus:
Heftig diskutiert werden vergleichsweise kleine Posten wie die Kürzung der Bausparprämie, mit der 76 Millionen Euro eingespart werden sollen. Hat die Regierung hier ungeschickt agiert?

Frötscher: Ich halte die Kürzung der Bausparprämie für einen Eingriff in bestehende Verträge. Durch das Kleingedruckte mag das rechtlich gedeckt sein, es tritt aber ein massiver Vertrauensverlust ein. Ich glaube, es gibt keinen Kundenberater, der beim Abschluss eines Bausparvertrages darauf hingewiesen hat, dass die staatliche Prämie keine fix garantierte Prämie ist.

(+) plus: Noch tiefgreifender sind die Kürzungen bei der Zukunftsvorsorge. Werden damit nicht die Bemühungen um eine private Pensionsvorsorge konterkariert?

Frötscher: Die dritte Säule in der Pensionsvorsorge ist unbedingt notwendig. Tatsache ist aber, dass die Angebote nie eingehalten wurden. Die versprochene Performance von 6 % p.a. bei den Pensionskassen konnte nie eingehalten werden. Sie liegt derzeit bei etwa 3 %, inflationsbereinigt ist das ein Minusgeschäft. Das Geld wird in einen Investmentfonds gesteckt, den niemand kennt. Der Fondsmanager entscheidet über die Veranlagung, man hat kein Recht zum Eingreifen. Es gibt keinen Anreiz für die private Vorsorge. Das gilt auch für den Ankauf von Vorsorgewohnungen und den Handel mit zu renovierenden Wohnungen. Durch die neue Besteuerungsform ist hier mit einem Einbruch im Bau- und Baunebengewerbe zu rechnen.

(+) plus: Infolge von Basel II und III müssen die Banken restriktive Bestimmungen bei der Kreditvergabe einhalten. Hat sich dadurch der Handlungsspielraum der einzelnen Institute eingeschränkt?

Frötscher: Die Regulative wurden verstärkt, insbesondere was den Nachweis der Rückzahlungsfähigkeit und Sicherheiten betrifft. Der menschliche Faktor, der Unternehmer selbst, findet kaum noch Berücksichtigung. Dafür gibt es jetzt einen Risk Manager, der die zweite Unterschrift leistet und den Kundenbetreuer »overrulen« kann, auch wenn er den Kunden gar nicht kennt. Er sieht nur das Risiko. Der Risk Manager bewertet aber aufgrund von Bilanzen, die nur die Vergangenheit zeigen. Das sagt nichts über den Status quo aus. Die Wirtschaftslage in Österreich ist sehr gut. Ich kann nicht nachvollziehen, dass unsere Klein- und Mittelbetriebe schlechtere Bonitäten haben als verschuldete Staaten.

(+) plus: Experten halten Österreich mit 800 Finanzinstituten und mehr als 4.200 Filialen für »overbanked«. Was halten Sie von der geforderten »Strukturbereinigung«?

Frötscher: Wir haben seit Jahrzehnten eine sehr hohe Bankendichte. Hier kann man sicher Bereinigungen vornehmen. Es muss nicht unbedingt in jedem kleinen Ort eine Filiale geben. Ich glaube aber nicht, dass Großbanken, die durch riskante Spekulationsgeschäfte die großen Verluste verursachen, die richtige Lösung sind.

(+) plus: Die Kapitalausstattung der kleinen Banken ist meist nicht sehr gut. Einige Institute haben deshalb bereits angekündigt, ihre Kreditvergabe einzuschränken. Ist es für kleinere Unternehmen nicht schon fast unmöglich, an Geld zu kommen?

Frötscher: Die Kernkapitalquote von 9 % ist bei kleinen Instituten eine schwierige Sache. In einer kleinen Stadt gibt es kaum Neugründungen von Firmen, der Markt ist aufgeteilt. Wenn ich einen Kunden der anderen Bank umschulde, habe ich die Eigenkapitalquote zu erbringen und der andere hat einen Vorteil. Das sind geschäftspolitische Entscheidungen.

Den Aussagen der Banken zufolge läuft das Kreditgeschäft gut. Wenn man die Unternehmen fragt, ist es umgekehrt. Den goldenen Mittelweg zu finden, ist wahrscheinlich nicht möglich. Die Bank ist einer der wichtigsten Motoren im Wirtschaftsleben. Ihre Aufgabe ist es, Firmen zu unterstützen, auch in schwierigen Zeiten. Seit Jahren fallen jedoch die praktizierten Kreditvergaben eindeutig zu Lasten der Kreditnehmer.



Werner Frötscher leitete bis 31.3.2011 die Dornbirner Sparkasse in Wien und ist heute als geprüfter Mediator und Inhaber eines Finanzierungs- und Managementberatungsunternehmens tätig.

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